- Gedanken fĂŒr @Ricardo - Popeye, 25.07.2004, 12:44
- Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Ricardo, 25.07.2004, 14:29
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Popeye, 25.07.2004, 14:40
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Euklid, 25.07.2004, 14:57
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Popeye, 25.07.2004, 15:16
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Ricardo, 25.07.2004, 17:13
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Euklid, 25.07.2004, 17:24
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Popeye, 25.07.2004, 17:26
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Euklid, 25.07.2004, 14:57
- Sorry Ricardo - da habe ich ganz andere Meinung - Turon, 25.07.2004, 15:52
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - ach, wie schrecklich... - bernor, 26.07.2004, 01:15
- Re: Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Popeye, 25.07.2004, 14:40
- Re: @Popeye: 'GeschÀftsbedingungen' bei der Wahl des MdBs - Uwe, 25.07.2004, 14:55
- Re: @Popeye: 'GeschÀftsbedingungen' bei der Wahl des MdBs - Popeye, 25.07.2004, 15:11
- Re: @Popeye: 'GeschÀftsbedingungen' bei der Wahl des MdBs - Euklid, 25.07.2004, 15:18
- Volksentscheide tragen ZĂŒge organisierter Anarchie - Ricardo, 25.07.2004, 14:29
Gedanken fĂŒr @Ricardo
-->Hallo, @Ricardo,
der Vortrag diese Argumentes
â1. Wenn bei Volksentscheiden ĂŒber Fragen abgestimmt wird, zu denen der einzelne ĂŒberhaupt nichts sagen kann, weil ihm die Information oder der Sachverstand fehlt, geht`s nur ĂŒber Stellvertreter. Das ist auch gut so.â erheitert mich immer wieder - zumindest gemessen an den VerhĂ€ltnissen in dieser Republik.
Dahinter stehen - meines Erachtens - mehrere falsche Vorstellungen:
1. Gesetze werden nicht vom Bundestag geschrieben. Ich behaupte einmal frech - kein einziger Bundestagsabgeordneter könnte wirklich einen Gesetzestext so schreiben, dass daraus eine exekutierbares Gesetz wĂŒrde. Auch sitzt der Sachverstand nicht bei den gewĂ€hlten Volksvertretern - von wenigen punktuellen Ausnahmen abgesehen.
Geschrieben wird ein Gesetz in den damit befassten Ministerien von Beamten (also Dienern des Staates). Diese Beamten haben den Sachverstand Gesetze âzu verfassenâ - klar nach politischen Zielvorstellungen. Den materiellen Sachverstand holen sie sich von niedrigeren Verwaltungsebenen, die mit den tĂ€glichen Problemen befasst sind. Gelegentlich wird auch die Ă-ffentlichkeit befragt - sog. öffentliche Anhörungen. Und dann gibtâs natĂŒrlich noch die Lobbyisten, die den Gesetzesschreibern mit nicht ganz uneigennĂŒtzigen Informationen weiterhelfen.
Wenn Du also ernsthaft glauben solltest, dass mit dem Amt auf geheimnisvolle Weise auch der Sachverstand kÀme, muss ich Dich enttÀuschen. Die traurige Wahrheit ist, dass die wenigsten Bundestagsabgeordneten ein Gesetz gelesen haben bevor es zur Abstimmung kommt.
Soviel also zu dem immer wieder vorgetragenen Argument der BĂŒrger könne keine kompetenten Entscheidungen treffen âweil ihm die Information oder der Sachverstand fehltâ.
Im Zeitalter der Elektronik ist es ein Leichtes dem BĂŒrger den Gesetzestext - nebst BegrĂŒndungen, (die gibtâs nĂ€mlich auch fĂŒr die Abgeordneten gratis dazu) zugĂ€nglich zu machen.
Und bitte schieb nun nicht das Argument nach, der Abgeordnete sei aber seinem Gewissen verpflichtet und der BĂŒrger stimme nach dem Geldbeutel ab⊠bitte nicht!
