- Zeitungsartikel:"Finanzkrise in der Türkei spitzt sich zu" - Diogenes, 02.12.2000, 11:41
- Re: Zeitungsartikel:"Finanzkrise in der Türkei spitzt sich zu" - Tobias, 02.12.2000, 12:39
- Re: Zeitungsartikel:"Finanzkrise in der Türkei spitzt sich zu" - Diogenes, 02.12.2000, 12:51
- Re: Beitrag Deutschlands zum IWF? Weiss das jemand? - Josef, 02.12.2000, 17:56
- Re: Beitrag Deutschlands zum IWF? Weiss das jemand? - Tobias, 02.12.2000, 18:45
- Haben die türkischen Bänker vergessen, wie man Geld aus dem Nichts zaubert? ;-) - Frodo, 02.12.2000, 14:20
- Re: Haben die türkischen Bänker vergessen, wie man Geld aus dem Nichts zaubert? ;-) - R.Deutsch, 02.12.2000, 15:31
- Re: Prost Mahlzeit - ein Bekannter von mir hat eine Bankgarantie einer TR-Bank - Baldur der Ketzer, 02.12.2000, 19:04
- Re: Zeitungsartikel:"Finanzkrise in der Türkei spitzt sich zu" - Tobias, 02.12.2000, 12:39
Zeitungsartikel:"Finanzkrise in der Türkei spitzt sich zu"
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Die Presse, 2.12.2000
"Finanzkrise in Türkei spitzt sich zu: Aktien halbiert, Zinsen verdoppelt"
Der IWF erklärte sich angesichts der dramatischen Finanzkrise in der Türkei zu Kapitalspritzen bereit.
WASHINGTON / ISTANBUL (ag/red.). Am türkischen Aktienmarkt ist es am Freitag angesichts der Liquiditätskrise im Bankensektor zu neuerlichen, massiven Kursverlusten gekommen. Das Minus des Aktienindex ISE National-100 betrug rund zehn Prozent. In den vergangenen zwei Wochen büßte der Aktienmarkt fast die Hälfte seines Wertes ein. Die Geldmarktsätze zwischen Banken schnellten unterdessen aufgrund des sehr hohen Liquiditätsbedarfs weiter nach oben: Allein am Freitag verdoppelten sich die Zinsen auf 1000 Prozent. Die türkische Notenbank hatte in den vergangenen Tagen zusätzliches Zentralbankgeld bereitgestellt, gegen Wochenende die Auktion aber gestoppt.
Finanz-Staatssekretär Selcuk Demiralp sagte am Freitag vor einem Parlamentsausschuß, die Zentralbank müsse sich bei der Behandlung der Krise an die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) gegebenen Grenzen für zusätzliches Zentralbankgeld halten.
Die Liquiditätskrise war in den vergangenen Tagen von Befürchtungen über die Stabilität des türkischen Bankensektors ausgelöst worden. Mehrere Banken waren unter Zwangsverwaltung gestellt worden, gegen einige von ihnen laufen Untersuchungen wegen möglicher krimineller Machenschaften. Die Geldinstitute kürzten daraufhin ihre Kreditlinien und mußten zur Refinanzierung stark die Zentralbank in Anspruch nehmen. Die Reserven der Notenbank schrumpften deswegen innerhalb von zwei Wochen um mehr als fünf Mrd. Dollar.
Die Türkei verhandelt nunmehr mit dem IWF über die vorzeitige Auszahlung von Geldern aus bereits bewilligten Krediten zur Überbrückung der Liquiditätskrise. Auch die Weltbank erwägt derzeit eine Kreditvergabe an das Land in Höhe von 1,028 Mrd. Dollar (1,2 Mrd. Euro/16,2 Mrd. S). Beim IWF ist von 600 Mill. Dollar die Rede. Der Direktor des Währungsfonds, Horst Köhler, hatte am Donnerstag seine Unterstützung für neue finanzielle Hilfen zugesagt. Er machte die Unterstützung freilich von der Umsetzung der kürzlich angekündigten Wirtschaftsreformen der Türkei abhängig. Dazu zählt unter anderem der Verkauf eines Drittel-Anteils am Monopolisten Turk Telekom. An diesem Wochenende sollen zwei Delegationen des IWF in der Türkei eintreffen.
Lichtblick Tourismus
Einen Lichtblick sehen die Türken im Tourismus. Nachdem im vergangenen Jahr Terroranschläge und Erdbeben zu Einbrüchen geführt haben, war das Land als Reiseziel heuer wieder sehr beliebt. Nach Angaben des türkischen Tourismusamtes könnten heuer bis zu neun Mrd. Dollar (144 Mrd. S/10,46 Mrd. Euro) durch den Fremdenverkehr eingenommen werden. 302.000 Ã-sterreicher fuhren in diesem Sommer in die Türkei, das bedeutet im Vergleich (zum außergewöhnlich schlechten) Vorjahr ein Plus von 155 Prozent."Wir haben aber damit auch das bisherige Rekordjahr 1997 übertroffen", sagt Faruk Erol, Direktor des türkischen Fremdenverkehramtes in Wien. Er geht nicht davon aus, daß ein Urlaub in der Türkei durch die Finanzkrise für Ã-sterreicher preisgünstiger werden könnte."Noch billiger geht nicht", betont Erol im Gespräch mit der"Presse".
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Aber klar: Think positive - Always look on the bright side of life, dadap.... gelle?
Was die"kriminellen Machenschaften" angeht: Das eigentliche Verbrechen besteht darin, ein"Geld" einzuführen, das selber nichts wert ist und nur vom Vertrauen lebt. Geht das Vertrauen verloren, kommt der Finanzsektor ins Wanken und mit ihm die reale Wirtschaft.
Da Zettel"geld" ohnen großen Aufwand erzeugt werden kann, wird es erstens in der Boomphase leichtfertig ausgegeben/investiert. Dies führt zu Fehlinvestitionen und Kreditvergaben an schlechte Schuldner - alles in allem eine gigantische Fehlallokation. Zweitens läßt sich die Boomphase zeitlich durch weitere Kretitexpansion verlängern (z.B. Konjunkturpakete der Regierung), es gibt ja keine"Bremse" (z.B. Goldreserven). Dadurch wird kurzfristig eine Rezession und die damit verbundene Bereinigung der Kreditstruktur, vermieden. Der Preis dafür: noch weitaus größere Ungleichgewichte entwickeln sich. Das Spiel läuft so lange, bis das Ungleichgewicht nicht mehr zu halten ist.
Die Banken handeln in diesem Zusammenhang aus ihrer Sicht rational, sie versuchen nur ihre Zinserträge zu maximieren. Die Refinanzierung erfolgt über die Notenbank oder den Kapitalmarkt (=Sekurisation), soweit alles kein Problem. Eng wird es erst, wenn Schuldner in größerer Zahl ausfallen, der Abschreibungsbedarf stark ansteigt und das Vertrauen verloren geht, dann kommt zum Kreditcrunch. (HILFEEE Notenbank, IMF, Weltbank,.....)
Das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was passiert, wenn die US ins Trudeln kommen. Spätestens dann wird es auch für uns EUler eng - und mit dem"Hoffnunsschimmer" Tourismus für die Türkei ist dann Essig.
Schönes Wochenende
Diogenes
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