- The Daily Reckoning - The Wages of Sin (Mogambo) - Firmian, 18.08.2004, 08:42
- Re: The Daily Reckoning - dt. Version - Firmian, 18.08.2004, 08:48
- The wages of sin is death - but the hours are good ;-) (o.Text) - zucchero, 18.08.2004, 11:10
Re: The Daily Reckoning - dt. Version
-->Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Märkte, Stimmungen, Leben, Jahreszeiten - alles wird konjugiert...
wie Verben.
Sie liegen in der Zukunft. Dann in der Gegenwart. Und dann in der
Vergangenheit.
Das ist das Leben, liebe(r) Leser(in). Ich bin dafür nicht
verantwortlich. Das ist nicht meine Schuld.
Zukunft. Gegenwart. Vergangenheit.
Ich habe vor kurzem auf dem"Agora Wealth Symposium" im kanadischen
Vancouver gesprochen. Dort sprach ich über die Situation vor 25
Jahren... über den großen Boom... die Reagan-Jahre... das
Internet... die Spekulationsblase bei den Internet-Aktien...
Reality-TV... den Kollaps der Sowjetunion... den Aufstieg Chinas...
den Euro... den 11. September 2001...
.. diese Ereignisse lagen vor 25 Jahren alle in der Zukunft.
Aktein, Anleihen und Immobilien waren vor 25 Jahren niedrig bewertet.
Aber die Zinsen waren hoch - US-Staatsanleihen hatten eine Rendite von
über 15 %. Als die Jahre vergingen, da fielen die Zinsen - was einen
Boom bei den sonstigen Vermögensanlagen ermöglichte. Dieser Boom, der
1980 noch in der Zukunft lag, wurde ein paar Jahre später zur
Gegenwart.
Aber in welcher Zeit liegt er jetzt? In der Gegenwart oder in der
Vergangenheit? Laut jeder Umfrage und jedem Stimmungsindikator denken
die Amerikaner immer noch, dass sich die guten Zeiten in der Gegenwart
und der Zukunft befinden. Die Aktienkurse werden steigen, sagen
sie... denn das tun sie langfristig immer. Die Wachstumsschwäche sei
nur temporär, erklärte Alan Greenspan, als er letzte Woche die Zinsen
erhöht hatte.
Die Vergangenheit scheint aus der Sprache der Investoren verschwunden
zu sein. Die Aktienkurse sind gestiegen. Die Aktienkurse steigen. Was
kommt nach dem Plusquamperfekt; was kommt als nächstes?
Der Lebenszyklus eines typischen Bullenmarktes an der Wall Street
liegt bei ungefähr 17 bis 20 Jahren. Das war in den letzten 200 Jahren
so. Aber die Analysten finden viele Gründe, warum der Bullenmarkt, der
1975 begann und 2000 endete, weitergehen sollte. Aber es gibt genauso
viele Gründe, warum er das nicht sollte. Und der Markt - Gott segne
sein Herz - kümmert sich ohnehin nicht um Gründe.
Der Markt wird das tun, was er tun will. Aber die Vergangenheitsform
der Verben hat ihren guten Grund. Genauso wie die Zukunft... gibt es
die Vergangenheit. Die fallenden Zinsen, die die Investoren im letzten
Vierteljahrhundert so erfreut haben, steigen jetzt wieder. Die Tage
des immer billiger werdenden Geldes sind offensichtlich Vergangenheit.
Genauso wie der Bullenmarkt für Aktien.
Erit. Et. Erat.
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Dienstag, 17. August 2004
Ein umnebeltes Interview
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Baltimore
Die Woche in Vancouver war echt spannend. Wie die meisten großen
Städte hat auch Vancouver seine Landstreicher und Vagabunden. Aber die
kanadische Variante dieser Menschen ist anders. Ich schien sie
ziemlich anzuziehen. Und ich dachte, sie seien ziemlich intelligent.
Am Samstag - dem letzten Tag des"Agora Wealth Symposiums" - wurde ich
von Tom Allen von HoweStreet.com fürs Fernsehen interviewt, auf den
Treppenstufen der Vancouver Art Gallerry in der Hornby Street (nicht
weit entfernt von dem Ort, an dem wir den Unfall einer jungen Frau
beobachtet hatten). Als das Interview begann, da tauchte eine Gruppe
Vagabunden auf, direkt neben uns, und sie zündeten sich ein paar
Marijuana-Zigaretten an.
Als ich über die Effekte der künstlichen Stimulierung der Fed auf den
Immobilienmarkt sprach, da schwebten Cannabis-Wolken zu mir herüber.
