- Einen hab ich noch - für dottore, Christian & Co.: Chiffonbluse für 39,90 Euro - JoBar, 12.11.2004, 21:34
- Re: Anzeigenpreise - Christian, 13.11.2004, 09:43
- Re: Es ist nur dieses nervige"des Kaisers neue Kleider"-Spiel der Medien - JoBar, 13.11.2004, 16:25
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- Re: Anzeigenpreise - Christian, 13.11.2004, 09:43
Einen hab ich noch - für dottore, Christian & Co.: Chiffonbluse für 39,90 Euro
-->Samstag, 13. November 2004
Chiffonbluse für 39,90 Euro
Ralph Kotsch
Schon am Donnerstagabend in einer Schöneberger Kneipe trauten die Leute ihren Augen nicht, als ein Tagesspiegel-Verkäufer sich durch die Tische schob. Auf der Titelseite der Freitagausgabe prangte nicht das Foto des gerade verstorbenen Palästinenserführers Arafat, sondern das des exzentrischen Modemachers Lagerfeld, an den sich eine brünette Schönheit schmiegte. "Warum denn Lagerfeld, wenn doch Arafat tot ist?"; fragte einer der Gäste verwundert, und der Verkäufer gab ihm zur Antwort:"Das ist Werbung".
In der Tat. Der Tagesspiegel hatte bis auf einen schmalen Streifen seine gesamte Titelseite an die Firma H&M verkauft, die am Freitag erstmals Lagerfeld-Kreationen in ihren Filialen anbot. Die Aktion stieß in der Redaktion nicht nur auf Gegenliebe, es gab Diskussionen, doch am Ende hat sich die Anzeigenabteilung durchgesetzt. Schätzungsweise 100 000 Euro, eher mehr, so genau will das keiner sagen, hat das Blatt mit dem Titel und drei weiteren H&M-Seiten verdient. Das ist viel Geld für eine Tageszeitung inmitten der Werbekrise, erst recht, wenn sie, wie der Tagesspiegel, jährlich Millionen Verluste macht.
Dass die Werbekunden auf immer ausgefallenere Ideen kommen, um im Reklamestrom aufzufallen, ist bekannt. Vor allem in Zeitschriften finden sich stets neue, so genannte Sonderwerbeformen. Mal erscheint das People-Magazin Gala für die Kosmetikfirma L'Oreal ganz in Silber, mal das Magazin der Süddeutschen Zeitung für den I-Pod von Apple ganz in Rosa, mal gehen Anzeigen- und Artikeltexte ineinander über, mal färbt die Zeitung Welt ihre erste Seite für AOL blau ein.
Dass aber eine seriöse Tageszeitung fast ihre ganze Titelseite für eine Anzeige opfert, das gab es bisher noch nicht. Der Tagesspiegel hat damit ein Tabu gebrochen, und man wird sehen, was seine Leser davon halten. Es könnte sein, dass die Stammkunden des Blattes, die besser situierten Westberliner, nicht übermäßig begeistert sind, wenn sie statt politischer Nachrichten auf Seite 1 nur die Information bekommen, dass die Chiffonbluse bei H&M für 39,90 Euro zu haben ist. Der Tagesspiegel hätte dann zwar immer noch viel Geld verdient, sich aber keinen Gefallen getan.
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/media/394939.html
Ja, ja, unsere Journalisten - treiben sich wohl zu häufig mit unsereren Politikern herum:(
J

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