2. Dein zweites Argument: âFĂŒr einen Volksentscheid ist mindestens ein Quorum von 0,5 angesagt. Also eine absolute Mehrheitsentscheidung. Bei reversiblen zur Entscheidung anstehender Fragen ist das deshalb nicht vertretbar, weil man dann solange abstimmen lĂ€sst bis das gewĂŒnschte Ergebnis erreicht ist. Die Folge: Abstimmungsorgien (ĂŒbertrieben, aber in der Tendenz)â.
ZunĂ€chst einmal ist das eine technische Frage und deshalb hier fĂŒr mich von untergeordneter Bedeutung.
In diesem Zusammenhang sei nur daran erinnert, dass in einer reprÀsentativen Demokratie bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent de facto 26 Prozent der Bevölkerung (indirekt) eine MajoritÀt inthronisieren können.
Im gleichen Atemzug vielleicht noch der Hinweis auf das Gerangel im Bundestag und Bundesrat und vielfachen faulen Kompromissen und Abstimmungsverfahren, wenn es mit den Mehrheiten nicht so richtig stimmt.
Letztlich noch zu Deinem Nachsatz: Denn das Leid derer die dagegen sind, und nicht kompensiert werden können (weil irreversibel), fĂ€llt ungleich höher aus als der Gewinn derer die dafĂŒr sind.
Wie verhĂ€lt es sich mit diesem Argument bei reprĂ€sentativen Wahlverfahren? Und wie misst man Leid? DarĂŒber hinaus sehe ich bis auf die Todesstrafe wenig politische Entscheidungen, die nicht reversibel wĂ€ren.
Last not least: Mein Argument fĂŒr eine Volksabstimmung bezĂŒglich der EU-Verfassung ist wie folgt:
Das Konstrukt unseres Grundgesetzes sieht vor, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht (Artikel 20,2).
Und nun heiĂt es im gleichen Artikel weiter- âSie [die Staatsgewalt] wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeĂŒbt.
Im Zusammenhang mit der Euro-EinfĂŒhrung wurde Artikel 23 so umgestrickt, dass nun durch Gesetz Bundesrat und Bundestag âHoheitsrechteâ an die EU ĂŒbertragen dĂŒrfen (damals WĂ€hrungshoheit).
In meinem DemokratieverstĂ€ndnis war dies eine Ungeheuerlichkeit. Mit meiner Stimme habe ich nĂ€mlich meinen Bundestagsabgeordneten treuhĂ€nderisch bevollmĂ€chtigt meine Rechte (Staatsgewalt) im Rahmen des Grundgesetzes auszuĂŒben. Ich habe ihn aber nicht bevollmĂ€chtigt das Grundgesetz dergestalt zu Ă€ndern, dass es ihm nun erlaubt ist Hoheitsrechte (Staatsgewalt) an fremde Dritte dauerhaft abzutreten.
HĂ€tte ich ihn dazu bevollmĂ€chtigt, könnte das zu dem perversen Ergebnis fĂŒhren, dass mein Bundestagsabgeordneter/Bundesrat alle mein Rechte nach dem Grundgesetz an einen fremden Dritten - ohne mich zu fragen - abtritt.
Artikel 23 ist eine Missgeburt, die in eklatantem Konflikt zu Artikel 20 steht.
Denn hÀtte mein Bundestagsabgeordneter/Bundesrat letztendlich alle meine Rechte an einen fremden Dritten abgetreten - wÀre Artikel 20,2 inhaltsleer. Dies umso mehr wie die EU immer noch kein demokratisch legitimiertes Vehikel ist, das mir mehr als ein Feigenblatt an Mitspracherecht anbietet.
Langer Rede kurzer Sinn:
Ich will gefragt werden, bevor sich die Rechtsgrundlagen (Grundgesetz) meines VollmachtsgeschÀftes mit meinem Abgeordneten Àndern. Es ist nÀmlich alles was ich (politisch) habe. Es ist schon ungeheuerlich, dass keines der Grundrechte des Grundgesetzes noch in der Fassung von 1949 existiert.
Grundgesetz

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