- Neues vom Spatz - VictorX, 13.12.2004, 11:05
Neues vom Spatz
-->Schuld sind immer die anderen
Der Bundestag streitet über das Haushaltsdefizit 2005, mit 43,5 Milliarden Euro das höchste seit Bestehen der Bundesrepublik. Schuld sind jeweils die anderen. Als Gründungshypothek gaben die Siegermächte den öffentlichen Haushalten der Bundesrepublik 1950 20,6 Milliarden DM Schulden auf den Weg. Daraus ist inzwischen eine Schuld der öffentlichen Hand von 1,5 Billionen € geworden, das heißt das rund 150 fache. (Zum Ausmaß des Schuldenproblems siehe Rudolf Dorner in: Die Preußische Allgemeine Zeitung, 49/2004 hier zunächst einiges davon). Nach finanzwissenschaftlichen Überlegungen kämen zu den 1,5 Billionen weitere 5,9 Billionen Schulden für unterlassene Rücklagen zur Erfüllung gesetzlicher und vertraglicher Verpflichtungen hinzu, insbesondere für die Ruhegehälter der Staatsdiener. Auch ohne diese verheimlichte Schuld liegt die Schuldenquote - Schulden: Bruttoinlandsprodukt - bei 67 Prozent und überschreitet die Grenze, die der sogn. Stabilitätspakt bei 60 Prozent ziehen wollte. Einem privaten Unternehmer hätte die Bank längst die Geschäftsverbindung gekündigt.
Das Defizit ist nicht ein Problem der fehlenden Konjunkturpolitik, es ist ein Strukturproblem. Weder Einsparungen im Sozialetat, noch weitere Streichungen bei Finanzhilfen oder der Abbau von Subventionen führen zu spürbaren Entlastungen. Die erhöhten Mineralöl- und Tabaksteuern brachten nichts; die Steueramnestie für Steuerflüchtlinge ließ statt der geplanten rund fünf Milliarden Euro weniger als ein Zehntel"zurückkehren". Trickreich verschob die Regierung Ruhegeldforderungen von Bediensteten der ehemals staatseigenen Post und Telekom an die Kreditanstalt für Wiederaufbau und vergriff sich dabei heimlich am ERP-Sondervermögen wie zuvor mit anderen Aufgabenzuweisungen an den Sozialbeiträgen der Beschäftigten. Dann verkaufte sie Forderungen der Bundesrepublik gegenüber anderen Staaten. Gleichzeitig versiegten die früher reichlich fließenden Bundesbankgewinne. Man wollte noch neben dem übrigen Bundesbesitz die Goldbestände der Bundesbank zur Finanzierung von"Zukunftsinvestitionen" verwenden. Nur Proteste verhinderten den Ausverkauf.
Schulden kosten Geld. 90 Prozent der Steuereinnahmen gehen für den Schuldendienst und für laufende Renten- und Pensionszahlungen an Staatsbedienstete und für Sozialleistungen weg. Täglich müssen über 100 Millionen Euro an Zinszahlungen abgedrückt werden, von Tilgung ist keine Rede mehr (ohne Neuverschuldung bei 13 Mrd. Euro Tilgung im Jahr müßte man 113 Jahre tilgen). Wie will man da die Staatsfinanzen sanieren? Für Kernaufgaben des Staates, wie Wirtschaft-, Verkehrs-, Verteidigungspolitik bleiben ganze sieben Prozent des Haushalts. Wäre die Bundesrepublik eine Aktiengesellschaft, längst hätte sie Konkurs anmelden müssen.
Daß andere Japan, Italien, Belgien und die USA noch mehr Schulden haben, ist ein schlechter Trost, der dazu nicht einmal stimmt, wenn man sie pro Kopf auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezieht. Der US-Bürger hat z. B. umgerechnet eine Schuld von 19.568 Euro (Stand 24. November 2004), der Bundesbürger"nur" 17.040 Euro. Doch ist Deutschland bereits am Ende seiner Verschuldungsmöglichkeiten angekommen, es muß seine Zinsen mit neuen Schulden bezahlen (Wechselreiterei). Das US-Haushaltsdefizit rührt aus Steuergeschenken an die Reichen und Kriegskosten. US-Bürger erbringen ein größeres BIP. Seine Schuldquote liegt daher nur bei 63%, unsere bei 67%. (Ein Grund dürfte der Standort der Hauptbanken sein).
