- The Daily Reckoning - Decisive Indecision (Lynn Carpenter) - Firmian, 06.08.2004, 10:35
- Re: The Daily Reckoning - Unsichere Entscheidung (Lynn Carpenter) - Firmian, 10.08.2004, 08:29
Re: The Daily Reckoning - Unsichere Entscheidung (Lynn Carpenter)
-->Dow über 10.000, Gold unter 400
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Den amerikanischen Konsumenten ist im Juni die Puste ausgegangen. Die
Steuersenkungen sind ausgelaufen... und die Konsumausgaben gingen
zurück. Die Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter sind so stark wie seit
17 Jahren nicht mehr zurückgegangen.
Wann wird diese durch den Konsum geführte Expansion wieder auf Kurs
geraten? Durch mehr Steuersenkungen? Unwahrscheinlich. Durch eine
weitere Runde von neuen Hypotheken? Hmm... schwer vorstellbar.
Das Wachstum der Reallöhne ist immer noch negativ - denn die Löhne
steigen langsamer als die Preise. Aber wie sollen die Konsumenten ohne
andere Geldquellen ihre Konsumausgaben immer weiter erhöhen?
Ist das Ende des Beginns des großen Abschwungs schließlich gekommen?
Vielleicht...
Aber das ist sowieso jedem egal. Es ist Sommerferiensaison. Genau wie
Millionen andere reise auch ich herum, ich genieße die Aussicht und
denke kaum daran, was mit der Wirtschaft oder der Wall Street
passiert.
Und der Dow Jones steht schon so lange über der Marke von 10.000
Punkten und der Goldpreis schon so lange unter der Marke von 400
Dollar - dass wenige Leute meine Warnungen ernst nehmen.
Mehr News von Tom Dyson:
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Freitag, 6. August 2004
Schnallen Sie sich an!
von unserem Korrespondenten Tom Dyson, derzeit nur einen Steinwurf vom
Washington-Monument in Washington D.C. entfernt
Ich bin schon mal gespannt, wie die heutigen US-Arbeitsmarktdaten
ausgefallen sind (diesen Text habe ich unmittelbar vorher verfasst).
Und dann wird sich nächste Woche die Fed nochmal treffen. Am Dienstag.
Stephen Roach von Morgan Stanley meinte dazu:"Ich habe noch nie
gesehen, dass die Fed ihre Kreditpolitik verschärft, ohne dass
irgendetwas durch die Windschutzscheibe flog.
Die amerikanische Inflationsrate steht bei 3 % (Konsumentenpreisindex)
und die nominalen Zinsen (fed funds target rate) bei 1,4 % - woraus
sich ein negativer Realzinssatz von 1,6 % errechnet. Er habe solche
negativen Realzinsen seit den späten 1970ern nicht mehr gesehen - so
Roach -, und er zog eine direkte Verbindung zur schlechten
Aktienperformance dieser Periode.
Dann, Ende 1993 und 1994, erhöhte die Fed die Leitzinsen aggressiv.
Von 3 % auf 6 %, in weniger als 12 Monaten. Darauf sah man das, was
Roach so nannte:"Die schlechteste Performance, die der Anleihenmarkt
jemals erlitten hatte". Die realen Zinsen stiegen in dieser Periode
auf fast 5 %.
Ich bin wie Roach der Ansicht, dass die US-Anleihen gerade erst ihr
erstes Jahr eines Bärenmarktes hinter sich haben. Allerdings haben die
10-jährigen US-Staatsanleihen seit dem 14. Mai - als die Rendite auf
4,9 % gestiegen war - eine Rally hingelegt. Diese Rally hat fast die
Hälfte der vorigen Kursverluste wieder reingeholt. Die Märkte tun so
etwas.
Es gab und gibt technische und fundamentale Gründe für diesen Rebound.
Im Mai waren die US-Staatsanleihen nach 9 Wochen Kursverlusten extrem
überverkauft. Sie waren einfach mehr als überfällig für eine Erholung.
