- Faktencheck Fahrenheit 9/11: Moores vereinfachte Welt - Firmian, 01.08.2004, 13:37
- Gähn, na und? Was sind denn irreführende Wahrheiten???... mkT - igelei, 01.08.2004, 14:42
- Re: zur Kenntnisnahme - Firmian, 01.08.2004, 14:59
- Re: Auch zur Kenntnisnahme FAND KEINE BEWEISE mkT - igelei, 01.08.2004, 15:19
- Re: zur Kenntnisnahme - Firmian, 01.08.2004, 14:59
- Die USA der Garant für Wahrheit, Demokratie und Bush mag Schäferhunde - prinz_eisenherz, 01.08.2004, 20:09
- Re: Faktencheck Fahrenheit 9/11: Moores vereinfachte Welt - Pulpo, 02.08.2004, 11:46
- Gähn, na und? Was sind denn irreführende Wahrheiten???... mkT - igelei, 01.08.2004, 14:42
Faktencheck Fahrenheit 9/11: Moores vereinfachte Welt
-->Faktencheck in"Fahrenheit 9/11": Moores vereinfachte Welt
Matthias Gebauer. In: SPIEGEL ONLINE - 29. Juli 2004, 15:27
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,310795,00.html
Zum Lügen ist Michael Moore zu professionell. Sein Film"Fahrenheit 9/11"
mischt lieber irreführende Wahrheiten mit geschickten Auslassungen.
SPIEGEL ONLINE prüft die Faktenlage in Moores erfolgreicher Anti-Bush-Polemik.
Bei Michael Moore klingen Belohnungen wie Drohungen:"Ich biete jedem, der
einen Fehler in meinem Film findet, eine Summe von 10.000 Dollar", kündigte er
bereits vor dem US-Start seines Films"Fahrenheit 9/11" an. Gleichzeitig gab
sich der Filmemacher davon überzeugt, dass"nicht ein einziger faktischer
Fehler" in dem Film enthalten ist.[...]
Natürlich lügt Michael Moore in"Fahrenheit 9/11" nicht. Gleichwohl spielt er
so virtuos mit Fakten, Zahlen und Zusammenhängen, dass man sich schon fast an
die Methoden seines erklärten Erz-Feindes, der Regierung George W. Bushs,
erinnert fühlt.[...]
1. Die vermeintliche Flucht der Bin Ladens:
Nur ein Beispiel für Moores Spielerei mit den Fakten ist die behauptete
Tatsache, dass ganz kurz nach dem 11. September viele Familienangehörige Osama
Bin Ladens klammheimlich per Learjet vom US-Geheimdienst ausgeflogen worden
seien. Für Moore ein Beweis, dass die Bush-Regierung engen Kontakt zu Bin Laden
und seiner Familie pflegte und durch die ermöglichte Flucht, deren genauen
Zeitpunkt Moore wohlwissentlich verschweigt, mögliche Mitwisser entsorgte.[...]
2. Die Saudi/Bin-Laden-Connection:
Die Verbindung des Terroristen Osama Bin Laden zu Saudi-Arabien taucht im Film
mehrmals auf. Akribisch wird die These aufgebaut, die saudischen Ã-lbillionäre
kontrollierten die US-Regierung und große Teile der amerikanischen Wirtschaft.
So wahr und sicher nicht immer positiv der Einfluss der Saudis durch ihr Geld
auch ist, so suggestiv ist die Darstellung Michael Moores. Am Ende gewinnt man
als Zuschauer den Eindruck, dass sämtliche Männer mit arabischer Kopfbedeckung,
die auf Archivmaterial den führenden US-Politikern die Hände schütteln, mehr
oder minder Mitglieder von Osama Bin Ladens al-Qaida sind. Dass der Terror-
Papst schon vor vielen Jahren von seiner Familie verstoßen und - entgegen
gestreuter Medienberichte - nicht mit einem Milliardenerbe ausgestattet wurde,
vergisst Moore nur allzu gern. Beide Fakten hätte er auch im Bericht der
9/11-Kommission nachlesen können.
