- Für die Christianisierungs-Forscher: Team-Playing zwischen Juden und Christen? - JoBar, 22.09.2004, 13:44
- @JoBar - Elli (Boardmaster)--, 22.09.2004, 16:06
- Re: Gerade die FAZ ist pingelig. - Das ist jetzt aber ausgesprochen dumm:( - JoBar, 22.09.2004, 16:11
- Re: Gerade die FAZ ist pingelig. - Das ist jetzt aber ausgesprochen dumm:( - - Elli -, 22.09.2004, 16:18
- Re: Gerade die FAZ ist pingelig. - Das ist jetzt aber ausgesprochen dumm:( - JoBar, 22.09.2004, 16:11
- Also wenn Du mich fragst - Turon, 22.09.2004, 18:26
- Re: Ich frage niemanden... - Zet, 24.09.2004, 23:32
- Re: Für die Christianisierungs-Forscher: Es ging mir nur um die hist. Aspekte - JoBar, 22.09.2004, 19:34
- Re: Re: Für die Christianisierungs-Forscher: und um die vielleicht auch?:) - JoBar, 22.09.2004, 19:37
- @JoBar - Elli (Boardmaster)--, 22.09.2004, 16:06
Re: Re: Für die Christianisierungs-Forscher: und um die vielleicht auch?:)
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Talmud, Weiser, Tora.
In der Reaktion auf die neue Situation im vierten Jahrhundert verwandelt sich der Terminus"Tora" zugleich von einer Vokabel mit eindeutigem Objektbezug zum Symbol einer umfassenden Perspektive auf die Welt und einem dieser Perspektive entsprechenden Leben."Tora" bezeichnet nicht länger nur ein Buch und dessen wie auch immer wichtigen und für die Juden konstitutiven Inhalt."Tora" wird zu einer Chiffre für alles, was das rabbinische Judentum bedeutet und was es enthält: göttliche Offenbarung und Inhalt menschlichen Tuns. Tora bezeichnet auch eine bestimmte Qualität sozialer Beziehungen, Tora steht für einen spezifischen rechtlichen Status und differenzierte juridische Normen. Alles, was Israel in seinem Leben und seiner Geschichte ausmacht und was es für wichtig hält, läßt sich nunmehr in diesem Wort zusammenfassen, das in diesem Sinne auch für eine bestimmte Art von Menschen steht, eine abgegrenzte soziale Gruppe: Diejenigen, die sich mit der Überlieferung beschäftigen.
Im Mittelpunkt des Interesses steht das Idealbild des Weisen. Womit er sich beschäftigt, das hat mit"Tora" zu tun und gilt als offensichtlich - unabhängig davon, ob er Schriftworte zitiert und sich auf Biblisches stützen kann oder nicht. Daß der Weise es ist, der ein Wort sagt, macht das Wort zu einem Wort der"Tora". Zur Charakterisierung der jüdischen Reaktion auf die nun feindlicher werdende Umwelt spricht Neusner vom rabbinischen Weisen als"inkarnierter Tora".
Nun kehrt im Talmud auch die Überzeugung von der Bedeutung des geschichtlichen Geschehens für das Volk Israel zurück. In der neuen Situation kommt es darauf an, daß sich die Juden dem Willen Gottes unterordnen, wie er in der Tora zum Ausdruck kommt. So erfüllt das Volk Israel nach dem Talmud seine Bestimmung. Es hält den Schlüssel zu seiner Erlösung selbst in der Hand, wenn es sich in sein Exilschicksal fügt und auf jede Eigenmächtigkeit verzichtet. In dieser Leidenstheologie, die im 20. Jahrhundert der säkularjüdische Zionismus überwindet, sind die Juden dazu bestimmt, jeden Versuch aufzugeben, das Schicksal in eigene Hände zu nehmen. Im jüdischen Volk kommt zur Anschauung, so scheint der Talmud zu sagen, daß Schwäche die letzte Stärke ist."Mit-sich-geschehen-Lassen" ist die letzte Selbstbestimmung, Freiheit heißt Gehorchen, Passion ist die ultimative Aktion."Die Parallele" und das historisch-theologische Gegenbild, auf das die rabbinischen Weisen antworten, so Neusner,"ist der gekreuzigte Christus".
Für den amerikanischen Forscher und seine Schüler verdankt sich das rabbinische Judentum in seiner für Teile der Orthodoxie bis heute maßgeblichen Gestalt dem Sieg des Christentums. Wenn es aber zur Wirkungsgeschichte des Christentums gehört, mag es ratsam erscheinen, bei der Beschreibung des Verhältnisses von Christentum und Judentum auf die gängige Familienmetaphorik zu verzichten.
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Der Verfasser lehrt Religionswissenschaft und Judaistik am Institutum Judaicum der Universität Tübingen.
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Zitierte Häppchen sind hoffentlich OK ;)
J
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