- US-Wahlchaos - Eine Niederlage für die Demokratie! mT - Sascha, 10.12.2000, 17:22
- @ Sascha - Toni, 10.12.2000, 17:29
- Re: @ Sascha - Sascha, 11.12.2000, 00:27
- Perfekte Regie - Erwin, 10.12.2000, 19:20
- Re: US-Wahlchaos - Eine Niederlage für die Demokratie! mT - Tobias, 10.12.2000, 19:38
- Re: US-Wahlchaos - Eine Niederlage für die Demokratie! mT - Prospector, 10.12.2000, 21:37
- Re: US-Wahlchaos - Eine Niederlage für die Demokratie! mT - nereus, 10.12.2000, 22:08
- Re: US-Wahlchaos - Eine Niederlage für die Demokratie! mT - Sascha, 10.12.2000, 22:54
- @ Sascha - Toni, 10.12.2000, 17:29
Re: US-Wahlchaos - Eine Niederlage für die Demokratie! mT
><font color="0000FF">Hallo Sascha.
Ich bin nun mal Amerikaner, und moechte meine Meinung zu Deinen Einstellungen hier mal geben!
>Die US-Wahl wird immer chaotischer. Meiner Meinung nach könnten wir hier im Land der Demokratie bald einen sehr ernsten Bruch der Demokratie sehen. Man kann sicherlich tagelang darüber diskutieren, was schief gelaufen ist und wo der Haken liegt und ob man die Wahl nochmal wiederholen sollte usw.,...
><font color="0000FF">Ich glaube Du verwechselst"kompliziert" mit"chaotisch", und einen Bruch der Demokratie gibt es nicht. Die US ist keine Demokratie sondern eine Republik. Man muss staunen wie clairvoyant die Gruender waren als sie die Grundsaetze in der Constitution festlegten auf welche sich alles heute noch, abgesehen von einingen sog. amendments, bezieht. Die Grundlage wird oft wie ein drei-beiniger Stuhl bezeichnet in dem ein Bein den Executiven, das zweite den Legilativen, und das dritte den Judicial Zweig darstellen. Die Macht zwischen diesen drei Zweigen wurde gleichgestellt, indem die Legilative Gesetze schreibt, die Executive danach sieht dass sie ausgefuehrt werden, und der judicial branch danach sieht dass sie correct interpretiert werden. Jeder einzelne Staat ist auf dieses selbe System aufgebaut.
In Florida hatte die Legislature ein Gesetzt verabschiedet welches genau beschrieb wie Wahlen gehalten werden sollen. Dieses Gesetzt sah vor dass jeder Wahlbezirk sein Resultat zu einem bestimmten Zeitpunkt"certify" und in die Hauptzentrale ueberwies. Das Gesetz sah weiter vor dass nur Verspaetungen im Falle von Naturdesastern zugelassen waren, und dann nur wenn der Sec. of State es in seiner Diskretion so sah. Das Gesetz sah zu dass ein recount moeglich sei, und sogar ein Hand count, solange es im Zeitrahmen des Gesetzes stattfand.
Der Florida Supreme Court, welcher wie oben beschrieben nur eigentlich die Aufgabe hat die Gesetze zu interpretieren, nahm es auf sich das Gesetz einfach zu aendern. Diese Handlung war der Grund fuer wo wir jetzt sind. Bush wandte sich an das hoechste Gericht im Lande, i.e. US Supreme Court, und die gaben ihm Recht (9-0) dass der Florida Supreme Court seine Kompetenz ueberschritten hatte, und forderte ihn auf seine Rationale zu erklaeren. In der Zwischenzeit hatte Gore einen Prozess eingeleitet die Handzaehlung in ein paar Bezirken weiter zu fuehren. Dieser Prozess fand vor einem Bezirksrichter (eine Stufe unter dem Florida S C) statt. Dieser Richter fand gegen Gore in allen Instanzen. Gore ging dann wieder zum Florida Supreme Court, und die, trotzt der Mahnung vom US Supreme Court, urteilten 4-3 dass die Handzaehlung wieder weitergefuehrt werde, aber diesmal nicht nur in den paar Wahlbezirken, sondern in allen 67 Counties. Bush appealed diese zum US Supreme Court, und die verordneten dass die Zaehlung vorerst eingestellt wird.
