- Neues vom Spatz - VictorX, 06.12.2004, 18:05
- Oder neudeutsch: *La-la-la-lasst euch-nicht-verar-schen...* - Valerie, 06.12.2004, 19:19
- Und hierzu passt noch... - Valerie, 06.12.2004, 20:20
Neues vom Spatz
-->Undemokratische und demokratische Wahlen
Stellen sie sich vor, Sie stünden am Abgrund. Vor Ihnen ein Bulldozer, der sie langsam gegen den Abgrund drückt - und Sie hätten eine Handgranate in der Hand. Was würde wohl geschehen? Herr Putin hat eine, eine sehr leistungsfähige und treffsichere sogar.
Am 14. Mai 2004 hielt Zbigniew Brzezinski, der Verfasser von"Die einzige Weltmacht, Amerikas Strategie der Vorherrschaft", in dem er Europa gnädig die Rolle des willfährigen Vasallen der USA zuweist, an der Nationalen Universität Kiew eine bemerkenswerte Rede unter dem Titel"Ukraine und die Welt". Darin gab er eine"geostrategische Übersicht" und definierte die Rolle der Ukraine als Block gegen das Wiedererstehen eines russischen Imperiums und einer russischen Einflußsphäre. Wäre das das Übel schlechthin?
Der frühere US-Sicherheitsberater weiter: Wenn der eingeschlagene Weg weiter verfolgt würde, dann wären in wenigen Jahren die USA die Weltmacht Nr. 1, gefolgt von Europa zusammen mit der Türkei und der Ukraine an zweiter Stelle, an dritter China, an vierter Japan und an 5. Indien. Für Rußland war in seiner Aufstellung kein Platz mehr. Die"internationale Bedeutung der Ukraine ist es, die Grenzen Europas neu zu bestimmen". Gleichzeitig drohte er, wenn Europa nicht mit den USA und ihren strategischen Zielen an einem Strick zögen, bestünde die Gefahr, daß Rußland"ausgleitet und zu seinen traditionellen imperialen Ziele zurückfindet." Das war im Mai dieses Jahres.
Im November fanden in der Ukraine Wahlen statt. Wir wissen spätestens seit Florida 2000, Ohio und New Mexico, was vom Allerheiligsten westlicher Freiheit, den"demokratischen Wahlen" zu halten ist. Wurden die richtigen Kandidaten gewählt, dann handelte es sich um eine"demokratische Wahl", wurde der falsche Kandidat gewählt, dann war das eben eine gefälschte Wahl. Wer sich ein wenig für die tatsächliche Nachkriegsgeschichte außerhalb der Medienberichterstattung interessiert, weiß, daß das bei sehr vielen Wahlen, vor allem in sogenannten Ländern der Dritten Welt, jüngst in Peru, durchgespielt worden ist. Die Folge der sogenannten"gefälschten Wahl" war dann ein Rambazamba in den Straßen, dem folgten Vermittlungsversuche, meistens der USA oder einer anderen hilfsbereiten Macht des"Westens" und schließlich die Installation des gewünschten Kandidaten. In keinem Fall hat die Wahl des"richtigen" Kandidaten dem Volk - selbst wenn es sich diese Person, weil sie sich als Gegner der schlechten, bekannten Regierung aufgespielt hatte, mehrheitlich gewünscht haben sollte - irgendeinen Vorteil gebracht. Wir kennen das aus eigener Erfahrung, mit den"politischen Wenden", die völlig folgenlos unseren stetigen Weg vom Regen in die Traufe markiert haben.
Die Vorgeschichte für Wahlereignisse wie in der Ukraine, in der Dritten Welt und im Ostblock ist einfach zu durchschauen. Man folgte immer dem gleichen Muster: Durch die"International Community", sprich den Internationalen Währungsfonds, die Weltbank, die Welthandelsorganisation etc. wurde das ins Visier genommene Land erst wirtschaftlich unter Druck gesetzt. Die nationale Regierung, die das Land auf einem schmalen Grad zwischen Interessen der Bevölkerung und Auflagen der selbst ernannten World Community hindurchlavieren wollte, machte sich durch Sparmaßnahmen unbeliebt. Der Unwillen der Bevölkerung wurde mit viel Geld"demokratisch" organisiert, wobei nie ganz klar wurde, woher die Wahlkampfgelder eigentlich stammten. Sie gingen in den meisten Fällen auch nicht an Parteien (was in der Regel verboten ist), sondern an Personen und an Nichtregierungsorganisationen NGO (was steuerabzugsfähig ist). Dann wurde die Wahl demokratisch (oder wie oben beschrieben) entschieden und der Kandidat der World Community übernahm das Ruder. Als es noch kein Widerstandspotential auf der Straße gab, besorgten so etwas in der Regel westlich erzogene, putschende Militärs, wie z.B. Herr Pinochet in Chile. Der verließ den schmalen Grad, um ganz den Wünschen seiner Geldgeber und Wahlhelfer zu entsprechen - mit den Folgen, die man sich weltweit ansehen kann.
