- Die Fed - der größte Hedge-Fonds der Welt - Phoenix, 03.08.2004, 12:44
- S.Roach in der FAZ? Da gabs wohl 'ne Palastrevolotion! (o.Text) - XERXES, 03.08.2004, 14:00
Die Fed - der größte Hedge-Fonds der Welt
-->Wenn ich davon ausgehe, daß die Banken die größten Profitöre sind bei diesen
Carry-Trades, dann könnte ich glauben, daß die Fed ein riesen Subventionsinstrument für die besagten Banken ist.
Meiner bescheidenen Meinung nach, scheint die Lage so verzwickt zu sein, daß die Fed eigentlich nur noch die Wahl zwischen Pest und Kollera hat.
Bei Zinserhöhung werden die Verbraucher und Häuslesbauer knabsen und bei einer
Senkung der Zinsen werden die Erträge der Banken dahinschmelzen.
Vielleicht kann jemand posten wie hoch die Profite aus den Carry-Trades sind.
Schöne Grüße
Gastkommentar
Die Fed - der größte Hedge-Fonds der Welt
Von Stephen S. Roach, Morgan Stanley
02. August 2004 Den Titel „Größter Hedge-Fonds der Welt“ verdient nur einer: die amerikanische Zentralbank. Die Federal Reserve (Fed) ist nicht nur unter den Zentralbanken weltweit die unbestrittene Nummer eins, sie hat auch beim Aufbau des größten Zins- und Währungshandels der heutigen Zeit die Vorreiterrolle übernommen.
Zu ihren Glanzpunkten zählen der Carry-Trade I des Jahres 1993 - also die Aufnahme von Mitteln oder das Eingehen von Positionen zu einem niedrigeren Sollzins in einer Währung und die Wiederanlage dieser Mittel zu einem höheren Zins in einer anderen Währung -, die Investitionsblase an den Aktienmärkten Ende der Neunziger Jahre und nun der Carry-Trade II: alles unmittelbare Nebenerscheinungen, die aus den Handelsstrategien resultieren, die von Greenspan & Co. implizit empfohlen worden sind.
Bisher scheint sich die Welt davon aber nicht besonders irritieren zu lassen. Statt dessen ist nun ein Marktumfeld entstanden, in dem sich jeder von einem zum nächsten Handelsgeschäft hangelt. Und diese recht bedenkliche Grundhaltung führt zu einem allzeit präsenten Risiko eines Markteinbruchs - verursacht durch die Nachbeben, die nach jeder Korrektur einer als plötzlich falsch erachteten Handelstransaktion erfolgen. Dies alles haben wir nur der Federal Reserve zu verdanken.
Fed lindert Krisen mit Liquidität
Die hier beschriebene Transformation fand 1987 ihren Anfang. In jenem Sommer kletterte der amerikanische Aktienmarkt ins Unermeßliche, und es herrschte allgemein die tiefe Überzeugung, daß keinerlei Abwärtsrisiken zu befürchten seien. Jeder glaubte, er sei durch die Optionsstrategien eines perfekten Hedgings vor negativen Kursentwicklungen geschützt: eine Art „Portfolio-Versicherung“ sozusagen. Der im Oktober folgende Börsencrash bereitete diesem Irrglauben ein jähes Ende. Die Fed reagierte auf die Krise am Markt mit der Bereitstellung von Liquidität in Form von großzügigen Kreditlinien als ultimatives Heilmittel. Fünf Jahre später erhielten die Finanzmärkte eine weitere Unterstützung. Als Antwort auf das, was der Fed-Vorsitzende Alan Greenspan gerne als „Gegenwind der Finanzmärkte“ tituliert, senkte die Fed im September 1992 den Leitzins auf drei Prozent und ließ ihn bis Februar 1994 unverändert.
Nun im Schnellvorlauf in das Jahr 2004. Hier ereilt uns tatsächlich ein déjà vu, allerdings umfaßt es einige bedeutende neue Verdrehungen. Erstens erfolgt die Finanzierung der momentanen Carry-Trades (Zinsdifferenzgeschäfte) auf eine noch sehr viel großzügigere Art und Weise: Mit 1,25 Prozent liegt der Leitzinssatz 200 Basispunkte unterhalb der Headline-Inflationsrate (amerikanischer Konsumentenpreisindex) von durchschnittlich 3,3 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten (Stand Juni 2004) - so daß die Kosten für Tagesgeld negativ ausfallen. Der reale Leitzinssatz (nominale Federal-Funds-Rate minus Inflationsrate) ist seit Ende der Siebziger Jahre nicht mehr über solch einen langen Zeitraum so niedrig ausgefallen. Im Grunde genommen werden Investoren, die Geld aufgenommen haben, nun dafür bezahlt, daß sie die Zinskurve ausnutzen.
