- Ein"netter" Zeitungsartikel: - Diogenes, 29.11.2000, 13:29
- @JueKue: Ich glaub, dass ist ein Meilenstein wert (Artikel UND Kommentar) DANKE! - mond73, 29.11.2000, 13:42
- Re: @JueKue: Ich glaub, dass ist ein Meilenstein wert / JA - JüKü, 29.11.2000, 14:03
- @JueKue: Ich glaub, dass ist ein Meilenstein wert (Artikel UND Kommentar) DANKE! - mond73, 29.11.2000, 13:42
Re: @JueKue: Ich glaub, dass ist ein Meilenstein wert / JA
>>Hier ein Artikel aus"Die Presse"
>>Zeit der Finanzkrisen nicht vorbei: Experten wollen mehr Kontrolle (28.11.2000)
>>Stück für Stück werden die Leichen aus dem Keller geholt.
>>Sollen wir psychologisch auf die Krise vorbereitet werden, damit die"Opferbereitschaft" zunimmt? - irgendwer muß schließlich die Rechung zahlen. Es darf geraten werden, wer dieser Jemand ist. Tipp: die Banken werden es nicht sein.
>>Oder läuft das nur nach dem Motto: Wir sind alle unschuldig, wir haben ja"rechtzeitig" gewarnt?
>>Wenn die"Experten" mehr Kontrolle wollen, dan heiß das nichts anderes, als daß die Demokratie noch weiter abgeschafft wird. Man denke nur an die EU: Die Bürokraten der Kommission sagen wo es lang geht. Wer hat die denn gewählt? Wer von uns hat für den IMF oder die Weltbank gewählt? Wem müssen diese rechenschaft ablegen? Der Trend ist klar: Die Kompetenzen werden ausgelagert, weg von den Parlamenten hin zu supranationalen Institutionen. Dadurch wird die Demokratie zu einer Operette: Brot und Spiele für das Volk. Für unsere"Volksvertreter" ist das natürlich sehr praktisch: man kann unter der Woche anderen die Schuld geben und am Sonntag über Politikverdrossenheit lametieren. Quo vadis?
>>Sonnige Grüße aus den Bergen
>>Diogenes
Und damit der Artikel nicht verloren geht, setze ich ihn hier rein:
Zeit der Finanzkrisen nicht vorbei: Experten wollen mehr
Kontrolle
Frühwarnsysteme sollen neue Weltfinanzkrisen vermeiden helfen. Argentinien und
Japan sind aber schon Beispiele für die nächsten drohenden Krisen.
Von Andreas Unterberger
BERLIN."Die Krisen des Weltfinanzsystems werden uns nicht ausgehen." Zu dieser
unerfreulichen Prophezeiung kommt Rüdiger Dornbusch vom MIT (Massachusetts Institut of
Technology). Daran ändere auch der Umstand nichts, daß man aus den letzten Krisen
etliches gelernt hat: Dieser Konsens prägte eine Diskussion hochrangiger Finanzexperten
beim Europa-Forum der Herbert-Quandt- Stiftung in Berlin.
So betonte Andrew Crockett, Chef der BIZ (Bank für internationalen Zahlungsausgleich), daß
derzeit an den Weltfinanzmärkten eine ruhige Periode herrsche. Und Jean-Claude Trichet,
designierter Chef der EZB (Europäische Zentralbank), weiß:"Jede Krise hat eine andere
Natur."
Ernst Welteke, Chef der Deutschen Bundesbank, warnte davor, Weltfinanzkrisen wie zuletzt
in Rußland oder Asien für eine Art Naturereignis zu halten. Freilich würden die Symptome oft
erst im Nachhinein erkannt. Deshalb sind in letzter Zeit die Bemühungen um ein
Frühwarnsystem sehr intensiviert worden.
Dornbusch stellt Argentiniens Liquiditätskrise an die Spitze seiner Sorgenliste: Es gebe kein
Wachstum, die Verschuldung sei im Verhältnis zu den Steuereinnahmen viel zu hoch. In der
Türkei wieder konstatiert er eine Bankenkrise."Dahinter steckt oft eine Versicherungs- und
Pensionskrise." Und für Japan prophezeit er angesichts einer Verschuldung von 200 Prozent
des BIP sowie eines 6- bis 7prozentigen Budgetdefizits, daß Tokio wahrscheinlich in zehn
Jahren Kapitalkontrollen einführen werde müssen. Beim Euro hält er primär den Zeitpunkt
der Einführung für falsch, weil dieser mit dem letzten Höhenflug der US-Börsenkurse
zusammenfalle. Er machte der europäischen Wirtschaft auch den Vorwurf, zu immobil zu
sein.