Hohe Verschuldung ist erwünscht, denn ohne sie gäbe es kein Geld. Nach der Finanzregelung, die mit zwei Weltkriegen durchgesetzt wurde, beruht das Notenbankgeld (Dollar, DM, Euro etc) nicht auf realen Werten (z.B: Edelmetallen oder Roggen!), sondern auf der Hinterlegung des von den Geschäftsbanken ausgegebenen Giralgelds. Das heißt, Privatbanken räumen Kunden gegen Zins Kredit ein und können ihre Forderungen bei der Zentralbank gegen Notenbankgeld eintauschen. Sie müssen dafür einen gewissen, niedrigeren Zins zahlen und eine geringe Mindestreserve hinterlegen. Das heißt, das Recht zur Geldschöpfung wurde"privatisiert". Die laut beschworene"Unabhängigkeit" der Zentralbank ist Betrug. Die"Abhängigkeit" ging von demokratisch gewählten Vertretern der Staatsmacht auf die Spitzen der privaten Bankwirtschaft über. Banken leben vom Zins. Das Neue an der Regelung ist: Braucht der Staat Geld, muß er es sich nun von den Privatbanken gegen entsprechende Zinsen leihen. Je mehr Schulden ein Land anhäuft, desto besser leben die Spitzen der Bankwirtschaft von diesem Land.
Den Bankiers waren schon immer Methoden eingefallen, um Länder in die Verschuldung zu treiben. Das in der Geschichte am häufigsten gebraucht Mittel war Krieg. Die Schuld bekamen vor allem"die Adeligen", die Kriege führten. Daneben gab es, besonders nach 1945 das Schüren von Aufständen gegen selbst oder fremdernannte Diktatoren etc. Ein weniger auffälliges Mittel, das auf sogenannte demokratische Länder angewandt wurde, war die sogn."Stabilitätspolitik", die Politiker einfach nicht durchschauen wollen. Daher sind nun sie, wie früher die Adeligen, die Schuldigen. (Adelskritik hatte früher Kriege und Aufstände zu rechtfertigen, bei der Privatisierung des Geldes besorgt das die"Politikverdrossenheit").
Krethi und Plethi (sogenannte"Finanzexperten") hatten im Wirtschaftskundeunterricht gelernt, die Zentralbank habe vor allem für"Geldwertstabilität" zu sorgen. Der Geldwert bemißt sich an den Preisen. Preissteigerung deutet auf Inflation hin; dazu solle es kommen, wenn auf dem Markt zu viel Geld auf zu wenige Waren träfe. So ganz stimmt das nicht, denn Geld ist nicht unbedingt das, was auf dem Markt zählt. Dort gilt die zahlungsfähige Nachfrage und die ist nicht gleich Geld. Denn 1. für Geld kann man auf dem Markt Güter eintauschen, man kann es auch sparen. 2. Für eine zahlungsfähige Nachfrage ist nicht unbedingt Geld nötig, man kann auch auf Pump kaufen - und das ist"in der Wirtschaft" die Regel. Auf kleine Ungenauigkeiten kommt es nicht an, sondern auf die Propaganda; dafür bekam Milton Friedman den Nobelpreis!
Wann kaufen Menschen auf Pump? Das hat viele Gründe. Zunächst die unwichtigen. Es muß ein dringender Bedarf (z.B. Hunger) da sein, der Gebrauch eines (Investitions-)Gutes verspricht einen hohen Gewinn, die Zinsen sind niedrig. Und die wichtigen Gründe für"rationale, wirtschaftlich denkende" Menschen? Das ist die Erwartung steigender Preise und Zinsen. Dann lieber jetzt kaufen, wo's noch billig ist (und später, wenn's teuer ist, mit Gewinn verkaufen). Käufe (vor allem hastige) erfolgen meistens auf Pump. Und sie bestätigen dann auch die ursprüngliche Befürchtung, denn sie treiben die Preise der nicht darauf eingestellten Warenangebote hoch, sie sind die eigentliche"Inflation". Die Geldvermehrung ist erst die Folge (nicht die Ursache. Das Vertauschen von Ursache und Wirkung scheint die Berufskrankheit unseren derzeitigen Eliten auf allen Gebieten zu sein). Der"wirtschaftliche" Kaufwunsch regt nämlich die Kreditnachfrage an und veranlaßt Banken, denen das Geld aus Einlagen ausgeht, das von ihnen gegen höhere Zinsen gewährte Giralgeld (Kredite) bei der Notenbank zu hinterlegen und dadurch"Geld zu schöpfen".
Jetzt klingelt es bei den Spitzen der Bankenwelt. Sie lassen die mit viel Geld aufgeblasenen Intellektuellen Inflationswarnungen ausstreuen und die Geldwertstabilität anmahnen, das heißt eine"Geldverknappung". Die Notenbank hebt die Mindestreserven oder (weil es auf das Gleiche hinausläuft) die Zinsen an. Die Konjunktur bekommt auf hohem Verschuldungsniveau einen Dämpfer. Die Unternehmen, die sich auf steigende Preise eingestellt hatten und Rohstoffe, Maschinen, Arbeiter und Verkäufer auf Pump eingekauft hatten, bleiben auf ihren Waren sitzen, müssen sie billiger abstoßen, um wenigstens die Zinsen zu bezahlen und im Geschäft zu bleiben. Bei den Geschäftsbanken sammelt sich das Geld aus den Zinszahlungen, es fehlen aber Leute, die ihnen das Geld zinszahlend wieder abnehmen.