Zweitens: da in Zeiten einer wirtschaftlichen Erholung ohne die Schaffung neuer Arbeitsplätze über eine recht lange Zeitspanne die Einkommensgenerierung sehr schwach ausfällt, verhalten sich die amerikanischen Konsumenten rein funktional gesehen als Pendant zu einem stark fremdfinanzierten Hedge-Fonds: sie verschulden sich in einem hohen Maße, um aus ihren Eigenheimen Kaufkraft zu ziehen. Und Drittens: Carry-Trades sind zu einem zentralen Element in der Finanzierung des amerikanischen Doppeldefizits geworden. Die Budgetdefizite in Rekordhöhe und die klaffenden Lücken in der Leistungsbilanz des Landes sind bisher ohne Rücksicht auf Verluste finanziert worden - und zwar zu einem großen Teil durch dollarnotierte Anleihen, die von asiatischen Zentralbanken gekauft worden sind. Das Ausnutzen der Zinskurve hat im Grunde genommen die ausländischen Zentralbanken ebenfalls in Hedge-Fonds verwandelt.
Fed konzentriert sich vorrangig auf Preisstabilität
Fixiert darauf, die Inflationsrate unter Kontrolle zu halten, schert sich die amerikanische Zentralbank nur wenig um die Gefahren einer durch die Exzesse an den Finanzmärkten entstehenden Investitionsblase. Offensichtlich empfindet sie ihre Rolle einfach etwas anders. Allerdings sollte an dieser Stelle auch angemerkt werden, daß die Inflationsschlacht eigentlich schon längst geschlagen ist. Die Fed glaubt jedoch ungetrübt, sowohl über die Fähigkeiten als auch die richtigen Instrumente zu verfügen, um mit etwaigen Schwierigkeiten an den Märkten dann fertig zu werden, wenn sie tatsächlich auftauchen. Sie zieht also definitiv ein rein reaktives Handeln einem proaktiven Ansatz vor. Alan Greenspan beschrieb das Verhalten der Fed Ende der Neunziger Jahre, als sich die Aktienblase ausdehnte, mit den folgenden Worten: „...haben wir uns entschieden, den Fallout erst dann zu bekämpfen, wenn er tatsächlich entstanden ist.“
Die amerikanische Zentralbank vertritt außerdem die Ansicht, daß die Richtigkeit ihres Ansatzes durch die späteren Ereignisse bestätigt worden sei. In Anbetracht der überraschend moderat ausfallenden Rezession nach dem Platzen der Investitionsblase argumentierte Greenspan, man könne mit gutem Gewissen „schlußfolgern, daß die Strategie, die Konsequenzen der Investitionsblase statt die Blase selbst zu bekämpfen, erfolgreich gewesen sei.“
Fed entwickelt sich zum Interessenvertreter von Carry-Trades
Aber auf wessen Kosten ging dieser Erfolg? Das ist in diesem Zusammenhang wohl die alles entscheidende Frage. Mit Blick auf das Ausmaß, mit dem die Federal Reserve die Grundlagen für risikoreiche Zins- und Währungsgeschäfte bereitet, bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß ihre Strategie sehr wohl große Gefahren in sich birgt. Die Deflationsängste des vergangenen Jahres unterstützen beispielsweise meine Ansicht. Als damals die Disinflation die heilige Preisstabilität zu bedrohen schien, sanken die nominalen Zinsraten auf ein Minimum. Nachdem aber das Risiko einer „unwillkommenen Disinflation“ die Angst vor einer „japanischen“ Deflation schürte, läutete die Fed sofort eine Feuerwehrübung ein. Sie senkte den Leitzinssatz gefährlich nah an den Nullzins ab. In diesem neu geschaffenen Umfeld konnten weitere Zinsdifferenzgeschäfte nicht ausbleiben.
Als sich das Deflationsrisiko wieder abschwächte, richtete sich die Debatte auf die Rückzugsstrategie der Fed - die so genannte Normalisierung einer außergewöhnlichen monetären Anpassung. Indem schließlich bekannt gegeben wurde, daß die bald folgende Wende in der Zinspolitik genau „bemessen“ würde, ließ die Zentralbank die Finanzmärkte wissen, daß es eine gewisse Zeit dauern würde, bis sie das Zinsniveau erhöhen werden würde. Für diejenigen, die Carry-Trades betrieben, bedeutete diese Zeit Geld. Da die Fed solche Exzesse an den Finanzmärkten hat durchgehen lassen, ist sie letztlich so etwas wie ein Interessenvertreter der Zinsdifferenzgeschäfte geworden, die sie zudem erst möglich gemacht hat.
Jüngste Zinssatzerhöhung brachte noch keinen Einhalt
Bis heute hat sich die Fed nur einen kleinen Schritt bewegt, um ihren Leitzins etwas mehr in Richtung einer neutralen Haltung zu verändern. Dies hat jedoch so gut wie gar nichts dazu beigetragen, die zahlreichen Carry-Trader von ihrem Tun abzuhalten. Amy Falls, unsere Strategin für globale Anleihen, argumentiert, daß die meisten dieser fremdfinanzierten Wetten mittlerweile fast alle wieder in Positionen zurückgeschichtet worden sind, die bereits vor dem Zinsschritt der Fed Ende Juni bestanden haben. Unser Team von Anleihe-Experten glaubt außerdem, daß dies insbesondere für die meisten Spread-Positionen zutrifft - nämlich bei hypothekarisch gesicherten Wertpapieren, Hochzinsanleihen, Schuldverschreibungen der Emerging Markets und sogar Investment-Grade-Papieren (von Standard & Poor's mit AAA bis BBB geratete Anleihen).