3. Die Saudi/Bush-Connection:
Auch die von Moore geschilderte Verquickung der Bush-Familie mit Saudi-Arabien
wirkt nur auf den ersten Blick spannend. Natürlich ist es gerade für Europäer
merkwürdig, dass George Bush Senior als ehemaliger Präsident für die US-Firma
Carlyle in Saudi-Arabien - und sogar mit der Bin-Laden-Gruppe Geschäfte macht.
Doch hätte Moore nicht auch erzählen müssen, dass die Bin-Laden-Gruppe einer
der größten Bauunternehmer der arabischen Halbinsel ist, an der man als
ausländischer Investor kaum vorbei kommt?[...]
[...]Später im Film sprich Moore ganz bewusst nicht mehr über Saudi-Arabien.
Zu widersprüchlich würde es auch werden angesichts der Tatsache, dass die USA
erst Afghanistan und später den Irak angriffen. Was hätten die so mächtigen
Saudis wohl gesagt, wenn die USA in Afghanistan - wie Moore es darstellt -
tatsächlich nur wegen einer gewinnversprechenden Ã-l-Pipeline aus dem kaspischen
Meer einmarschiert wären - und so den Einfluss der Saudis am Ã-lhahn geschwächt
hätten? Hätten die streng gläubigen Scheichs und Hüter der heiligen Stätten
wohl zugestimmt, wenn Amerika mit den Taliban eines der strengsten Islamisten-
Regimes mit Streubomben aus dem Land verjagt? Und hätten sie später auch den
Feldzug gegen Saddam und sein Millionenvolk von gläubigen Muslimen erlaubt?
So interessant der saudische Einfluss ist, so kompliziert ist er auch.
Für Michael Moore aber müssen Gut und Böse klar benannt werden.
4. Was hätte Bush in der Schule tun sollen?
Unschlagbar mitreißend ist Moore in seiner typischen Art der aktiven Reportage:
Wenn er Kongressabgeordnete fragt, ob nicht auch ihre Kinder den tödlichen Job
auf den Straßen Bagdads antreten wollen und auch gleich Broschüren des Militärs
parat hat. Oder wenn er TV-Material von George W. Bush zeigt, der komische
Grimassen schneidet, bevor er dem Irak per CNN den Krieg erklärt - und nach
einem markigen Statement zum Terror erst mal einen Golfabschlag ("Watch this
drive!") macht. In diesen Momenten schafft der Film etwas Einmaliges - er
dokumentiert die Wirklichkeit und entlarvt das Polit-Business, und zwar ohne
kommentierende Stimme aus dem Off.
Doch auch in diesen starken Momenten von"Fahrenheit 9/11" kann sich Moore
seine plumpe Polemik nicht verkneifen. Minutenlang zeigt er George W. Bush,
der sichtlich angeschlagen und ins Leere starrend in einer Schule sitzt,
nachdem er die Nachricht von der Attacke auf das World Trade Center bekommen
hat. Moore überlegt im Off, was Bush wohl gedacht haben möge und schließt
messerscharf: Dieser Präsident weiß nie, was er tun soll.
Es ist eine schöne Szene in der einfachen Welt des Michael Moore, in der nur er
selber gewinnen kann. Wäre der Präsident aufgesprungen und hätte wie Arnold
Schwarzenegger zum Kampf gegen die Angreifer gebrüllt, wäre er für Moore der
unüberlegte Cowboy aus Texas gewesen. Hätte er zu weinen begonnen, wäre er als
reichlich feiger Amerikaner hingestellt worden. Wäre er einfach aus dem Raum
gegangen, hätte er sich gedrückt. Eine klassische Lose-Lose-Situation.
5. Der vermeintlich friedliche Irak:
Besonders emotional, aber auch faktisch völlig daneben, wird der Film, wenn
Moore auf den Irak-Krieg zu sprechen kommt. Bilder von spielenden Kindern in
den Straßen Bagdads werden gezeigt, die ein friedliches Land darstellen sollen.
Nichts hier ist böse, suggeriert Moore[...]
[...]Menschen, die an Fakten interessiert sind, lesen dafür dicke
Untersuchungsberichte von Kommissionen oder lange Leitartikel.
Menschen, die lieber gut unterhalten werden wollen, schauen Michael Moore.
So hat jeder seine eigene Welt.
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P.S.: Michael Moore geht es wirtschaftlich sehr gut.
Der Abschlußbericht des Kongresses zum 11.09.: http://www.9-11commission.gov
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