Inzwischen erweckt bei uns die breite Kampagne für die"Politikverdrossenheit" der Bürger den Verdacht, daß bald - jedenfalls im ehemals"satten" Westen - die heilige Kuh Demokratie wieder geschlachtet werden soll, um im Namen des Krieges gegen den Terrorismus für klare, geordnete innenpolitische Verhältnisse"zum Schutz der Bürger" zu sorgen. Wenn sich die Bürger zwischenzeitlich ordentlich im"Klima- und Umweltschutz" engagieren lassen, dürfte sich dieser Übergang zum Wohle der Weltfinanzen wesentlich einfacher und einträglicher gestalten lassen. Aber wen soll man denn wählen, wer soll es in der Ukraine machen? Nun jemand, der den Interessen des Landes dient und die Lebensbedingungen seiner Bevölkerung bessert, wenn man einen solchen kennt, wenn nicht sollte man es ehrlicherweise lassen.
Doch zurück zur Ukraine. Dem Berater Putins für Europäische Fragen, Sergei Yastrzhembsky, fiel es also nicht schwer, Folgerungen aus der ukrainischen Situation zu ziehen - vor allem nach den Erfahrungen, die die russische Bevölkerung mit den Auswirkungen der Ã-ffnung nach dem Westen seit nun schon über 10 Jahren und zuletzt in der Schule in Beslan gemacht hatte (In Polit.ru wurde der Leiter der Untersuchungskommission des Anschlags vom 1.9.2004 in Beslan und 2. Sprecher des russischen Oberhauses, A. Torshchin mit den Worten zitiert:"Wir haben Indizien für die Beteiligung ausländischer Geheimdienste, aber ich halte es noch für verfrüht, ihre Namen zu nennen"). Yahoo Wires zitierten am 28.11. den erwähnten Yastrzhembsky in einem Interview in Rossiya TV mit den Sätzen:"Gewisse Kreise im Westen sind entschlossen die Stärke des nachsowjetischen Gebiets mit Hilfe der Anarchie der Straße zu testen". Er erinnerte in diesem Zusammenhang an das Vorgehen westlicher Organisationen in den 80er Jahren in Polen, im Jahr 2000 in Serbien gegen Milosevic und 2003 in Georgien und fuhr fort:"Es ist unmöglich, nicht die unmittelbare Verwicklung des US Kongresses, einzelner Kongreßabgeordneter zu sehen, die Tag und Nacht damit beschäftigt sind in Kiew Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen, Berater- und Fachleutegremien zu gründen". Der russische Sender Ria Novosti zitierte am 1.12. einen anderen Ausspruch Brzezinski vor westlichen Zuhörern:"Rußland mit der Ukraine ist eine Weltmacht, Rußland ohne die Ukraine ist nur eine mittelmäßige Macht".