Teun Draaisma und Ben Funnell, unsere Strategen für europäische Aktien, vertreten eine ganz ähnliche Ansicht: In Anbetracht der extrem negativen realen Kurzfristzinsen braucht es deutlich mehr, als das Drehen an der Zinsschraube um gerade einmal 25 Basispunkte, um den Zinsdifferenzgeschäften den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie weisen außerdem auf das schwächste Glied in dieser Verkettung hin: Denn die Risiken für die verschuldete Gemeinschaft fallen für Banken und Konsumenten am stärksten aus, da hier das durch Zinsdifferenzgeschäfte generierte Einkommen am dringendsten benötigt wird. Mit diesem Szenario werden auch meine Bedenken unterstützt, insbesondere was die hochverschuldeten amerikanischen Konsumenten betrifft.
Fed begünstigt eine Serie von Investitionsblasen
Was mir dabei allerdings die größte Sorge bereitet, sind die wachsenden systemischen Risiken, die die Zinsdifferenzgeschäfte selbst und die Investitionsblasen, die sie verursachen, mitsichbringen. In gleichem Maße, wie diese Handelsstrategien eine künstliche Nachfrage nach Vermögenswerten erzeugen, wird eine offensichtlich nie endende Serie von Investitionsblasen möglich. Und genau das ist auch in den vergangenen Jahren passiert: angefangen bei Aktien Ende der Neunziger Jahre, über Staatsanleihen und einem Heer von Spread-Produkten sowie nun möglicherweise bis hin zu einer globalen Investitionsblase im Eigenheimsektor. Diese Fülle an Carry-Trades hätte es ohne das außergewöhnliche Ausmaß der monetären Anpassung durch die Fed und die daraus resultierende steile Zinskurve nie gegeben.
Dabei hätte es durchaus auch andere Möglichkeiten für die Fed gegeben. Sowohl die Bank of England als auch die australische Reserve Bank haben beispielsweise die Investitionsblasen am Immobilienmarkt in der Anpassung ihrer Zinsschritte ausdrücklich berücksichtigt. Ottmar Issing von der Europäischen Zentralbank hat sogar öffentlich betont, daß sich Zentralbanken dringend mit der Frage auseinandersetzen müssten, wie man der Verbindung zwischen der Geldpolitik und den Kapitalmärkten grundsätzlich besser Rechnung tragen könne. Im Gegensatz dazu verleugnet die Fed nach wie vor diesen wichtigen Aspekt ihrer Politik. Sie weigert sich, zuzugeben, daß sie bei ihrer Geldpolitik auch den Preisanstieg bei Vermögenswerten beachten sollte.
Fed spielt Risiken herunter
Leider umfaßt die Rolle der amerikanischen Zentralbank jedoch weitaus mehr, als nur das Herunterspielen dieser Thematik. In den vergangenen Jahren hat sich die Fed sogar recht aggressiv verhalten, wenn es darum ging, zu erklären, warum solche Exzesse nicht weiter bedenklich seien. Dies ist beispielsweise der Fall gewesen, als die amerikanische Zentralbank die Investitionsblase an den Aktienmärkten wiederholt mit der sogenannten Renaissance der Produktivität in der New Economy rechtfertigte. Ähnliches geschah, als die Fed behauptete, Amerika würde weder unter einem Verschuldungsproblem leiden, noch hätte das Land mit der bedingungslosen Finanzierung eines Doppeldefizits zu kämpfen.
Indem sich die Fed jedoch als eine Art Cheerleader präsentiert, während sich die Kapitalmärkte ihren Exzessen hingeben, verliert sie als objektiver Beobachter der Märkte stark an Glaubwürdigkeit. Sie erfüllt nicht mehr länger die Rolle eines ungnädigen Aufpassers, „der die Punschbowle wegräumt, wenn die Party in Fahrt gekommen ist“ - um einmal mit den legendären Worten des früheren Fed-Vorsitzenden William McChesney Martin zu sprechen. Denn verzeiht sie den Märkten ihre Exzesse, ist die Fed letztlich zu einer Art Interessenvertreter für den Carry-Trade geworden, den sie mitverursacht. Investoren, Spekulanten, Konsumenten mit einem geringen Einkommen und Börsenhändler könnten sich nicht mehr von ihr wünschen. Es ist dieses ultimative Spiel mit der moralischen Versuchung, das die Welt in einen einzigen gigantischen Hedge-Fonds verwandelt hat.
hier das Original
<ul> ~ http://www.faz.net/s/Rub3B5979848A5C48F18F2FF729A7211ACE/Doc~ED5F258EA71A6417385A5760537CC591B~ATpl~Ecommon~Scontent.html</ul>

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