Und während ich über die Effekte der Politik des"leichten Geldes" auf
die Gesellschaft redete, da wurde ich von dem aromatischen Geruch
umgeben. Und als ich schließlich über den Ausbruch von zügellosen
Ausschweifungen sprach - wie im Berlin der 1920er -, da sog ich dicken
Rauch durch meine Nase ein.
Mister Allen fragte mich dann:"Glauben Sie, dass uns ein perfekter
wirtschaftlicher Sturm bevorsteht?"
Er bezog sich dabei natürlich auf die zuletzt schlechten
US-Wirtschaftszahlen. Am Freitag war vermeldet worden, dass das
amerikanische Handelsbilanzdefizit auf ein neues Allzeithoch gestiegen
war."Es war ein perfekter Sturm", hatte ein Analyst in der Financial
Times geschrieben."Alles, das passieren konnte, um das Defizit zu
vergrößern, ist passiert." Die Importe wuchsen um 3,3 %, während die
Experte um 4,3 % zurückgingen - der größte Rückgang seit September
2001."Es sollte klar sein, dass die USA eine reale und sich
beschleunigende Zerstörung ihrer Handelsbilanz sehen", so ein anderer
Analyst.
Auch der Ã-lpreis führt zu einem Hochziehen der Augenbrauen, weltweit.
Letzten Freitag war der Ã-lpreis das 11. Mal in Folge auf ein neues
Rekordhoch gestiegen. Bereinigt um die Inflationsrate steht der
Ã-lpreis dennoch erst ungefähr bei der Hälfte des Niveaus, dass er zu
Beginn der 1980er erreicht hatte. Und dennoch ist der nominale Preis
historisch gesehen niemals höher als jetzt gewesen...
Und Greenspan und seine fröhlichen Witzbolde haben die Leitzinsen um
einen Viertelprozentpunkt erhöht. Das ist ein weiterer Schlag auf den
Rücken des US-Konsumenten. Und jetzt fällt das Konsumentenvertrauen -
gemessen am Index des Verbrauchervertrauens der Universität Michigan.
Die Financial Times schreibt dazu: Der Rückgang"war partiell den
Sorgen über höhere Energiekosten zuzuschreiben, die sich auch in
höheren Produzentenpreisen widergespiegelt haben."
Und trotz dieses sich zusammenbrauenden Sturms ist der Markt letzte
Woche dennoch ruhig geblieben - der S&P 500 beendete die Woche fast
unverändert, mit einem Plus von 1 Punkt. Der Nasdaq hingegen fiel
leicht: Die Investoren waren mit einigen Unternehmensmeldungen aus dem
Technologiesektor nicht zufrieden. Darunter Cisco - die vor einer
"schwachen Nachfrage" warnten.
Vielleicht ist das doch nicht der perfekte Sturm. Ich könnte mir eher
etwas vorstellen, das wie ein sich langsam bewegendes Tiefdruck-System
den wirtschaftlichen Himmel auf Jahre hinaus bedrohen wird."Amerika
wird ein neues wirtschaftliches Modell finden müssen", schrieb ich
zusammen mit Bill Bonner sinngemäß in unserem neuen Buch, das diesen
Monat in Deutschland erscheinen müsste,"denn es kann nicht länger
hoffen, sich den Weg zum Reichtum mit Geldausgeben und Schuldenmachen
zu erkämpfen. Das ist kein zyklischer Wechsel, sondern ein
struktureller, der Zeit braucht. Strukturelle Reformen - also das
Verändern der Art und Weise, wie eine Volkswirtschaft funktioniert -
gehen nicht über Nacht vonstatten. Die Maschine des kollektivierten
Kapitalismus leistet jeglichen Änderungen Widerstand."
Und Widerstand hat sie geleistet. Aber wie lange noch? Auf der
Titelseite der Financial Times vom Wochenende habe ich diese
Schlagzeile gefunden:"Sorge über eine Verlangsamung des weltweiten
Wirtschaftswachstums." Das Wachstum sowohl in der Eurozone als auch in
Japan war zurückhaltend. Das japanische Wirtschaftswachstum blieb im
zweiten Quartal erheblich hinter den Erwartungen zurück, und das
Wachstum in der Eurozone war im zweiten Quartal mit +0,5 % abrupt
niedriger als im ersten Quartal.
Am Ende des Interviews fühlte ich mich irgendwie unwohl.
"Uns ging es gut", hörte ich mich sagen."Die Amerikaner sind generell
glücklich... und sie glauben an Illusionen. Aber das Ende der Welt,
wie wir sie kennen, KOMMT. Deshalb... kann man es auch genauso gut
genießen."