Das französische Magazin"Reseau Voltaire", dem gute Verbindungen zum französischen Geheimdienst nachgesagt werden, hat in seiner Onlineausgabe einige interessante Details zur Wahl in der Ukraine veröffentlicht. Ähnliches fand sich aber auch in der Neuen Züricher Zeitung, in The Guardian (beide vom 1.12.) und anderswo. Begnügen wir uns mit"Reseau Voltaire": Danach war der eigentlichen Führer und Organisator der ukrainischen"Revolution" Oberst Robert Helvy, der bereits die"Revolutionen" in Belgrad und Tbilissi (Georgien) von den jeweiligen US-Botschaften aus strategisch geleitet hatte. Das Magazin relativiert dann die Medienbehauptung, es seien keine Beobachter zugelassen worden. Offizielle Beobachter der NATO, der EU und OSCE waren uneingeschränkt zugelassen, nicht aber 1000 Beobachter einer NGO"European Network of Election Monitoring Organisations". Jede der ihr angehörenden Gruppen waren vom National Democratic Institute der Madeleine Albright (frühere US-Außenministerin und Mentorin unseres Josef"Joschka" Fischer) in Zusammenarbeit mit dem Superspekulant George Soros und seinem Open Society Institute finanziert worden. Von der gleichen Quelle erhielten auch zahlreiche weitere ukrainische NGOs das nötigte Geld. Wörtlich heißt es dort weiter:"Über 10.000 Kader der Pora Jugendgruppe und der"Wählerkomitees der Ukraine" erhielten durchschnittlich monatlich 3.000 US$, ein für ukrainische Verhältnisse überkomfortables Einkommen. Diese Gehälter wurden von den Vereinigten Staaten über die USAID und das National Endowment for Democracy (NED) bezahlt. Die Vorgehensweise, Tausende von Schauspielern zu kaufen, um Demonstrationen vor der Presse aufzuführen, war zum ersten Mal im Jahr 1952 vom CIA und dem britischen MI6 in der Operation AJAX ausprobiert worden. Damals hatte der königliche Palast 60.000 solcher Komparsen angeheuert und [den Republikaner, d.Verf.] Mossadegh gestürzt."
Die OSCE habe beiderseits zwar auch Fälle von Wahlbetrug festgestellt aber auch, daß die Wahl an sich regulär verlaufen sei, behauptete Reseau Voltaire und warf den westlichen Medien vor, einseitige Propaganda gemacht zu haben. Auch dafür habe es Gründe gegeben. Abgesehen von ideologischer Voreingenommenheit über die"Zustände im Osten" seien das Geldüberweisungen vom Project Democracy, einer halboffiziellen US-Einrichtung wie das NED, gewesen. Die Leute, die diese Medienkampagne gesteuert hätten, wären im wesentlichen die gleichen 115"Intellektuellen" gewesen, die vor einigen Monaten den offenen Brief gegen Rußland unterschrieben hatten - eine recht bescheidene Neuauflage des"Kongresses für Kulturelle Freiheit", der nach 1945 den"anerkannten" Kultursalat in Westeuropa angerührt hatte, den wir als"anerkannte" Kulturprodukte noch immer zu fressen haben und weitgehend ohne Brechreiz fressen.
Wo dergleichen keinen Erfolg verspricht, greift man zu drastischeren Maßnahmen. So berichtet The Daily Times aus Lahore (Pakistan) vom 29.11.2004, daß die US-Streitkräfte mitten im dünnbesiedelten Wüstengebiet Ghorian der Provinz Herat in Afghanistan, in dem es nie Taliban-Aktivitäten gegeben habe, einen 300 ha umfassenden Stützpunkt mit Flugfeld anlegen. Der Stützpunkt liegt nur 45 km von der Grenze zum Iran entfernt.
Warum die Hektik? Das offene Geheimnis posaunen unter vielen anderen das Wirtschaftsmagazin Bloomberg und das Wall Street Journal nur so hinaus. Bloomberg rät allen Anlegern, sich möglichst rasch vom Dollar zu verabschieden. Das soll alleine in Südostasien Dollarbestände im Wert von 2 Billionen betreffen. Und WSJ meinte am 28.11., ein Dollarsturz könnte die Pläne Bushs sogar noch vor seiner Inauguration vereiteln. Also ist Eile geboten.
Und noch ein Wort zur Demokratie: Soll das nun heißen:"Man kann eben einfach nichts machen!" Eine solche faule und bequeme Schlußfolgerung ist geeignet, den Absturz in den Abgrund, der nach US-Elitekreisen für etwa fünf Milliarden der Viel zu Vielen vorgesehen ist, mit zu machen. Wer das nicht für opportun hält, sollte möglichst bald aufwachen, anfangen das Selbstverständliche nicht mehr von selbst verstehen zu wollen (auch wenn das am Bequemsten ist), nicht mehr gläubig den"Anerkannten" hinterhertrotteln und möglichst bald mit"Demokratie" anfangen, das heißt, politischen Willen und politische Vorstellungen aktiv zu organisieren - Ach ja, wenn nur bei aller Sorge um den schönen bunten eigenen Geldschein und die gefährdete Umwelt dafür noch Zeit bliebe. Doch auch hier gilt der oft zitierte Brecht-Song:"Denn wie man sich bettet, so liegt man, es hilft einem da niemand..."
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