- Im Würgegriff der Schulden - TheRaven, 11.11.2004, 18:10
- Emil, der Kiesfahrer, versteht das alles nicht und braucht eine Antwort - prinz_eisenherz, 11.11.2004, 22:44
- Konsequentes Nachdenken und Handeln kann unerträglich sein - chiron, 11.11.2004, 23:53
- Die Erhaltung des Status der USA als Hypermacht: Ich versuchs mal - Sorrento, 12.11.2004, 00:10
- Keine Trümpfe, Expansionszwang - gwg, 12.11.2004, 01:44
- An alle, erst einmal Danke für die Mühe; das muss Emil erst einmal verdauen:)) (o.Text) - prinz_eisenherz, 12.11.2004, 08:03
- Re: Emil, der Kiesfahrer, versteht das alles nicht und braucht eine Antwort - le chat, 12.11.2004, 08:45
- Schulden sind nicht das Problem, - crosswind, 12.11.2004, 21:38
- Darf ich um eine Antwort bitten? - Zandow, 12.11.2004, 14:35
- Re: Darf ich um eine Antwort bitten? - R.Deutsch, 12.11.2004, 14:50
- Re: Darf ich um eine Antwort bitten? - dottore, 12.11.2004, 17:40
- Re: Darf ich um eine Antwort bitten? - R.Deutsch, 12.11.2004, 19:02
- Kleiner Zwischenwurf - Burning_Heart, 12.11.2004, 23:47
- Re: Darf ich um eine Antwort bitten? - R.Deutsch, 12.11.2004, 19:02
- Re: Darf ich um eine Antwort bitten? - dottore, 12.11.2004, 17:40
- Re: Darf ich um eine Antwort bitten? - R.Deutsch, 12.11.2004, 14:50
- Emil, der Kiesfahrer, versteht das alles nicht und braucht eine Antwort - prinz_eisenherz, 11.11.2004, 22:44
Keine Trümpfe, Expansionszwang
-->>Wenn ich jedoch annähernd auf der Spur bin, möchte ich von den Experten bitte die Frage beantwortet haben, welche Trümpfe, in der Hand der USA, zu guter letzt stechen werden?
Hallo,
bin zwar kein Experte, habe aber eine Meinung.
Eine Erklärung bietet vermutlich die Eigendynamik des kapitalistischen Systems: Expansion oder Untergang. Die Herrschaften müssen sich entschulden, solange sie militärisch noch relativ stark sind. Volles Risiko, auch ohne Trümpfe im Ärmel, sonst geht die Runde an die Konkurrenz. Damals Deutschland, heute China? (siehe Zitat)
Ich füge ein Zitat an aus: Gustav Ruhland, System der politischen Oekonomie, Band 3, Seite 296 ff.; 1908
4. Das Friedensproblem
Die Friedensbewegung unserer Tage hat es zuwege gebracht, dass im Haag wiederholt Friedenskonferenzen der Staaten abgehalten wurden, zu welchen der russische Kaiser eingeladen. Es kamen Beschlüsse zustande über den Begriff kriegsgerechter Waffen, über die Begrenzung von Krieg und Frieden durch die Kriegserklärung, über die Sicherheit des Privateigentums im Kriege usw. Im weiteren zielten diese Besprechungen der staatlichen Delegierten sogar auf staatliche Schiedsgerichtsverträge und Abrüstungsverträge! Vom entwickelungsgeschichtlichen Standpunkt betrachtet, ist durch all das ausserordentlich viel erreicht worden. Wer hätte vor wenigen Jahren noch solche Konferenzen staatlicher Delegierter für möglich gehalten! Gegenüber der gewaltigen Grösse des Friedensproblems und gegenüber der unbestreitbaren Tatsache, dass mit der fortschreitenden Intensität des Weltverkehrs die Zahl der kriegerischen Konflikte unter den gegebenen Verhältnissen wachsen muss, bedeuten die Haager Beschlüsse freilich herzlich wenig. Man kann es deshalb begreifen, dass ein Münchener Witzblatt die Resultate der letzten Haager Abrüstungsreden in der Bemerkung zusammenfasste: „Wonderfull, John! Deine Seifenblase ist die grösste!“ Selbst die Schiedsgerichtsverträge, welche eine Reihe von Staaten gegenseitig abgeschlossen haben, behalten für die Fälle vitaler Interessen oder der Ehrenkränkung die Entscheidung des Streitfalles durch die Waffen vor. Alle Kolonialkriege und die Bürgerkriege verschiedenster Art bleiben von den internationalen Abmachungen der Staaten selbstverständlich ausgeschlossen. Also scheint der Krieg mit seinen Vorbereitungen auch nach dem offiziellen Friedensprogramm eine dauernde Einrichtung zu sein.
Offenbar ist auch der Krieg kein „Ding an sich“. Wir haben in einem vorausgehenden Abschnitt den Krieg bezeichnet als das akute Stadium einer Reihe von Erscheinungen, welche mit einander im engsten Kausalzusammenhange stehen und im Ganzen sich stets auf einen längeren Zeitraum erstrecken. Wer den Krieg in der Entwickelung der Jahrtausende tiefer erfasst, wird zu dem Schlusse kommen: Auch das Friedensproblem ist ein wirtschaftliches Problem. Schon Plato hat seine historischen Kenntnisse auf diesem Gebiete in den Satz zusammengefasst: „Entstehen uns doch alle Kriege um des Geldes Besitz!“ Wir glauben aus der neueren Geschichte der Kriege in einem früheren Abschnitt nachgewiesen zu haben: „Der Krieg ist eine Art des wirtschaftlichen Erwerbs und zwar in der Regel eine Erwerbsart der Reichen“. Selbst die seltenen Ausnahmen der sogenannten Entwickelungskriege stehen mit dem wirtschaftlichen Erwerbsleben des Volkes im engsten Zusammenhange.
