- Das technische System der Römer (bernor gewidmet) - Euklid, 12.11.2004, 11:51
- Haben die Denkknechte der Römer zuwenig Innovationen ausgepuckt? - sensortimecom, 12.11.2004, 15:59
- Re: Haben die Denkknechte der Römer zuwenig Innovationen ausgepuckt? - Euklid, 12.11.2004, 17:28
- Re: Haben die Denkknechte der Römer zuwenig Innovationen ausgepuckt? - bernor, 12.11.2004, 20:22
- Re: Haben die Denkknechte der Römer zuwenig Innovationen ausgepuckt? - Euklid, 12.11.2004, 17:28
- Haben die Denkknechte der Römer zuwenig Innovationen ausgepuckt? - sensortimecom, 12.11.2004, 15:59
Re: Haben die Denkknechte der Römer zuwenig Innovationen ausgepuckt?
-->Hi Euklid,
erstmal ein Dankeschön für die Widmung und den interessanten Text, vor allem im zweiten Posting .
Zur Frage nach der Ursache des römischen Verfalls möchte ich noch einmal auf die Sklaven (deren Arbeit es ja ihren Herren ermöglichte,"dekadent" = arbeits- und denkfaul zu sein) zurückkommen:
Wir haben in der überlieferten Geschichte bisher drei"Zivilisationen":
1) in Mesopotamien (im 1. Jahrt. v.Chr.)
2) im Mittelmeergebiet (Griechenland / Rom, ca. 600 v.Chr. - 400 n.Chr.)
3) und die"Moderne" (Europa > Amerika > globalisierte Welt, seit ca. 1800).
Und da gibt es fundamentale Unterschiede:
Die ersten beiden verfügten über Sklaven und ein relativ primitives technisches Niveau - also ohne das, was wir heute, zumindest die noch nicht RTL&SAT1-Versifften unter uns, unter"Hochkultur" und"Zivilisation" verstehen, einschließlich allgemeiner"Freiheits- und Bürgerrechte" und"Wachstums-/Entwicklungsperspektiven" (siehe auch den"faustischen" Menschen Goethes).
Warum also hat sich die heutige, ursprüngliche europäische Zivilisation so anders, eben ohne Sklaven (den Marxismus-Müll über die"ausgebeutete Arbeiterklasse" lassen wir hier mal außen vor) entwickelt?
Sind wir einfacher edler, humaner?
Nö, siehe Weltkriege, KZ's, Aushungern nach 1918 bzw. 1945 u.a.
Oder haben wir die Technik einfach besser drauf, waren die anderen zu doof dazu?
Auch nö - siehe die"Glühbirnen" in Mesopotamien und das Zahnradgetriebe aus griechisch-römischer Zeit (ein solches Exemplar, für astronomische Berechnungen, wurde aus einem antiken Schiffswrack im Mittelmeer geborgen).
Die Alten standen demnach auf der ersten Treppe des technologischen Fortschritts oder wenigstens auf der Fußmatte davor - daran lag's also nicht.
Warum hat's dann nicht"gefunkt"? Oder anders herum: Warum hat das europäische"Experiment" geklappt, bisher jedenfalls?
Meine Antwort:
Reine Machtverhältnisse gaben letztendlich den Ausschlag für die unterschiedliche Entwicklung der"Zivilisationen" - beide den ersten beiden waren von Anfang an Mächte zugange, die durch keine"balance of power" in Schach gehalten und dadurch davon abgehalten wurden, sich durch Eroberungen massenhaft Sklaven zu besorgen - und schließlich zu"Imperien" entarteten (vor allem Griechen und Römer waren Beutemacher und Tributerzwinger par exellence).
Im Europa des späten 18. Jh. hingegen war keine Macht in der Lage, die anderen zu beherrschen - auch das"revolutionäre" / napoleonische Frankreich scheiterte.
Und zwar an England, welches auch nie diese Chance hatte - und sich daher entschloß, nach außerhalb, in"Übersee" (Kolonien) zu expandieren.
Und damit ihnen da niemand in die Quere kam, entsannen weitsichtige englische Politiker die"balance of power", d.h. der Kontinent mußte mit sich selbst beschäftigt werden: England unterstützte stets die Schwächeren.
Daß England bzw."Groß-Britannien" im Laufe der Zeit selbst zu einem weltweit operierenden Imperium wurde, hat die weitere"Zivilisierung" Europas nicht gestört - schließlich hatte England trotz allem Vorsprung doch kein Monopol auf Kolonien, mit deren Hilfe auch die übrigen Europäer, zumindest jene, die schon länger"dabei" waren, in jener Zeit zusätzliches"Mehrprodukt" generieren konnten - ganz im Gegensatz zu den Babyloniern & Co., die im geschlossenen Mesopotamien / Mittelmeerbecken"verendeten").
So gesehen, verdanken wir unsere historisch"abnormale" Existenz, eben ohne Sklaven, der machtpolitisch relativ ausgeglichenen europäischen"Gemengelage" des Mittelalters und der frühen Neuzeit - einschließlich des Umstands, daß der heutige große Raubvogel damals noch ein Küken war, welches gerade dabei war, flügge zu werden und mit Lateinamerika und dem Pazifik vorerst ein separates Jagdrevier hatte.
Dumm nur, daß dieses Tier nie erlegt wurde - somit haben auch wir heute ein"Imperium" und, da auch die von ihm forcierte"Globalisierung" zu einem 'geschlossenen Mittelmeerbecken' führt, gute Aussichen, doch noch den gleichen Weg wie die Römer, Griechen usw. zu gehen.
Gruß bernor

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