Besonders heftig kritisierte Dornbusch den langen Zeitraum, bis Euro-Banknoten in Umlauf
kommen."Die Behauptung, daß man Geld nicht rascher drucken kann, ist absurd. Das
geschieht nur, weil die nationalen Banken keine Überstunden machen wollen. Je länger man
das aber den Märkten erklärt, umso negativer ist die Reaktion." Dornbuschs Prophezeiung
für Europa:"Wenn die EZB die Zinsen auf Null senkt, sei das gut. Sonst bekommt Europa
eine Rezession. Ich habe aber wenig Vertrauen in die EZB."
Euro sicherer als Dollar
Die EZB-Mitglieder Trichet und Welteke gingen erwartungsgemäß nicht auf diese
Zinsprophezeiung ein, bezeichneten aber ein Vorziehen der Banknoten-Einführung als
unmöglich"wegen der Umstellung in Unternehmen und Verwaltung". Und Welteke setzte
eine Spitze gegen Amerika drauf:"Wir legen zum Unterschied vom Dollar Wert darauf, daß
Euro-Banknoten sicher sind."
Sehr präzise analysierte Welteke die Ursachen der jüngsten russischen Krise: spärliche
Steuerzahlungen, hoher Schuldendienst, zu rasche Einführung der freien Konvertibilität,
unterkapitalisierte Banken, hohe Abhängigkeit von den Ã-lpreisen. Zugleich habe man in
Moskau darauf gesetzt, daß man neuerlich internationalen Beistand bekommen werde.
Heute sei durch höhere Ã-lpreise und bessere Steuereintreibung die Krise vorbei. Viele
Probleme seien aber, so Welteke, weiter ungelöst: Die Verhandlungen über einen
Schuldenerlaß seien noch nicht abgeschlossen; Rußland müsse nun jedenfalls höhere
Zinsen zahlen; man habe sich auch noch kaum zur Entziehung von Banklizenzen
entschließen können, obwohl viele der 1800 russischen Banken heute ohne Kapital
dastünden; auch seien Probleme wie die rechtlichen Defizite, das Fehlen einer guten
Konkursordnung oder die Korruption weiter nicht gelöst.
Politik entscheidend
Die von den Experten präsentierten Rezepte, wie man am ehesten künftigen Krisen
vorbeugen kann, haben viele Elemente, kulminieren aber in dem von Trichet formulierten
Satz:"Prioritär ist eine vernünftige nationale Wirtschafts- und Steuerpolitik." Darüber gebe
es erst seit den 90er Jahren Konsens. Welteke präzisiert, was darunter zu verstehen sei:
stabile Preise, offene Grenzen und flexible Wechselkurse."Eine geborgte Stabilität durch
fixe Wechselkurse funktioniert nicht."
Heftig getadelt wird von Trichet das akkumulierte Zahlungsbilanzdefizit der Industrieländer:
"Das heißt, daß die Reichsten also die Ärmeren ständig bitten, sie zu finanzieren. Das ist
auf die Dauer nicht haltbar." Sehr gefährlich sei auch der Herdeninstinkt auf den Märkten,
daß also positive wie negative Entwicklungen stark übertrieben werden."Das wichtigste
Gegenmittel dagegen ist Transparenz."
Crockett sieht die Gegenstrategie gegen weitere Finanzturbulenzen auf drei Ebenen:
Aktivierung des Eigeninteresses - das sei immer dann gegeben, wenn eigenes Geld involviert
sei; Disziplinierung durch den Markt, das heißt, ein undiszipliniertes Land muß höhere
Zinsen zahlen und hat schlechteren Zugang zu Finanzierungen; und drittens der Aufbau
eines internationalen Kontrollsystems.
Darunter versteht Crockett strengere Bankenaufsicht, gute und einheitliche Buchhaltungs-
und Bilanzierungsrichtlinien oder die Durchsetzbarkeit vertraglicher Garantien. Crockett will
dieses neue System als"Supervision, nicht Regulierung" verstanden wissen."Die Länder
müssen begreifen, daß das in ihrem eigenen Interesse ist."
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