Zumindest die Vagabunden hatten meinen Monolog offensichtlich
genossen...
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Dienstag, 17. August 2004
Vieles in Amerika ist für mich ein Rätsel
von unserem Korrespodnenten Bill Bonner
Wir haben uns nicht lange in Kalifornien aufgehalten. Auf dem Weg von
Las Vegas haben wir eine kurze Pause im kalifornischen Bakersfield
gemacht, um zu Mittag zu essen und zu tanken. Im Zentrum der Stadt hat
ein ehemaliger Bürgermeister ein riesiges Thermometer aufstellen
lassen. Es zeigte 114 Grad Fahrenheit an. Selbst in der Hölle wird es
nicht so heiß, dachte ich bei mir."Ist es hier immer so heiß?",
wollten wir von der Kellnerin wissen.
"Nicht immer, aber es ist auch nicht außergewöhnlich."
"Dann halten Sie sich wahrscheinlich die ganze Zeit im Haus auf?"
"Nein, abends verlassen wir das Haus, wenn es kühler wird. Die
Temperaturen sinken dann auf 100 Grad Fahrenheit. Dann gehen wir raus.
Aber hier gibt's eigentlich eh nichts, wo man hin gehen kann... also
bleiben wir drinnen." Nachdem wir Bakersfield verlassen hatten, fuhren
wir mal wieder durch eine Wüste, als wir plötzlich einen See aus Smog
zu sehen bekamen. Der Duft der Binnenwüste wurde abgelöst durch den
süßlichen Geruch von Meerluft und Autoabgasen.
Noch bevor wir in die Stadt hineinkamen, fielen uns die meilenweiten
Neubaugebiete auf. Häuser in verschiedenen Konstruktionsstadien waren
zu sehen. Die Häuser waren alle riesig und wurden mit Holzbalken und
Backsteinen hochgezogen. Hunderte, nein Tausende, von ihnen wurden
alle zur selben Zeit gebaut. Man sieht ein und denselben Baustil über
mehrere Meilen... und dann kommt man an ein Einkaufszentrum... und
ein anderer Baustil beginnt, wieder mit nagelneuen Häusern, die sich
in verschiedenen Stadien befinden. Da niemand sie daran hindert,
verbreiten sich diese Häuser wie ein hartnäckiger Virus. Eines Tages
werden sie das ganze Land bedecken bis zu den Gebirgsausläufern und
zur Wüstengrenze. Aus was für einem gottverlassenen Nest müssen die
Bewohner dieser Häuser kommen, dass sie ihre Neubaugebiete für eine
optische Landschaftsverschönerung halten, fragte ich mich. Haben sie
zuvor in einem der Autoanhänger bei Barstow gelebt? Hier sind Sie
einsam und allein, obwohl der Abstand zwischen jedem Haus nur etwa 10
Fuß beträgt. Warum ziehen sie es nicht vor, in einem Apartmenthaus
nahe des Zentrums zu leben? Mir ist es ein Rätsel. Aber vieles in
Amerika ist für mich ein Rätsel.
Warum leben Menschen in Mobilehomes, die sie mitten in Stein und Holz
geparkt haben? Warum leben Menschen in Gegenden, die heißer sind als
der Hades... mitten in einer Wüste, wo nichts los ist und wo ein
Grashalm, der morgens das Licht der Welt erblickt spätestens bis zum
Mittag tot ist? Warum nehmen die Leute eine vierstündige Autofahrt in
Kauf, um von L.A. nach Las Vegas zu fahren, in einem geschmacklosen
Hotel abzusteigen und ihr Geld beim Spiel zu verlieren? Warum sollte
ein vernünftiger Mensch Google-Aktien, die ein KGV von 125 haben,
kaufen? Warum investieren Eltern 150.000 US-Dollar in die
College-Ausbildung ihrer Kinder, wenn alles was sie lernen, unsinniger
Quatsch ist? Warum glauben Menschen, dass sie reicher und reicher
werden, wenn ihr Einkommen sinkt und ihre Schulden anwachsen? Warum
fahren Menschen schwere Wagen mit Vierradantrieb, wenn sie in einer
Gegend wohnen, wo es niemals schneit und nur selten regnet? Warum
machen Menschen haushohe Schulden, wenn es kaum etwas gibt, was sich
zu kaufen lohnt? Warum bauen so wenige Menschen Gemüsegärten an? Und
warum sparen sie nicht? Warum machen sie keinen stärkeren Kaffee?
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Mix-Ansicht

