- Frankreich gegen Yahoo, Yahoo gegen Frankreich - Toni, 03.12.2000, 11:40
- Re: Frankreich gegen Yahoo, Yahoo gegen Frankreich - Baldur der Ketzer, 03.12.2000, 20:06
- @Baldur: Was ist denn Fortschritt?? Globalisierung? Pornographie weltweit? - Josef, 03.12.2000, 21:37
- Re: @Baldur: Was ist denn Fortschritt?? Globalisierung? Pornographie weltweit? - Baldur der Ketzer, 04.12.2000, 00:44
- @Baldur: Was ist denn Fortschritt?? Globalisierung? Pornographie weltweit? - Josef, 03.12.2000, 21:37
- Re: Frankreich gegen Yahoo, Yahoo gegen Frankreich - Baldur der Ketzer, 03.12.2000, 20:06
Re: Frankreich gegen Yahoo, Yahoo gegen Frankreich
Hallo, miteinander,
rechtssystematisch stecken in der Thematik viele grundsätzliche Streitfragen.
Ist es für einen weltweiten Anbieter zumutbar, sein Angebot für Nutzer verschiedener Herkunft individualisiert einzurichten?
Ist es ihm zumutbar, alle weltweit gültigen Gesetze zu kennen und sein Angebot danach auszurichten?
Gar nicht so einfach.
Ein einziges Land ohne Einschränkungen bei Pornographie, und schon ist es möglich, daß grausame oder abstoßende Darstellungen weltweit verbreitet werden, die besser weder am Netz wären noch jemals passiert.
Nur: was wird wo wie verstanden? Das Meinungsbild ist fließend.
Ein nackter Busen wird in den westlichen Ländern niemanden"offenden", brüskieren, höchstens einen Herrn Humer, und in der Werbung gilt"Sex sells", natürlich im Rahmen des öffentlich angemessenen.
Das aber wird in Ländern mit religiöser Vorherrschaft, insbesondere islamischen Ländern, schon ein Gesetzesverstoß sein.
Verstößt die Beate Uhse AG also gegen ein iranisches oder sudanesisches Gesetz bereits dann, wenn es ermöglicht wird, einem dortigen Internet-User den Blick auf bei uns harmloses Bildmaterial zu gewähren?
Oder erst dann, wenn Ware ins Land geschickt wird?
Oder gar nicht, da ja nur der Importeur gegen heimisches Recht verstößt?
Was ist, wenn ein Staatsbürger dieser Länder im Internet auf solche Angebote zugreift, während er sich in einem Drittland befindet?
Ist es im Gegenzug fremden Staatsbürgern auch in restriktiven Ländern zuzugestehen, sich über heimische Dinge zu informieren?
Nehmen wir die Verurteilung von Felix Somm, dem ehem. Chef von Compuserve Deutschland. Er wurde sinngemäß beschuldigt, an der Verbreitung von Kinderpornographie mitgewirkt zu haben.
In zweiter Instanz wurde das Urteil aufgehoben, auch auf Betreiben der Staatsanwaltschaft übrigens. Soweit sei ein Durchgriff nicht verantwortbar.
Auch die Post kann ja nicht verurteilt werden, weil ein Attentäter die Briefbombe mit der Post verschickt hat.
Oder die Telekom, weil ein Erpresser sich des Telefons bedient, um seine Forderungen durchzugeben.
Nehmen wir Alkoholwerbung und islamische Länder.
Gar nicht so einfach.
Ist es Providern zuzumuten, das Angebot nicht nur nach nationalen, sondern auch nach ethnischen oder religiösen Zugehörigkeiten zu differenzieren?
Jetzt geht es oben um politische Einschränkungen aufgrund der jüngeren Geschichte.
Die werden spezifisch Europa betreffen.
Ein Josef S. oder Adolf H. werden weder, so denke ich mal, in Saudi-Arabien noch in Grönland, weder in Burundi noch in Taiwan von größerem Interesse sein.
Wie ist jetzt aber einzuschätzen, daß es die großen westlichen Demokratien gerne sehen, daß Dissidenten aus Diktaturen fernab am Internet ein Forum geboten bekommen, gegen die dortigen Regierungen zu opponieren?
Nehmen wir Salman Rushdie. Ich gehe davon aus, daß seine Texte tatsächlich viele Muslime außerordentlich beleidigt haben.
Ist es also zumutbar, daß eine Frankfurter Buchmesse beispielsweise iranischen Besuchern den Zutritt auf den Stand des Rushdie-Verlegers verweigert?
Nehmen wir China. Yahoo nimmt ja offenbar Rücksicht auf die Gepflogenheiten dort.
Im Westen sind viele der Meinung, daß die chinesische Führung gegen die Menschenrechte verstößt.
Nur, die Chinesen vertreten die Ansicht, unter Menschenrechten etwas anderes verstehen zu dürfen als Texas, Palermo, Amsterdam oder Kreuzberg.
Sollen wir ihnen das absprechen?
Konflikt..............
Sich bezüglich von Dingen in innere Angelegenheiten Anderer einmischen, die man selbst für richtig hält?
Sich die Einmischung anderer in eigene Belange verbitten, wenn man sie für verfehlt hält?
Da beißt sich was.
Das Internet ist, wie es ist, und wenn man versucht, es einzuschränken, wird sich halt ein zweites, ein Usenet oder was auch immer etablieren.
Wie sagt es die Amish-bezogene Renault-Werbung?
Fortschritt ist nicht aufzuhalten.
Auch nicht durch Unterdrückung.
Selbst, wenn es dabei mitunter auch Dinge betrifft, die einem nicht gefallen.
Und ob die Ersteigerung vielleicht eines alten Käppis mit Emblem drauf den Rassismus fördern wird, na, das ist auch wieder so eine Sache, die dem dummen Baldur zu hoch ist.
Meint der Baldur und grüßt alle am Sonntagabend
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