- Peter Hartz - Vordenker auf Abwegen - off-shore-trader, 07.09.2004, 13:33
Peter Hartz - Vordenker auf Abwegen
-->Selenz` Kommentar 24. August 2004
Peter Hartz - Vordenker auf Abwegen
Der Mann hat sich einen Namen gemacht. Hartz steht für das Wunder bei VW und in Wolfsburg. Dort wurde die Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau gesenkt. Mit Ansage, aber zu Lasten anderer Gemeinden. Das ist allerdings außerhalb der Region nicht bekannt. Betroffene Bürgermeister be-schwerten sich ob des Druckes, mit dem man heimische Betriebe „motivierte“, in Wolfsburg zu siedeln. Die geballte Faust blieb aber in der Tasche. Wer wollte sich schon ernsthaft mit der Volkswagen AG anlegen? In deren spezieller Sphäre wurde sogar die 28-h-Woche geboren.
Die von Hartz geprägten und nach ihm benannten Reformen unserer Sozialsysteme drohen indes die Nation zu spalten. Außerhalb des VW-Dunstkreises schrumpft der Wundermann auf Normal-maß. Da bleibt die Faust nicht in der Tasche. Es geht nicht allein um Kriterien der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit z. B. dringend notwendiger Anpassungen, ebenso wie die von Arbeitsplätzen. In der Diskussion um Ansprüche und Möglichkeiten vermisst man allenthalben Vorbilder. Und gerade in dieser Situation geht der Namensgeber selbst mit schlechtem Beispiel voran.
Dr. Peter Hartz verweigert als Vorstand der Volkswagen AG die Auskunft über seine Einkünfte. Er und seine Kollegen in Wolfsburg sind nicht bereit, die Vorgaben des gerade verabschiedeten Unternehmens-Kodex zu erfüllen. Nach diesen Vorgaben sollen die Einkommen der Vorstände von Aktiengesellschaften einzeln ausgewiesen werden. Das ist bei uns zwar noch nicht Gesetz. In anderen Ländern, wie z. B. den USA, ist dies eine Selbstverständlichkeit. Wer das Geld an-derer Leute verwaltet, muss dort seine Bezüge offenlegen, und zwar bis auf den letzten Cent.
Von einem Arbeitslosen fordert Hartz, sein Vermögen aufzudecken. Detailliert und lückenlos. Ansonsten macht er sich sogar strafbar. Einen antiken Schrank aus Familienbesitz - wenn vor-handen - muss er schätzen und sich ggf. anrechnen lassen. Auf eigene Kosten, versteht sich. Erst dann erhält er Geld von der Gemeinschaft. Die Vorstände von AGs verwalten das Geld der Aktionäre. Die sind Besitzer der Unternehmen. Sie haben ein Recht darauf, dass ihre Angestell-ten aufzeigen, wieviel sie sich selbst aus Aktionärsvermögen auf ihre Privatkonten überweisen.
In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine sehr interessante Entwicklung abgespielt. Die Vorstandsgehälter haben sich oft vervielfacht, rechnet man allein die „klassischen“ Vergütungen wie Dienstwagen bzw. -flugzeug, Fahrer, Piloten, Pensionszusagen und Aktienoptionen. Berück-sichtigt man ferner kosten-günstige bzw. -lose Firmenvillen, sonstiges Personal, andere Leistun-gen für den privaten Nutzen, etc., so sind die Aufwendungen geradezu explodiert. Eine Offen-legung der Gesamtvergütung, der sog. „Bezügebericht“, würde dies aufdecken. Vielen Beteilig-ten ist dies - verständlicherweise - peinlich. Daraus resultiert die Weigerung, individuelle Zahlen auszuweisen. Ganz und gar inakzeptabel ist diese Weigerung, wenn es sich um ein Unterneh-men handelt, dessen Hauptaktionär das Land Niedersachsen ist - wie bei VW. Unternehmen un-ter staatlicher Kontrolle müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Warum verlangt der VW-Auf-sichtsrat nicht ultimativ die strikte Einhaltung der Vorgaben des Corporate-Governance-Kodex?
Noch peinlicher wäre allerdings die Offenlegung der Vermögensverhältnisse der Organe einiger anderer deutscher AGs. Dabei käme nämlich heraus, dass viele Vorstände und Aufsichtsräte sich am Vermögen der Aktionäre vergriffen haben. In trauter Eintracht, heimlich und hemmungslos. Aus manchem Bettel-Studenten wurde so im Laufe einer Vorstands- und Aufsichtsratskarriere ein reicher „Unternehmer“. Im Nebenerwerb sozusagen! Oft sogar mit Familien-Beteiligung. Gespeist aus ehemals unternehmensnahen Betrieben, versteht sich. Selbstverständlich zusätzlich zu den angesprochenen, nicht gerade geringen Vergütungen, und selbstverständlich rein zufällig.
Fazit: Wer anderer Leute Geld verwaltet, muss gesetzlich verpflichtet werden, sein Einkommen lückenlos aufzudecken. Das hat nichts mit Neid zu tun, sondern schlicht mit Hygiene. Zudem ist es angesichts der Wild-West-Manieren auf deutschen Chefetagen dringend geboten, auch das Vermögen aufzudecken. Was Arbeitslosen gesetzlich vorgeschrieben ist, kann für integere Ver-walter fremden Vermögens keine unbillige Zumutung sein. Auch nicht für den Vordenker Hartz.
Peine, den 23. August 2004 Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz
<ul> ~ www.hans-joachim-selenz.de</ul>

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