- Neuemissionen - Emissionär, 28.05.2000, 10:45
- Kapitalengpaß? - Emissionär, 28.05.2000, 10:52
- Ergänzung - Emissionär, 28.05.2000, 10:56
- Re: Der letzte Satz von Gerke.. - black elk, 28.05.2000, 11:11
Neuemissionen
Artikel aus der Sonntagszeitung (Schweiz glaube ich)
Harte Landung nach Höhenflug
Auf Grund der Kursmisere am New Market weht beim Börsenzugang neuer Unternehmen ein schärferer Wind
VON NADJA SIEBENMANN
Zürich - Am SWX New Market herrscht Katerstimmung. Seit der Index der Schweizer Wachstumswerte im März seinen Höchststand von 2587 Punkten erreicht hat, ist er um 44 Prozent eingebrochen. Schuld an der Kursmisere ist nicht nur der 30-prozentige Kurssturz an der US-Technologiebörse Nasdaq. Bei einigen New-Market-Firmen sind kurz nach dem Börsengang Schwachstellen aufgetreten, die einen überdurchschnittlichen Kurssturz auslösten.
- Bei 4M, dem welschen Produzenten von Anlagen zur Herstellung von CDs und DVDs, haben sich die rosigen Aussichten verdüstert. An Stelle eines Nachfrageüberhangs leide die Branche nunmehr unter Überkapazitäten, meldete 4M anlässlich einer «Gewinnwarnung». Doch die Probleme liegen tiefer. 4M kann die gewünschten Anlagen nicht liefern, die Kunden wandern ab. «4M hat die Konkurrenz unterschätzt», stellt ZKB-Analyst Sven Bucher ernüchtert fest.
- Das Sarganser Softwareunternehmen Complet-e verfehlte die budgetierten Quartalsergebnisse zwar nur knapp. Probleme hat das Unternehmen aber vorwiegend auf personeller Seite. Querelen zwischen Aktionären und der Kontrollstelle einerseits und dem Verwaltungsrat andererseits führten zu einem Exodus in den Führungsetagen. Das Vertrauen der Anleger ist erschüttert, die Aktien notieren 43 Prozent unter Emission.
- Kaum besser erging es dem Complet-e-Konkurrenten Miracle. Zwar steckt die gesamte KMU-Softwarebranche im Tief. Doch bei Miracle kommen noch eigene Probleme dazu. Bereits wenige Wochen nach dem Börsengang traten erste Produktemängel an den Tag. Miracle musste Millionen für gefährdete Projekte zurückstellen.
- Das Softwareunternehmen Day Interactive befindet sich trotz der schwierigen Marktsituation immer noch auf Budgetkurs. Doch Gewinnmitnahmen der Kleinaktionäre drückten den Aktienkurs zuweilen unter den Emissionspreis.
Die Börsengänge junger Firmen sind ein fettes Massengeschäft
Unternehmensspezifische Probleme werfen die Frage auf, ob einige der New-Market-Firmen nicht zu früh an die Börse gekommen sind. Denn vergleicht man die Fristen, mit denen Risikokapitalgeber und Banken solche Jungfirmen rezyklieren, stellt man eine deutliche Beschleunigung fest. Während Private-Equity-Investoren ihre «Babys» in den Achtzigerjahren im Schnitt während sieben bis acht Jahren aufpäppelten, bevor sie sie an die Börse entliessen, schrumpfte diese Frist in den Neunzigern auf durchschnittlich vier bis fünf Jahre. Heute beträgt sie - wie auch im Fall von Miracle und Day - nicht selten weniger als zwei Jahre.
«Viel zu kurz», urteilt Bruno Raschle, Chef des unabhängigen Fund of Funds Advisers on Private Equity Adveq. Zwar, so Raschle, sei die Expansion heute oftmals teurer als früher und habe der Mittelzufluss in Private Equity markant zugenommen. Doch verkürzt sich die Frist für den Ausstieg immer dann, wenn der Pegel der Euphorie an den Börsen steigt.