>Die fairste Lösung aus meiner Sicht wäre nun die Lösung des Gerichtsentscheids des höchsten Gerichts von Florida vom Freitag gewesen. Das Gericht ordnete an, daß ALLE Stimmen in Florida per Hand nachgezählt werden müssen. Damit sind
>a) alle Wahlkreise gleichberechtigt berücksichtigt
>b) jede einzelne Stimme wird berücksichtigt
>Aber auch darüber kann man natürlich diskutieren.
><font color="0000FF">Natuerlich waehre das fair, und haette auch gemacht werden sollen. Dagegen war Gore aber, da er nicht sicher war am Anfang wie die Lage in Bezirken welche groesstenteils von republ. Waehlern besiedelt ist auskommen koennte. z.B. in Miami Dade hatte er nur die Bezirke ausgesucht welche im Uebermass von demokr. Waehlern besiedelt ist. Du musst auch bedenken dass Gore zwei Prozesse eingeleitet hatte, welche 15,000 Wahlen rausschmeissen sollte. Also sein Argument"every vote counts" ist sehr selektiv. Ferner, er hat darauf bestanden dass absentee ballots, also Wahlen von Militaer und anderen Personen welche im Ausland sind, nicht gezaehlt werden sollten, da sie zu spaet einkamen.
>Das Argument von Bush, bei Handzählungen könne es leicht zur Manipulation kommen, ist an sich berechtigt. Man kann es aber dadurch relativ gut verhindern, wenn man Mitglieder der Gegenpartei und relativ viele unabhängige Beobachter bei den Handzählungen vorschreibt. Das kostet dann zwar Geld aber sichert noch am besten gegen Manipulationen, die man aber natürlich nie gänzlich ausschließen kann.
><font color="0000FF">Da hast Du Recht. Aber wichtiger noch ist die Frage, was sind die Kriterien zum zaehlen. Da gibt es keins, jeder Wahlbezirk machte es anders. Das Kriterion welches das Gericht angab war"to determine the intent of the voter". Sehr subjektiv.
>Nun hat das oberste Gericht der USA per einstweiliger Verfügung die Nachzählung per Hand erstmal wieder gestoppt und wird vermutlich morgen ihr Urteil abgeben. Das Problem ist nun, daß in nicht mehr allzuvielen Stunden vom Parlament in Florida die 25 Wahlmänner benannt werden müssen. Sollte das höchste Gericht der USA die Nachzählungsforderung des höchstens Gerichts der USA bestätigen so würde die Auszählung den Zeitrahmen für die Benennung der Wahlmänner sprengen. Was passiert dann?
><font color="0000FF">Die Florida Legislature hat schon 25 Delegierte (oder Wahlmaenner) certified. Ausserdem ist da ein wenig mehr Zeit. Der 18. Dez. ist der kritische Tag.
><font color="#FF0000"> Sollte das oberste Gericht der USA gegen Gore entscheiden so wäre das für mich aber eine schwere Niederlage für die Demokratie in den USA. Es kann einfach nicht sein, daß bei einem Abstand von 154 Stimmen nicht genau nachgezählt wird, d.h. in einigen Wahlkreisen nur maschinell und in anderen per Hand nachgezählt wurde und das dann so ins Endergebnis einfließen soll. Vor allem dann, wenn mit den bereits abgeschlossenen Handnachzählungen in einigen Wahlkreisen bereits bewiesen wurde, daß es zwischen diesen beiden Zählmethoden erhebliche Abweichungen gegeben hat. Gore hat also eine relativ große Chance, der künftige US-Präsident zu werden, falls ALLE Stimmen im Staat Florida nachgezählt werden müßten. </font>
><font color="0000FF"> So musst Du das nicht sehen, ausser wenn Du eine Vorliebe fuer Gore hast. Eine Demokratie beruft sich auf das Einhalten von Recht und Gesetz, und ich glaube nicht Du siehst Panzer in den Strassen oder aehliche Vorgaenge wo das Volk die Sache in die eigenen Haende nimmt. Ausserdem ist es nicht das erstemel dass eine Wahl so unentschieden, oder 50:50 war, und es hat sich auch friedlich aussortiert.
