- Wie kommen arabische SilbermĂĽnzen auf die Lofoten? - dottore, 06.10.2004, 17:41
- Re: Wie kommen arabische SilbermĂĽnzen auf die Lofoten? / drin (Sammlung) (o.Text) - - Elli -, 06.10.2004, 17:51
- Re: Wie kommen arabische SilbermĂĽnzen auf die Lofoten? - CRASH_GURU, 06.10.2004, 18:36
- Re: Ananas-Plantagen ebenda? - dottore, 06.10.2004, 18:52
- Mann! LaĂź doch mal die Katze aus dem Sack! - LeCoquinus, 06.10.2004, 19:59
- Re: Wie kommen arabische SilbermĂĽnzen auf die Lofoten? - bernor, 06.10.2004, 21:50
- Re: Wie kommen arabische SilbermĂĽnzen auf die Lofoten? - ITOma, 06.10.2004, 22:26
- Wie kommen früh-griechische Münzen ins prä-kolumbianische Amerika? (*) - Popeye, 07.10.2004, 12:51
- Re: Erst Krieg & Raub - d a n a c h der Handel! - dottore, 08.10.2004, 13:43
- Das plötzliche Ende - Zandow, 08.10.2004, 17:29
- Re: Christus 1053? - dottore, 08.10.2004, 20:20
- Einfach grandios was unser dottore da ausgräbt;-)) - Euklid, 08.10.2004, 21:03
- Re: plötzliches Ende - und jahrtausende spätere Wiederentdeckung ;) - JoBar, 08.10.2004, 21:07
- Re: Eins noch - JoBar, 08.10.2004, 21:44
- Re: Christus 1053? - dottore, 08.10.2004, 20:20
- Das plötzliche Ende - Zandow, 08.10.2004, 17:29
- Re: Erst Krieg & Raub - d a n a c h der Handel! - dottore, 08.10.2004, 13:43
Re: Erst Krieg & Raub - d a n a c h der Handel!
-->Hi Popeye,
besten Dank zunächst. Da mir der Aufsatz Epsein (unten) nicht zugänglich ist, wäre ich um Mitteilung verbunden, um welche"früh-griechischen Münzen" essich im prä-kolumbianischen Amerika gehandelt haben soll.
Wir hatten vor kurzem diesen Text betr. MĂĽnzen diskutiert. Auszug:
"Further, Fell and others have found scores of ancient coins throughout the New England area. He said, 'After the 4th century B.C. our visitors began to leave behind infallible date markers: those enduring metal discs called coins.' The coins were inscribed with letters indicating they were issued to be used as pay for mercenary Greek and Iberian soldiers in the Carthaginian army.9
Ballinger notes that Carthaginian coins have been found in 11 states in 50 separate sites. Some of these coins are today worth thousands of dollars each, making it unlikely they were 'dropped' by collectors."
Dazu wurden aber nicht karthagische Münzen abgebildet, sondern (etwas runterscrollen) Folles der Konstantinischen Ära, die keineswegs Tausende von Dollar wert sind, sondern bestenfalls 5 Euro in Grabbelkisten.
Wie steht es also wirklich um die Fundlage? Dass die Karthager weit westlich zu Gange waren, wissen wir aus der berühmten Herodotstelle (IV, 196). Dort reisen die Karthager aber nicht mit Münzen los (über die"Säulen des Kerkules" - Gibraltar? - hinaus), sondern mit Waren, um Gold zu ertauschen. Karthagische oder frühgriechische Münzen in Amerika und dort vorkolumbianisch deponiert, wären eine numismatische Weltsensation, die man doch genauer prüfen müsste.
>Niemand weiĂź es genau. Der deutenden Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
>Münz- und Hortfunde beweisen stets zumindesten zweierlei. Die Münze kann nicht vor ihrem Prägedatum dorthin gekommen sein wo sie gefunden wurde, und - falls Teil eines Hortes - jemand hat Wertgegenstände vor dem Zugriff unbefugter Dritter verbergen wollen.
Zum Ersten lässt sich sagen: Die Dirhem sind AH-datiert (nach der Hedschra, angeblich 622). Wenn wir den arabischen Raum abschreiten, so finden wir diverse Ungereimtheiten.
1. Die Araber in Spanien (Quelle: der Standard-Corpus von Vives y Escuderos) beginnen zunächst mit Indiktions-Daten zu prägen, setzen also die alte byzantinische"Steuer-Zyklus-Zählung" fort (ausführliches Material in DOC, Byzantine Coins). Die älteste Münze wird auf AH 93"umgerechnet". Die eigentlichen Alandalus-Gepräge beginnen mit AH 102 (= AD 724, also mitten in der"dunklen Zeit"). Warum man über 100 Jahre wartet, um sich auf die Hedschra zu"besinnen", bleibt rätselhaft.