Und gleichzeitig verwandelten sich die starken Wirtschaftsnachrichten
in schwache Wirtschaftsnachrichten.
Und letzte Woche gab es weitere schlechte wirtschaftliche News, so
dass die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen bis vorgestern auf
4,43 % zurückkam. Die Kurse der US-Staatsanleihen stehen damit kurz
vor einem 4-Monats-Hoch.
Da wir es aber weiterhin mit einem Bärenmarkt zu tun haben - ist es da
nicht Zeit, jetzt wieder short zu gehen? Ich bin bereits short
gegangen, aber nur mit kleinen Beträgen; und ich würde meine Position
gerne weiter ausbauen. Derzeit halte ich mich allerdings zurück, und
ich rate Ihnen, dasselbe zu tun.
Die Stimmung für US-Staatsanleihen scheint immer noch sehr bearish zu
sein. Der gelegentlich zitierte COT Report spricht davon, dass die
Investoren in Bezug auf die US-Staatsanleihen bearisher sind, als sie
es jemals zuvor gewesen waren.
"Die Investoren bekommen selten das, was sie erwarten, aber immer das,
was sie verdienen", beobachtet Peter Schiff."Die heutigen Käufer von
US-Staatsanleihen, die blind der Propaganda der amerikanischen
Regierung und der Wall Street folgen, während sie gleichzeitig ihren
gesunden Menschenverstand ignorieren, werden wahrscheinlich auch nicht
annähernd das erhalten, was sie erwarten, sondern eher etwas, das sie
verdienen."
"Am Ende des 1982-2000 Super-Bullenmarktes bei Aktien hatte der
Optimismus der Investoren (...) einen Extremwert erreicht. Am Ende
des 1981-2003 Super-Bullenmarktes bei US-Staatsanleihen macht es Sinn,
dass die positiven Erwartungen in Bezug auf eine nur leichte Inflation
genauso absurd sein werden."
Die Erwartungen sind unverändert... noch. In der Zwischenzeit
beobachte ich... ich warte... und ich frage mich, wer diesmal durch
die Windschutzscheibe fliegen wird. Die US-Hypothekenbank Freddie Mac?
Der Dollar? J.P. Morgan? George W. Bush?
Schnallen Sie sich an...
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Freitag, 6. August 2004
Santa Fe!
von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Santa Fe
*** Ich war im Lauf der Jahrzehnte schon mehrfach in Santa Fe. Man
sollte denken, dass ich die Stadt nun kennen würde. Aber es ist eine
Stadt, die nie lange genug still steht, dass man sie völlig greifen
kann.
Santa Fe war zu verschiedenen Zeiten Handelsposten, religiöses
Zentrum, administratives Zentrum, eine Kunstkolonie und eine Kuh-Stadt
des Wilden Westens. Jetzt ist es ein fast perfekter Ort für eine
Midlife-Crisis.
In Santa Fed kann man sich ein neues Leben schaffen. Man kann seine
Frau verlassen... sich die Haare lang wachsen lassen... sich einen
Pickup-Wagen kaufen... sich für Kunst interessieren... oder für
transzendentale Meditation... man kann in einem brauen Hause leben,
sich über Chilipfeffer informieren... man kann"Dos Equis"-Bier
trinken... eine Saisonkarte für die Oper kaufen, jeden Tag in Jeans
rumrennen und eine neue Freundin finden, die in Wanderstiefeln
herumläuft und sich nicht die Fingernägel lackiert.
"Santa Fe ist eine sehr schöne Stadt", meinte meine Frau Elizabeth.
"Die Häuser auf den Hügeln sieht man kaum. Es muss da sehr strikte
Bauvorschriften geben. Man sieht nur die sich in den Fenstern
reflektierende Sonne. Alles andere ist erdfarben. Dieser Stil ist sehr
attraktiv. Wenn die Leute die üblichen Häuser bauen würden, dann wäre
diese Stadt hässlich. Aber stattdessen ist sie attraktiv, sehr trendy.