>Bush ist das natürlich auch klar und will das mit allen Mitteln verhindern. Schließlich geht es hier wie immer um Macht und Einfluß. Entscheidet das Gericht für ihn so wird er der nächste Präsident, obwohl es vermutlich Gore hätte sein müssen oder viel mehr hätte sein sollen. Denn der eigentliche Witz an der ganzen Sache ist ja, daß Gore in der gesamten USA knapp 340.000 Stimmen mehr hat als Bush.
>Normalerweise könnte daher auch George W. Bush von sich aus nachgeben und aufhören auf den paar hundert oder wenigen tausend (aber halt entscheidenden) Stimmen rumzuhacken und seine Niederlage eingestehen und nicht immer auf Gore zeigen, daß er seine Niederlage eingestehen solle. Wer sagt denn, daß Gore verloren hat? Aber wie gesagt, hier geht es um Macht und Einfluß und nicht um die Einhaltung der Verfassung und Gesetze.
><font color="0000FF"> wie oben gesagt, die US ist eine Republik, keine Demokratie, und obwohl Gore anscheinend, und da ist man auch nicht sicher denn ueber eine Million Stimmen sind allein in California nicht gezaehlt worden, eine Mehrzahl von Stimmen hat, Bush hat eine Mehrzahl von Staaten (29) in denen er die Mehrzahl hat. Und dass ist schliesslich was die Gruender in der Constitution festlegten, was zaehlt. Das zu aendern bedarf ein amendment to the Constitution, zu welcher nicht nur eine 2/3 Mehrheit in beiden Haeusern noetig ist, sondern auch 2/3 der Staaten muessen zustimmen. Da das ein negatives fuer die kleineren, weniger bevoelkerten Staaten ist, wird das nicht passieren.
>Für Bush spricht natürlich, daß er laut offiziellem Wahlergebnis momentan der Präsident der USA ist. Aber wie erwähnt könnte auch ER in einem solchen Fall auf diesens Hickhack um die paar Stimmen verzichten und auch mal drüber nachdenken ob nicht er seine Niederlage (denn Gore hat einfach die im ganzen Land mehr Stimmen erhalten) endlich eingestehen soll.
><font color="0000FF"> No way Jose!!!!Das waere vollkommen falsch. Sogar Gore hat zugegeben dass wer immer die Mehrzahl der Wahlmaenner zugesprochen bekommt ist der Gewinner. Nur muss man vorsichtig sein zu glauben was er sagt!!!! Der Mann hat einen pathologischen Hang zum Luegen!
>Aber gut. Mir ist es im Prinzip sowieso egal, wer der nächste Präsident der USA wird. Die ganze Geschichte ist nur deswegen brisant, da wir hier mal wieder Gesetzes- und Verfassungsbrüche in großer Anzahl sehen und uns deutlich wird, daß die USA vielleicht doch kein soooo demokratischer Staat sind in dem alles mit Recht und Ordnung zugeht. Und auch hierzulande ist es nicht anders.
><font color="0000FF">Das Problem ist die Vielfalt der Wahlmaschinen die im Gebrauch sind. Was diese Wahl, weil sie so sehr gleich herauskam, gezeigt hat ist ein Aenderung der Methoden. Hier, wo ich wohne, haben wir mit computer gewaehlt. Es war einfach und schnell. Sowas wird wahrscheinlich ueberall eingefuehrt.
Ansonsten, die US hat seit ihrer Geburt von ueber 225 Jahren mehrere Krisen mitgemacht, die schlimmste wohl den Buergerkrieg, und trotzdem steht sie noch wie die founding fathers es vorgesehen haben. Nach der Ratifikation des ersten Congress' in Philadelphia fragte jemand Benj. Franklin (einer der Abgeordneten) was fuer eine Regierungsform sie den geschaffen haetten? Seine Antwort:" A republic, if you can keep it!" Ich habe keinerlei Bedenken dass sich diese Sache gerecht ausspielt, ohne irgendwelche langspeilige Schaeden.
mfg. P.
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