Ein Zufall? Wohl kaum. Denn Börsengänge (IPO) junger Firmen sind ein dickes Massengeschäft. Und je heisser der Markt, desto fetter die Gewinne. Die Wertschöpfungskette eines IPOs ist lang: Unabhängige Private-Equity-Firmen und Venture-Funds von Banken kaufen sich zu tiefen Preisen in die Firmen ein, Altaktionäre beziehen Aktien auf Grund von Vorleistungen oder auf Kredit. Häufig sind die gleichen Banken, die über ihre Venture-Töchter Firmenanteile halten, auch an der Platzierung beteiligt (Miracle/CSFB, Day/Vontobel). Dafür kassieren sie dann nochmals happige Gebühren. Die hohen Börsenumsätze in den ersten beiden Handelstagen generieren wiederum Kommissionserträge für die beteiligten Banken. Zu guter Letzt festigen die Geldhäuser die Beziehungen zur Grosskundschaft (z. B. Pensionskassenmanagern), indem sie ihnen Tranchen zum Ausgabepreis zuschanzen.
Häufig rechnen sich die Deals kurzfristig nur für jene, die beim IPO mitmischen oder den schnellen Ausstieg suchen: Venturekapitalisten, Altaktionäre, Anwälte, Berater, Investmentbanken und Pensionskassenmanager. Die Unternehmen kassieren dagegen oft nur einen geringen Betrag. Beim IPO von Complet-e beispielsweise flossen der Firma vom Gesamterlös in Höhe von 50 Millionen nur gerade 14 Millionen Franken zu.
Sind die erfahrenen Aktionäre einmal ausgestiegen, steht das Management alleine da. «Die neuen Hauptaktionäre sind meist nicht geeignet, den Aufbau zu unterstützen. Gibt es Probleme, steigen die meisten aus», sagt Private-Equity-Spezialist Raschle. Auch die neureichen Altaktionäre gebärden sich oft egoistisch. «Einige wollen doch tatsächlich ihre Aktien noch vor Ablauf der Sperrfrist verkaufen, um ein Häuschen zu bauen oder einen Kredit zurückzuzahlen», entrüstet sich ein nicht genannt sein wollendes Kadermitglied einer grossen IPO-Bank.
In Deutschland werden Sperrfristen von zwei bis drei Jahren verhandelt
Private Equity ist für alle Beteiligten eine heisse Gratwanderung zwischen Aufbauhilfe und Abkassieren, meint Raschle. Als beispielsweise die UBS-Venture-Tochter Aventic im Winter 1999 bei Day einstieg, glaubte sie, der Börsengang würde im Jahr 2001 stattfinden. Doch Management und Emissionsbank drängten auf einen schnelleren Exit im Frühjahr 2000, als sich die Börse gerade in der letzten Phase ihrer Superhausse befand. «Nicht, dass Day nicht reif gewesen wäre. Aber vielleicht wäre es besser gewesen, man hätte der Firma noch ein Jahr länger Zeit gegeben für den Aufbau», meint ein Aventic-Mitglied rückblickend.
Day hatte Glück. Denn nach dem Tech-Crash haben sich die Spielregeln verschärft. Laut Raschle werden in Deutschland nun Sperrfristen für das Management von zwei bis drei Jahren verhandelt, für Venturekapitalisten sind neue Exitfristen von 9 bis 18 anstatt 6 Monaten im Gespräch. Damit erhöht sich das Risiko. «Private-Equity-Firmen und Banken müssen ihre Wahl jetzt sorgfältiger treffen, und das Management muss zusehen, dass das Geld länger reicht», meint Adveq-Chef Raschle. Denn sinken die Kurse, werden die Investoren risikoscheuer. Für defizitäre Internetfirmen gibts dann weniger Geld - wenn überhaupt.
Viele Firmen haben ihre IPO-Pläne deshalb verschoben oder ganz aufgegeben. «Das deutet doch daraufhin, dass diese Unternehmer nicht an ihre Zukunft glauben, sondern nur optimal Kasse machen wollen», feixte Wolfgang Gerke, Professor für Börsen- und Kapitalmarktwesen auf dem deutschen Börsensender n-tv.
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