Doch keine Bange, um Zinsen zahlen zu können braucht man Geld. Auch wenn einzelne ihre Zinsen aus der Tasche zahlen sollten, muß das benötigte Geld bereit gestellt werden. Dazu muß - wie wir inzwischen wissen - der Kredit ausgeweitet werden, damit wieder Geld fließt. Die Spitzen der Bankenwelt haben damit kein Problem, sie lassen ihre aufgeblasenen Intellektuellen jetzt über deflationäre Tendenzen klagen und den Staat zu"Konjunkturspritzen" veranlassen - aber zu klugen ("nicht inflationären"!), Klug sind sie für die Bankiers, wenn der Staat nur solche Ausgaben tätigt, die zwar eine zahlungsfähige Nachfrage aber kein Angebot darstellen, das heißt, wenn er Arbeitslose vom Arbeitsmarkt nimmt und damit den Verwaltungsapparat aufblähen und gegebenenfalls den Bau von Windmühlen und vergleichbarem unproduktiven Unsinn subventioniert und gutbezahlte Intellektuelle anheuert, die den Unsinn dem breiten Publikum schmackhaft machen. Dieser Mechanismus sorgt automatisch für Geldvermehrung und dementsprechend nach jeder Flaute wieder für steigende Preise und Zinsen und damit für die nächste Runde. Das Spiel wird in Wellen (sogenannten Konjunkturzyklen) durchgespielt. Der Geldschöpfungsautomat sorgt dafür, daß man sich darauf verlassen kann. Denn hinter jedem Geldschein lauert - wie erwähnt - ein Kredit, der den Banken Zinsen bringt. Die entsprechenden Kosten sorgen für den Preisanstieg.
Auf diese Weise sammeln sich über die Jahre Schulden und Geld in der Volkswirtschaft an. Aufgeblasene Geldtheorien verdunkeln die einfache Tatsache, daß Geld an sich keinen Wert hat. (Das war früher zum"Schein" so, als man zur Gelddeckung Gold aus dem Boden buddelte, um es wieder in den Boden z.B. in Fort Knox unproduktiv abzulegen). Geld war und ist nicht mehr und nicht weniger als die Zahlungsverpflichtung (Schuld) eines anderen. Geld schafft jeder, der eine Zahlungsverpflichtung eingeht (z.B. eine Rechnung nicht bezahlt). Nur sind die einen kreditwürdiger als andere. Wehrhafte Staaten sind am kreditwürdigsten, weil sie der Zahlungsverpflichtung entsprechend Nachdruck verleihen können. (Damit die Masse etwas glaubt, muß es kompliziert, darf es nicht einfach sein, wie etwa der Satz: Ein Kredit ohne die Pistole, ihn zurückzufordern, war ein Geschenk. Für Aufgeblasenes muß man zahlen, und tut's vor allem in der für ihre"Rationalität" gerühmten Wirtschaft gerne).
Der Ruf nach der Polizei ist teuer, die Angst vor der Polizei ist wirksamer, das wissen Bankiers. Also übt man sich in Geduld und läßt das Spiel sich aufblasen: Mit zunehmender Verschuldung sinkt der Geldwert, nimmt die Zahlungsfähigkeit (Kreditwürdigkeit) ab und der Geldumlauf entsprechend zu. Die Bankiers, die Forderungsberechtigten vertreiben sich die Zeit bis zum Zahltag mit Wetten, natürlich um Geld:"Wer ist zahlungsfähiger, mein Zinsknecht oder der deine?" Weil man bei zunehmender Verschuldung dabei immer mehr Geld verspielen wird, laden die Bankiers, wenn es riskant wird, das Publikum ein, sich mit hohen Einsätzen an dem Spiel zu beteiligen. Weil das Publikum weniger informiert ist, wird es seinen Einsatz nach anfänglichen Gewinnen wie bei jedem Glückspiel verlieren. Klugscheißer oder bezahlte Propagandisten nennen das dann geschwollen"Finanzmärkte".
Irgendwann wird es ernst:"Ich will mein Geld zurück!" Die Konkursmasse findet sich dann bei dem ein, der am schnellsten zieht. Im Irak wird das geprobt. Wäre es nicht besser das dumme Spiel zu beenden? Doch wie heißt es so schön: Hannemann, geh Du voran - oder mit uns allen unter.
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