- RWE - Steuerquote und Subventionen - marsch, 15.10.2004, 12:05
- Re: RWE - Steuerquote und Subventionen - dottore, 15.10.2004, 15:49
- Re: RWE - Steuerquote und Subventionen - marsch, 15.10.2004, 17:02
- Re: RWE - Steuerquote und Subventionen - dottore, 15.10.2004, 15:49
Re: RWE - Steuerquote und Subventionen
-->Hi MARSCH,
schwierige Materie, in der Tat.
Der Grund des Überls liegt darin, dass die Firmen zwei Bilanzen aufstellen müssen, die Handelsbilanz (veröffentlicht) und die Steuerbilanz (fürs FA).
Da die Steuern wiederum (tatsächliche und latente) in die Habi genommen werden müssen (und letztlich überhaupt Auskunft darüber geben, wie es um ein Unternehmen steht, denn wenn es keine (Ertrag)steuern bezahlt, hat es auch kaum einen Gewinn gemacht) und das Habi-Ergebnis (das letztlich zur Gewinn- und Dividendenermittlung dienen, denn eine Habi ohne Steuern würde ja bedeuten, dass der zur Verfügung stehende Gewinn zu hoch angesetzt wäre), geht es an dieser Schnittstelle durcheinander.
Der Gewinn in der Habi kann ganz anders ermittelt werden, indem man z.B. seine Wertansätze (Abschreibungen usw.) wählt, wie man (in etwa) lustig ist, und insofern ganz anders als in der Steubi, bei der es klare Vorschriften zur Wertermittlung gibt, z.B. was über welchen Zeitraum abgeschrieben werden darf. (Tabellen dazu gibt das BFM heraus, kann aber nicht alles Mögliche enthalten).
RWE rechnet nur grundsätzlich mit einem Steuersatz von 39,28 % (25 KöSt, 5,5 Soli plus durchschnittliche Gewerbesteuer, da man verschiedene Standorte mit entsprechend verschiedenen Sätzen hat).
Beziehen wir jetzt die tatsächlich bezahlten Steuern (731) auf der Ergebnis, kommen wir auf 34,4 %. Klartext: RWE liegt ziemlich nahe am obersten Limit (eben 39,28). Es gibt ja viele Konzerne, die erheblich niedrigere Steuersätze haben (kann ja auch null sein).
Warum werden nun aus den 34,4 die 56 %? Dies liegt an der Einrechnung der latenten Steuern (456). 731 plus 456 = 1187, was bezogen auf die 2123 die besagten 56 (55,91) ausmacht.
Nun müssen nach den neuen Accounting-Standards auch latente Steuern in die Bilanz. Aktiv ist selten, da dies ein Rückzahlungsanspruch gegen das FA wäre. Der ist schon deshalb selten, weil Verlustvorträge nach HGB nicht darunter fallen dürfen (die Firma kann ja in späteren Jahren das wieder aufholen und würde dem FA gegenüber aktiv steuerpflichtig, was entweder zu tatsächlichen oder latenten Steuern führt). Die Norm sind also passive latente Steuern.
Latente Steuern wiederum entstehen aus unterschiedlichen Wertansätzen in der Habi, die"latent", also noch nicht effektiv sein, da die Wertansätze mit den Betriebsprüfern des FA, die ja ununterbrochen in solchen Großkonzernen zugange sind, noch nicht abschließend geklärt wurden. Gerade bei komplizierten Produktionen bzw. Investitionen wie bei einem Klopper wie RWE ziehen sich solche"Bewertungen" oft über Jahre hin.
Das Unternehmen muss dem"worst case" aber Rechnung tragen und ergo die zwar noch latenten, aber eines Tages dann tatsächlich anfallenden Steuern passivieren, also als Verpflichtung dem FA gegenüber ausweisen, was - siehe oben - wiederum das verfügbare Ergebnis schmälert. Entfielen die latenten Steuern, würde sich die Passivseite dergestalt verändern, dass dieser Posten"frei" würde (ausgebucht) und voll dem (anderen) Passivposten"Gewinn" zugeschlagen werden könnte.
Latente Steuern zu passivieren, hat durchaus Vorteile. Liquidität bleibt zunächst im Unternehmen. Denn ob und was und wie viel das FA bekommt (dann ist die Liqui weg), wird offen gehalten. Man kann auch sagen, das Unternehmen"finanziert" sich damit (wie mit allem, was passiv erscheint). Und ob und wie dann der Gewinn ermittelt (und ausgeschüttet wird - Liqui ebenfalls weg), lässt sich dann schon deichseln.
Wer sich also möglichst hohe latente Steuern passiv"leisten" kann (und dazu muss er nur mit entsprechenden Wertansätzen operieren), steht besser da als jemand ohne. Das Ganze als"Steuerlast" o.ä. zu bezeichnen und mit dem laufenden Ergebnis zu"vergleichen" (56 % - wie unkeusch!) ist natürlich Augenwischerei. Über die Zeit kann die Steuerlast auch bei RWE niemals höher sein als die dort ermittelten 39,28 %. Ein Verschiebebahnhof also.
Die andere Position (Hausanschlusskosten usw.) ist ebenfalls ein Passivum, wie schon festgestellt, und mindert in gleicher Weise den aktuell verfügbaren Gewinn. Es sind sozusagen"offene" (daher rechnungsabgrenzende, weil zum Bilanzstichpunkt noch nicht erledigt, aber passiv zu verbuchende) Positionen.
Dass RWE gegenüber FA/Staat etwa nicht Nettozahler ist, kann ich der Bilanz nicht entnehmen.
Vielleicht jetzt etwas klarer?
Gruß!

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