- Strafrecht für Dummies: der unvermeidbare Verbotsirrtum - Golden Boy, 24.07.2004, 02:40
Strafrecht für Dummies: der unvermeidbare Verbotsirrtum
-->Im Fall Mannesmann ist § 263 StGB (Betrug) einschlägig.
Es handelt sich um ein vollendetes vorsätzliches Erfolgsdelikt.
Zunächst ist die Tatbestandsmäßigkeit zu prüfen. Dies umfaßt die Prüfung des objektiven bzw. des subjektiven Tatbestandes. Es ist die Frage zu klären, ob der Angeklagte den Tatbestand der Strafnorm objektiv erfüllt hat, ob also seine Handlung gegen das Strafrecht verstößt. Dies muß unter Vorsatz geschehen sein, der sog. innere Tatbestand.
Dann ist die Frage der Rechtswidrigkeit zu klären. Die Tatbestandsmäßigkeit spricht eigentlich dafür, daß die Handlung rechtswidrig war. Dies ist sie nicht, wenn der Angeklagte für sein Handeln einen Rechtfertigungsgrund anführen kann.
Schließlich ist die Schuld zu klären. Eine Tat mag rechtswidrig sein. Damit der Angeklagte bestraft werden kann, muß ihm die rechtswidrige Tat persönlich vorzuwerfen sein. Dabei sind Fehlvorstellungen des Täters, die den Unrechtscharakter oder den Schuldgehalt der Tat betreffen, zu berücksichtigen.
Dazu zählt u.a. der Verbotsirrtum. Ein Verbotsirrtum liegt vor, wenn der Täter die Verbotsnorm nicht kennt, er sie für ungültig hält oder sie in der Weise falsch auslegt, daß er sein in Wahrheit verbotenes Handeln als rechtlich zulässig ansieht (vgl. § 17 StGB). Der Täter weiß, was er tatbestandlich tut, nimmt aber irrig an, es sei erlaubt.
Nach § 17 hängen die Rechtsfolgen des Fehlens des Unrechtsbewußtseins von der Vermeidbarkeit des Irrtums ab. Der unvermeidbare Verbotsirrtum läßt die Vorwerfbarkeit der Tatbestandsverwirklichung entfallen, ist also Schuldausschließungsgrund.
Hier haben die Angeklagten eine Rechtsauskunft eingeholt.
Im schlimmsten Fall (für die Angeklagten) könnte diese Rechtsauskunft unrichtig sein. Aber selbst dann muß gefragt werden, ob der Täter auf ihre Richtigkeit vertraut hat und sie als vertrauenswürdig ansehen durfte oder nicht. Verläßlich ist nach der Rechtsprechung nur eine zuständige, sachkundige und unvoreingenommene Person oder Stelle, welche die Gewähr für eine objektive, verantwortungsbewußte Auskunftserteilung bietet.
Der Laie weiß, daß Anwälte diese Anforderungen niemals erfüllen können. Das konnte höchstens Mutter Theresa, aber die hat ja leider keine Rechtskenntnisse gehabt.
Man muß sich also damit abfinden, daß ein anwaltliches Gutachten eingeholt wird. Natürlich wird ein Gutachten meist zielgerichtet verfaßt. Ich darf darauf hinweisen, daß es sich in der Praxis mehr als bewährt hat, bei der Frage nach der Machbarkeit von Projekten Anwälte zu konsultieren. Anwälte versichern sich gegen Fehler und müssen bei Fehlleistungen Schadensersatz zahlen. Damit tritt der Anwalt faktisch als Versicherer auf. Um die Versicherungsprämien an die Allianz . Letzteres wird durch das Gutachten unterlegt.
Die Schuld der Angeklagten entfällt.
Ich persönlich kann nicht verstehen, weshalb die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen ist. Staatsanwälte sind politisch. Vielleicht ist das jetzt die Rache für ausgebliebene Steuerzahlungen oder sonst was. Jedenfalls wird sie keinen Erfolg damit haben.

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