Der heute herrschende Kapitalismus in der Gesellschaft bedeutet ewigen Krieg. Jeder echte Kapitalist strebt, wie einst Cäsar, nach der Weltherrschaft. Das liegt begrifflich schon in der Unersättlichkeit seiner Habgier. Aus der stetig wachsenden Zahl der Welteroberer ergibt sich eine quadratisch wachsende Zahl wirtschaftlicher Konflikte, zunächst schon innerhalb der Familie, wo sich die Geschwister und Verwandten schamlos gegenseitig übervorteilen, dann innerhalb der Gemeinde, wo der Nachbar den Nachbarn um sein Vermögen bringt, dann innerhalb der Provinz und innerhalb des Staates in den tausend Formen des unlauteren Wettbewerbs, der Verleumdung, der Spekulation aller Art, bis zu den Streiks der Lohnarbeiter, dem vergifteten Kampfe der politischen Parteien und dem immer kostspieligeren Ringen der Staatsgewalt mit der rasch wachsenden Zahl von Verbrechern aller Art. Das alles trägt den verruchten Stempel der Friedlosigkeit und muss nach und nach aus dem Stadium des latenten Bürgerkrieges zum offenen Bruderkriege ausarten. Wo die kapitalistischen Welteroberer im Auslande neue Millionen zu gewinnen trachten, wissen sie in der Regel sehr geschickt ihre Erwerbssucht mit der Ehre und dem Ansehen der Nation, der sie angehören, zu verflechten. Deshalb werden hier so leicht wirtschaftliche Konflikte mit den Welteroberern anderer Nationalitäten oder Konflikte mit den Opfern ihrer Ausbeutung zu staatlichen kriegerischen Konflikten. Aber es wäre irrig, die eigentliche Ursache der Kriege nur im Auslande zu suchen. Die Geschichte erzählt von einer langen Reihe von Kriegen, die dadurch entstanden sind, dass man die öffentliche Aufmerksamkeit von den wirtschaftlichen Konflikten im eigenen Lande ablenken musste oder doch wollte.
Die Kriege sind Lösungsversuche wirtschaftlicher Fragen in kapitalistischem Sinne. Namentlich die griechische Geschichte ist angefüllt mit blutigen Kämpfen um neue Märkte und neue Absatzwege für Handel und Industrie. Alle Schlachten der niedergehenden römischen Republik wurden geschlagen auf Befehl kapitalistischer Welteroberer. Die blutigen Kolonialkriege des XVI. und XVII. Jahrhunderts sind naturgemäss aus dem Seeraub hervorgewachsen. Das Wesen unserer modernen Kolonialkriege wurde an anderer Stelle bereits dargelegt. Plato hat also immer noch Recht: „Es entstehen uns fast alle Kriege um des Geldes Besitz“!
Schauen wir in die Zukunft, so drohen vor allem die grossen Entscheidungsschlachten zwischen den führenden Welthandelsstaaten Deutschland und England auf der einen Seite, Nord-Amerika und Japan auf der anderen Seite des Meeres, denen aber auch Kriege zwischen Deutschland und Nord-Amerika, zwischen England und Japan zugerechnet werden müssen. Der nordamerikanische Schatzsekretär Shaw hat deshalb in einer Rede an die Harvardstudenten ganz zutreffend gesagt: „Das neue Jahrhundert wird Zeuge sein eines erbitterten und riesenhaften internationalen Handelskrieges zwischen England, Frankreich, Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika um die Märkte der Welt. Gebe Gott, dass der Krieg unblutig bleibe. Aber er wird genau so heftig und unerbittlich geführt werden, wie nur irgend ein Krieg in früheren Zeiten“. Vorübergehende Bündnisse und Freundschaften ändern wenig an diesen Notwendigkeiten. Korinth war dauernd mit Athen befreundet, so lange noch gemeinsame dritte Konkurrenten zu vernichten waren, um dann erst den grossen Entscheidungskrieg über die Frage, ob Korinth oder Athen die Weltherrschaft haben solle? zu beginnen. Venedig und Genua waren immer einig in den Kriegen gegen gemeinsame Mitbewerber und doch blieb ihnen schliesslich der Kampf auf Leben und Tod um die Weltherrschaft nicht erspart. Der Reichtum von Portugal, Spanien und Frankreich hat sich der Reihe nach in Kämpfen um die Weltherrschaft verblutet. Sollte diese Entwickelung heute zu Ende sein, wenn der Geist des kapitalistischen Erwerbs, der all diese Kriege im Grunde geleitet hat, mehr denn je dominiert?
Die entscheidende Frage der Friedensbewegung lautet: Wird es gelingen, den heute herrschenden Kapitalismus aus der Gesellschaft zu beseitigen? Dann mag der Friede mit der Politik der offenen Türe zwischen den Staaten und Völkern herrschen; denn der Friede ist in diesem Falle von dem Einzelnen ausgehend, in der Familie, Gemeinde und Provinz, von unten auf sicher fundiert. Bleibt aber das kapitalistische Erwerbssystem herrschend, dann müssen die Zeiten der ewigen Kriege fortdauern trotz aller Friedenskonferenzen.

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