Und was mir noch an ihr gefällt, ist die Tatsache, dass es eine kleine
Stadt ist. Man kann jeden Punkt der Stadt in 10 Minuten erreichen."
"Santa Fe ist eine reiche Stadt. Es ist eine Stadt, in die die Leute
kommen, um Geld auszugeben. Wo und wie sie dieses Geld verdienen...
das weiß ich nicht.
*** Ein Grund dafür, warum wir nach Santa Fe gekommen waren: Unser
Sohn Jules sollte sich das dortige St. John's College einmal ansehen.
Dieses College hat noch einen Campus in Annapolis, Maryland. St.
John's ist nicht besonders interessiert am üblichen Zugangs-Procedere.
Es gibt keine Professoren mit großem Namen. Es gibt kein eigenes
Football-Team.
"Wir lehren hier in St. John's nichts", erklärte unser Führer."Wir
lesen und diskutieren nur die großen Ideen, die unsere westliche
Zivilisation geprägt haben. Wir beginnen mit der Bibel und den
Philosophen vor Sokrates... und arbeiten uns dann chronologisch
vorwärts, in der Mathematik, der Musik, den Naturwissenschaften und
der Literatur, aber auch in Philosophie und Religion, bis wir dann Max
Planck und Ludwig Wittgenstein und andere moderne Denker diskutieren."
Das gefiel meiner Frau Elizabeth. Sie sah eine Chance, die Arbeit,
Jules Wissen zu vergrößern, an einen anderen zu delegieren.
Aber Jules war sich da nicht so sicher.
Wenn die Menschen einfachere, rationalere Wesen wären - so erinnerte
ich mich -, dann könnte man Politik studieren, als ob es eine
Wissenschaft wäre... die Fed würde wirklich die Wirtschaft führen
können... und ich könnte Jules sagen, was ich wirklich über das St.
John's College denken würde. Aber wenn ich zu positiv darüber sprechen
würde, dann könnte sich Jules dazu zu entscheiden, woanders hinzugehen
- nur um seine Unabhängigkeit zu zeigen. Deshalb hielt sein alter
Vater seinen Mund.
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Freitag, 6. August 2004
Unsichere Entscheidung
von Lynn Carpenter
Einige nennen ihn Achterbahn. Andere nennen ihn Jojo. Aber die
Bezeichnung, die ich dem heutigen Aktienmarkt geben würde, ist das
Adjektiv"unentschieden".
Ohne Zweifel werden Sie es schon bemerkt haben - jede mögliche
Nachricht kann den Dow Jones ein paar Hundert Punkte steigen oder
fallen lassen. Und dann wendet er sich plötzlich in die andere
Richtung, wegen irgendeiner anderen Nachricht.
Für normale Investoren ist das ein Albtraum. Aber für"Value
Investoren" gilt das nicht. Denn bei"Value Investieren" geht es um
Wert ("Value"), nicht um kurzfristige Kursbewegungen. Ich weiß, dass
hinter den Impulsen"Kaufen" und"Verkaufen" jede Menge Angst steckt.
Das bedeutet Unberechenbarkeit... aber beim"Value Investieren" geht
es nicht um Unberechenbarkeit. Selbst wenn der Markt wie ein kopfloses
Huhn herumhüpft, dann sind wir nicht verloren, weil wir auf Basis des
Wertes des betreffenden Unternehmens kaufen. Und dieser
Unternehmenswert ändert sich nicht so rapide.
Aber selbst wenn Sie nur unterbewertete Unternehmen kaufen, dann ist
Ihr Depot immer noch nicht kugelsicher. Selbst gute Unternehmen können
schwach werden. Ihre Produkte können an Anziehungskraft verlieren;
ihre Produktionskosten können steigen, während sie gleichzeitig die
Preise für ihre Produkte nicht erhöhen können. Neue Technologien
entwerten alte; ehemalige kleine Wettbewerber beginnen, Kunden
wegzunehmen. Vorstandsvorsitzende können sich ändern, die
Rohstoffpreise können sich ändern...
