- Das Gegenargument Herr Grüner - EM-financial, 19.11.2004, 12:01
Das Gegenargument Herr Grüner
-->Wer Thomas Grüner nicht kennt, hier ist die Kolumne auf welche ich mich beziehe:
Das ist krass!
Mittwoch, 17. November 2004
Diese Entwicklung nimmt dramatische Züge an. Wie soll das weitergehen?
http://www.aktienboard.com/portal/m...ws&file=article&sid=1476
Mit Interesse habe ich die letzte Kolumne „Das ist krass!“ von Herrn Thomas Grüner, über die unterschiedliche Entwicklung der Renditen in den USA und Europa gelesen.
Nun, obwohl ich die Kolumnen und Analysen von Herrn Grüner sehr schätze, muss ich doch in diesem Fall eine klare Gegenposition einnehmen.
Was Herr Grüner über die unterschiedliche Entwicklung der nominalen Indizes schreibt ist zwar richtig, aber Herr Grüner weist in seiner Kolumne ebenfalls auf den schwachen US-Dollar hin, der gegenüber zu seinen Höchstständen erheblich an Boden verloren hat und dies obwohl Japan und China insgesamt für mehr als das doppelte ihres Handelsbilanzüberschusses, Dollars gekauft haben. Hätten sie dies nicht getan, wäre der Dollar vermutlich noch viel weiter gefallen.
Nur was ist für einen Konsumenten oder einen Investor letztendlich entscheidend für sein „reales“ Wohlbefinden? Ein starker Außenwert der Währung, der letztlich auch die Binnenkaufkraft stärkt, oder ein schwacher Außenwert, der den Effekt von importierter Inflation begünstigt?
Man kann über diese Entwicklungen sicher streiten und argumentieren, dass die Laune des durchschnittlichen Anlegers an den nominalen Ständen der Indizes messbar ist. Allerdings dürfte klar sein, dass für die private Altersvorsorge und den realen Vermögensaufbau wesentlich wichtiger ist, wie sich die Kaufkraft entwickelt hat. Wer beispielsweise als US-Amerikaner Anfang 2001 in Gold investiert hat, der besitzt heute 69 Prozent mehr Dollars. Wer dagegen den S&P 500 gekauft hat besitzt immer noch 10 Prozent weniger in Dollar gerechnet. Und selbst wer in die attraktiven „Small- und Mid-Caps“ gemessen am Russel 2000 investiert hat, der besitzt trotz einer fulminanten Aufwärtsbewegung rund 60 Prozent mehr Dollars und reicht damit immer noch nicht an das „langweilige“ Gold heran.
Dagegen hat sich die Kaufkraft in den USA in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Ob gemessen an den Immobilienpreisen, Gesundheitskosten, oder den Stahlpreisen. Alles wurde massiv teurer und konnte nicht über einen Reallohnzuwachs ausgeglichen werden. Nur die massiven Zinssenkungen haben dafür gesorgt, dass trotz eines nominalen Schuldenrekords, die US-Verbraucher und der US-amerikanische Staat keinen Finanzkollaps erlitten haben.
Doch wie lange können die US-Amerikaner sich auf Kosten ihres Außenwertes im Ausland verschulden? Hier befürchte ich, dass die westeuropäischen Zentralbanken, wie auch die asiatischen Zentralbanken, weiterhin zu den USA halten und damit fortfahren werden, weitere US-Dollars zu kaufen und trotz des kontinuierlichen Goldpreisanstiegs, Gold zu verkaufen. Auf Kosten der inneren Stabilität ihrer eigenen Währung. Deshalb gebe ich Herrn Grüner in diesem Punkt Recht. Nämlich, dass die US-Dollar Abwertung gegenüber dem Euro bald ihr Ende finden wird. Vor etwa zwei Jahren nannte ich einmal ein Fernziel von rund 1,35. Dort sind wir bald angelangt und ich kann mir anhand der aktuellen Diskussion nicht vorstellen, dass der Dollar von diesem Niveau aus mittelfristig noch weiteres Abwärtspotential besitzt.
Allerdings glaube ich auch, dass die US-amerikanischen Aktienmärkte ihre Höchstkurse zusammen mit einem Tief des US-Dollars sehen werden, da die positiven Wechselkurseffekte, die die Gewinne der US-amerikanischen Unternehmen auf Rekordniveau getrieben haben, auslaufen werden. Zudem mache ich mir bezüglich der Kaufkraft des US-Verbrauchers einige Sorgen und glaube auch nicht, dass der Staat unbegrenzt weiter Schulden machen kann.
Die Finanzierung der USA erinnert mich hierbei stark an die Finanzierung der Weimarer Republik. Auf Dauer kann eine so große Abhängigkeit, des Inlandskonsums, vom Ausland nicht funktionieren.
Der Index deutscher Aktien entwickelte sich von 1913 bis 1918 um 26 Prozent (nominal) nach oben und erreichte im November 1923 ein Niveau, welches um 23 679 999 999 900 Prozent höher lag, als 1913 (Quelle: GloomboomDoom Report, 23. Juni 2003, Dr. Marc Faber).
Haben sich deutsche Anleger damals über die herausragende Performance von fast vierundzwanzig Billionen Prozent gefreut?
Der Dollar, welcher 1918 noch bei 5,21 RM/USD notierte, stieg bis Dezember 1923 auf 4,2 Billionen Reichsmark für einen US-Dollar.
Ein US-Amerikaner hätte aufgrund seines Währungsverlustes in der Reichsmark, zwischen 1918 und 1923 etwa 60 Prozent seines Vermögens verloren. Dies entspricht ziemlich genau dem realen Lohnrückgang der deutschen Arbeiter zwischen 1920 und 1923.
Die Lage in den USA lässt sich mit Sicherheit nicht eins zu eins mit der Lage in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg vergleichen, aber tendenziell sollte sich ein Anleger immer die Frage stellen, in was er sein Vermögen rechnet und wie sich die reale Kaufkraft seiner Heimatwährung entwickelt. So wie ein deutscher Anleger zwischen 1918 und 1923 hervorragend mit Gold abschnitten, lässt sich das gleiche für US-Anleger zwischen 2001 und 2004 sagen. Auch damals stiegen die Goldnotierungen in Reichsmark um ein mehrfaches der tatsächlichen Inflation und ermöglichte damit nicht nur eine Sicherung der Kaufkraft, sondern sogar einen realen Vermögenszuwachs.
Deshalb bin ich persönlich sehr viel vorsichtiger in Bezug auf die Forderung eines schwächeren Euros zu Gunsten der nominalen Wirtschafts- und Aktienkursentwicklung.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein erholsames Wochenende. Genießen Sie die hohe Kaufkraft des Euros, indem Sie vielleicht einen kurzen Ausflug nach Las Vegas unternehmen.
Ihr
Andreas Lambrou

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