2. Die angeblich älteste Münze (Vives No. 20) mit religiösem Text wird nichts eigens datiert, sondern erscheint quasi aus heiterem Himmel zwischen AH 106 und AH 104. Text selbst ist Sure 112:
"1. Er ist Allah, der Einzige;
2. Allah, der Unabhängige und von allen Angeflehte.
3. Er zeugt nicht und ward nicht gezeugt;
4. Und keiner ist Ihm gleich."
3. Insgesamt kommt Vives nur auf 74 Prägungen mit"religiösem" Bezug und dies bei ca. 2250 Münzen insgesamt. Eine (späte) Prägung Toledo - angeblich im Namen Alfons VIII. (1145-1214 AD) enthält sogar eine Stelle aus dem Evangelium Markus (No. 2019). Auch die bleibt undatiert (die nächste wird mit"1212?" datiert). Fast die gesamte Serie der Münzen zeigt auch ein Kreuz (!) und endet mit Datierung"1255"! Und das in der Hoch-Zeit der Kreuzzüge. Die Schrift ist arabisch.
4. Gehen wir an andere Ende, in den Osten (ich folge hier Gaube Arabosasanidische Numismatik) wird es noch wirrer. Dort beginnen die Araber die Sasaniden-Münzen in herkömmlicher Form und bisherigem Standard mit arabischer Umschrift (das Sasanidenreich unterlag, geschwächt durch Kämpfe mit Byzanz, ca. 650 AD den anstürmenden Arabern) zu prägen. Große Überraschung:Als Prägejahre werden nicht etwa AH-Datierungen genommen, sondern nach der Yazgard-Ära datiert (Yazgard, auch Yazdgird III. startete seine Regierung 631/2 und endete 651) und zwar sowohl nach dem Regierungsantritt (Y-Ära), als auch nach seinem Ende ("Post-Yazgard-Ära"). Das reicht bis 150 bzw. 170 (entsprechend AH 185 und AD 801). Gaube dazu:""Die Frage, warum von der Hedschra-Zählung abweichende Datierungen verwendet wurden, kann nicht klar beantwortet werden."
Also sich erst nach fast 200 Jahren an das mohammedanische Zentraldatum der Hedschra"zu erinnern" erscheint aus Chronologie-Aspekte doch etwas mürbe. Ob da nicht etwas retrospektiv konstruiert wurde? Parallelen zur AD-Datierung liegen auf der Hand. Die angeblich älteste AD-Datierung auf Münzen soll ein dänisches Stück mit der schönen Zahl"1234" sein. Die Schweizer Plappert-Datierungen sind noch ca. 100 Jahre später.
Das mit dem Prägedatum, sofern es sich um AH- oder AD-Datierungen handelt, erscheint mir doch zu windig, um für verlässliche Hortfunde-Datierungen dienen zu können. Und dass die Schriftquellen Chronologien aus dem Blauen heraus fabulieren, ist nur allzu bekannt.
Das Zweite (Schutz) versteht sich von selbst, erklärt aber auch nicht, warum es zunächst zur oberirdischen Präsenz der Werte gekommen ist. Schätze sollten sich kaum allzuweit entfernt vom Schatzhalter verborgen haben. Wer segelt schon gern Hunderte von Meilen zu seiner"Bank" auf den Lofoten?
>Die meisten anderen Interpretationen sind spekulativ: Ob Tauschhandel, Kriegsbeute oder Söldnerlohn - nur durch äußerst glückliche Fundumstände lässt sich genau bestimmen was die Quelle des Reichtums (Hortes) war.
Da geben die Fundumstände mehr her als man ahnt. Die meisten Horte lagen - falls nicht"am Mann" (Hof, Haus) - abseits der"üblichen" Handelsrouten, so dass sie wenig"kaufmännische" Bezüge haben. Klassiker ist für mich immer noch der Asyut-Hort (ca. 900 griechische Gepräge), tief im absolut münzfreien Oberägypten.
>Gab es Vikinger-Söldner? Jawoll, hier z.B sind einige der streitbaren Kämpfer abgebildet -
><center>[img][/img] </center>
>die berühmt-berüchtigte Varäger-Garde am Hof von Byzanz. (Das Bild stammt aus der Chronik Synopsis Historion von <a href="http://www.byzantine-ahrb-centre.ac.uk/Projects/Skylitzes.htm">John Skylitzes</a>.)
