- Eichel wird die"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erklären. - Popeye, 06.10.2004, 12:02
- Re: Eichel wird die"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erklären. - fridolin, 06.10.2004, 12:24
- Re: Eichel wird (...) / Wie Sie sehen, sehen Sie nichts! - Student, 06.10.2004, 12:43
- Re: Eichel wird die"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erklären - Popeye, 06.10.2004, 13:03
- Re: Eichel wird die"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erklären. - fridolin, 06.10.2004, 12:24
Re: Eichel wird die"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erklären
-->>Ist die Erklärung einer"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" (was immer man sich darunter nun konkret vorstellen soll) durch die Bundesregierung überhaupt verfassungsrechtlich oder sonstwie überprüfbar?
Hallo, @fridolin,
natürlich: Wenn einer mehr ausgibt als er einnimmt....
Dafür fand der Gesetzgeber dann die Sprachregelung"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" klingt bedeutend, sagt aber nur, dass der Staat weniger einnimmt als er ausgibt. Dass damit gleich das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht (was immer das sein könnte) gestört ist entspricht dem Selbstverständnis des Staates.
Gesetzlich gelten die nachstehenden Regelungen des Abschnittes X des Grundgesetzes.
Danach dürfen die Ausgaben des Staates nur um den Betrag der Investitionen höher sein als die Einnahmen. Wenn diese Summe überschritten wird ist es halt eine"Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes".
Da sich immer noch Dumme finden, die dem Staat Geld leihen wird's wohl außer dieser Erklärung keine unmittelbaren Folgen haben...
Einschlägige Texte:
X. Das Finanzwesen
Artikel 109
[Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern]
(1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig.
(2) Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.
(3) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestellt werden.
(4) Zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts können durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Vorschriften über
1. Höchstbeträge, Bedingungen und Zeitfolge der Aufnahme von Krediten durch Gebietskörperschaften und Zweckverbände und
2. eine Verpflichtung von Bund und Ländern, unverzinsliche Guthaben bei der Deutschen Bundesbank zu unterhalten (Konjunkturausgleichsrücklagen),
erlassen werden. Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen können nur der Bundesregierung erteilt werden. Die Rechtsverordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Sie sind aufzuheben, soweit der Bundestag es verlangt; das Nähere bestimmt das Bundesgesetz.
Quelle
Artikel 115
[Kreditaufnahme, Grenzen]
(1) Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, bedürfen einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz. Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.
(2) Für Sondervermögen des Bundes können durch Bundesgesetz Ausnahmen von Absatz 1 zugelassen werden.
Quelle
Bundesverfassungsgericht vom 18.04.89 - 2 BvF 1/82 (BVerfGE 79, 311) Kreditobergrenzen gem. Art. 115 I GG
1. Die Bindung aus Art 109 Abs 2 GG erstreckt sich auch auf die Kreditaufnahme nach Art 115 Abs 1 Satz 2 GG. Des zweiten Halbsatzes dieser Vorschrift bedarf es, damit den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts auch in einer Störungslage genügt werden kann.
2. Der Investitionsbegriff des Art 115 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 GG kann jedenfalls nicht weiter verstanden werden als in der bisherigen Staatspraxis, die"Baumaßnahmen" und"Sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsmaßnahmen" gemäß den Nummern 7 und 8 des Gruppierungsplans nach § 13 Abs 3 Nr 2 BHO als Investitionen ansieht.
3. Die Inanspruchnahme des Art 115 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 GG ist erst dann gerechtfertigt, wenn das - stets labile - gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ernsthaft und nachhaltig gestört ist oder eine solche Störung unmittelbar droht.
4. Die nach Art 115 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 GG erhöhte Kreditaufnahme muß nach Umfang und Verwendung bestimmt und geeignet sein, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren; hierzu müssen die Ursachen der Störung mit in Betracht gezogen werden. Weitere einschränkende Voraussetzungen, insbesondere eine Bindung der Kreditfinanzierung konsumtiver Ausgaben an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, ergeben sich weder aus Art 115 Abs 1 Satz 2 GG noch aus anderen Bestimmungen der Verfassung.
5. Bei der Beurteilung, ob eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt oder unmittelbar droht, und bei der Einschätzung, ob eine erhöhte Kreditaufnahme zu ihrer Abwehr geeignet ist, steht dem Haushaltsgesetzgeber ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu. Nimmt er die Befugnis des Art 115 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 GG in Anspruch, so trifft ihn im Gesetzgebungsverfahren eine Darlegungslast für die Erfüllung der Voraussetzungen dieser Vorschrift.
Quelle

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