Value Investoren sind Realisten. Die meisten von ihnen sind gute
Geschäftsleute. Die verstehen, dass es gute Gründe haben kann, wenn
ein Quartalsergebnis mal nicht den Erwartungen entspricht. Sie
verstehen es, wenn eine temporäre Preissteigerung bei einem wichtigen
Rohstoff temporär die Margen verringert. Dann sollte man nicht
überreagieren - sondern man sollte wissen, warum man diese Aktie in
seinem Portfolio hat.
Zum Timing. Man müsste unterscheiden können zwischen einer Rally, die
von Dauer ist, und einer, die nur eine Bullenfalle ist. Ich kann die
nicht unterscheiden - können Sie das?
Man kann aber etwas tun. Zuerst kaufen. Wenn Sie nach unterbewerteten
Aktien suchen und die Werte auf Ihrer Liste dann hauptsächlich Aktien
aus einem bestimmten Sektor enthalten, dann ist dieser Sektor
wahrscheinlich ein relativ unterbewerteter Sektor.
Es muss kein geschäftlicher Sektor sein, es kann sich auch um die
Kategorie"Small Caps" oder"Blue Chips" handeln. So habe ich z.B. im
letzten Jahr eine Reihe von Small Caps empfohlen. Aber ich hatte diese
Small Caps nicht deshalb empfohlen, weil sie Small Caps waren -
sondern deshalb, weil sie sehr gute Bewertungen hatten.
Als Value Investor muss man keinem Trend folgen... man kann selbst
welche entdecken.
Ich folge bei der Auswahl der Unternehmen einigen grundlegenden
Prinzipien. So tendieren z.B. Gesellschaften mit neuen Marken dazu,
riskantere Investments zu sein. Deshalb bevorzuge ich Gesellschaften
mit einer jahrelangen Geschichte, die man analysieren kann. Da kann
man sehen, ob dieses Unternehmen in guten UND in schlechten Jahren
passabel abgeschnitten hat, also auch in Jahren wenn es der Branche
oder der gesamten Volkswirtschaft nicht gut ging. So kann man
herausfinden, ob das Unternehmen ein gutes Management ist.
Sehr wichtig sind natürlich auch die klassischen Kennzahlen. Sie
wissen, was ich meine: Dinge wie Umsatzwachstum, Gewinnwachstum,
Schuldenstand, Eigenkapitalrendite und Anlagevermögen, KGV,
Kurs-Umsatz-Verhältnis, Kurs-Buch-Verhältnis...
Schließlich stelle ich immer eine Prognose auf, was ich von jeder
Gesellschaft erwarte. Damit meine ich nicht den"Ausblick", den Sie
von einem typischen Analysten erhalten würden. Der würde sagen:"Das
Ergebnis von Firma XY im dritten Quartal wird bei 52 Cents je Aktie
liegen". Das ist ein Ausblick - das ist irreführend.
Meine Prognosen sind weniger quantitativ als qualitativ.
In meinen Prognosen kommt so etwas wie"52 Cents Gewinn im dritten
Quartal" nicht vor. Stattdessen sehe ich mir die Branche, die
Wettbewerbssituation, die gesamte Volkswirtschaft, die Gewinnmargen
und mögliche Wachstumsraten an. Und die wahrscheinliche Entwicklung
des Marktanteils.
Also wenn Sie der derzeitige Markt nervt, dann stecken Sie nicht den
Kopf in den Sand. Auch unsichere Märkte bieten ihre Chancen. Man muss
nur ein bisschen stärker suchen. Wenn die anderen Investoren
unentschieden sind, dann können Sie entschieden sein... treffen Sie
klare Entscheidungen und finden Sie Schnäppchen.

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