Eine superbe Abbildung, Danke!
Was mir nach wie vor fehlt, sind handfeste Belege für Vikinger-"Händler". Es ist auch nicht einzusehen, warum jemand mühsam Waren bewegen sollte, um damit andere Waren zu tauschen, wenn eine gute Waffenausrüstung genügt, um an die begehrten Güter zu kommen. Was man"unterwegs" so braucht, wird requiriert - und fertig.
>Der Begriff ‚Varäger’ soll skandinavischen Ursprungs sein und Teilhaber eines eidlichen Bundes skandinavischer Händler/Plünderer bezeichnen, die sich wechselseitige Unterstützung und Teilung des Gewinns/Beute geschworen hatten.
Wozu"handeln", wenn man plündern kann? Die"Handels-Theorie" der Warenbewegungen als zeitlich der"Plünderungs-Theorie" vorangehend, ist offenbar nicht auszurotten. Wer ist so blöd, Güter zu tauschen oder zu kaufen, wenn er sie sich einfach nehmen kann?
Erst wenn man sich im eroberten Gelände sesshaft gemacht und nun dort seinerseits Machterhaltungsprobleme am Hals hat, muss er für das, was er außerdem bzw. von außerhalb, also einem anderen Machtbereich, den man gerade nicht"anfassen" will (das Risiko beschreibt das Kroisos-Schicksal bestens), muss man mit Emissären arbeiten und just so - als"royal agent" - ist der früheste mesopotamische"Handel" entstanden, in Form der tamkarum bzw. DAM.GAR (sumerisch).
Ăśber diese Art"Austausch-BemĂĽhungen" haben wir noch in den Amarna-Briefen 14. Jh. BC, z.B. EA 9 ("schick' mehr Gold!")
>Tatsache ist, dass der russische Fürst Vladimir von Kiew 987 n. Chr. als militärische Unterstützung ca. 6000 Mann Richtung Byzanz zu dem ziemlich rabiaten Basil II schickte (<a href="http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/7/74/BasilII.jpg"> hier zu schauen</a>) mit deren Hilfe Basil II zunächst eine Steuerrebellion seiner Landbesitzer niederrang. Im Austausch verlangte der russische Fürst Vladimir die Schwester Basils (Anna) zur Frau.
>Aus diesen Hilfstruppen rekrutierte sich später die Elitetruppe der Varäger Garde. Diese gehörte zu den bestbezahlten Truppen der damaligen Zeit und die Mitgliedschaft in der Garde musste erkauft werden.
>Die Varäger Garde war etwa 200 Jahre existent und es ist anzunehmen dass viele der ausgedienten Krieger als reiche Männer in die Heimat zurückkamen. Dies dürfte einen vielleicht großen Teil der Horde mit arabischem Einschlag erklären.
Nochmals Gotland: Im Corpus Nummorum, Teil Gotland, finden wir z.B. im Hort Stora Sojdeby (gefunden 1910) 2310 Münzen, alles schön in einer hölzernen Box. Gewicht ca. 3 Kilo. Darunter alles, was das Herz begehrt: 80 Islam, 6 Byzanz, 1365 Deutsche, 737 Englische, 92 Skandinavische, 13 Irische, die frühesten von 786 (Islam, geht bis 1004/5 durch), die spätesten 1099, die 919 starten. Der Hort lag mitten auf der Insel (Distrikt Fole). Die Jungs waren also ununterbrochen im Ausland zugange. Vermutlich sind sie dann nach England abgedampft (Eroberung 1066) und dort verblieben oder verschollen. Oder die gotländische Verwandtschaft starb halt aus.
Und das sollen Händler gewesen sein? Notabene: ca. 15 km von der Küste entfernt...
>Ist dies eine Erklärung für alle Hortfunde oder gar eine Erklärung dafür, dass im Mittelalter (oder davor) kein (Fern-)Handel stattfand. Sicher nicht. (Siehe z. B. den Beitrag von Susan E. Kruse). Hat @dottore aber auch nicht explizit behauptet!
Der Handel folgt dem Krieger/Räuber/Plünderer und nicht umgekehrt!
Visby, Handelsprivileg durch Heinrich dem Löwen 1161, belegt das aufs Feinste. Die Lübecker (Stadtgründung 1141) usw. haben aus Gotland doch nicht Stockfisch abholen wollen, sondern das dort längst en masse vorhandene (und bekannte) Silber. Die letzten datierbaren Gotland-Schätze datieren aus dem 11. Jh. - und das liegt nun mal vor dem 12. Jh.
Herzlichen Dank fĂĽr Literatur und Links.
Und schönsten Gruß!

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