- Warum rechnet die Wirtschaft in Geld und nicht in physikalischen Größen? - mario, 09.01.2005, 14:35
- Wenn du Geld richtig definierst, ist es eine physikalische Größe - Diogenes, 09.01.2005, 14:46
- leider falsch! - mario, 09.01.2005, 15:50
- Re: leider falsch! - Todd, 09.01.2005, 16:03
- Was aber noch schlimmer ist,... - mario, 09.01.2005, 16:40
- Re: leider falsch! - Diogenes, 09.01.2005, 16:35
- Genauere Erklärung - mario, 09.01.2005, 16:51
- Re: Genauere Erklärung - Diogenes, 09.01.2005, 21:15
- Re: Genauere Erklärung - mario, 10.01.2005, 02:19
- Re: Genauere Erklärung - Marktwirtschaft, oder Mafiawirtschaft - Baldur der Ketzer, 10.01.2005, 02:59
- Re: Genauere Erklärung - Marktwirtschaft, oder Mafiawirtschaft - albert, 10.01.2005, 20:54
- Re: Genauere Erklärung - Marktwirtschaft, oder Mafiawirtschaft - Baldur der Ketzer, 10.01.2005, 02:59
- Re: Genauere Erklärung - mario, 10.01.2005, 02:19
- Re: Genauere Erklärung - Diogenes, 09.01.2005, 21:15
- Genauere Erklärung - mario, 09.01.2005, 16:51
- Re: leider falsch! - Todd, 09.01.2005, 16:03
- Re: Fiat Money ist keine physikalische Größe - Student, 09.01.2005, 18:59
- Richtig erkannt, Fiat Money ist kein Geld sondern nur fehlgeleitetes Vertrauen (o.Text) - Diogenes, 09.01.2005, 21:16
- Re: Geld ist, was man dem Staat (als Abgabe) schuldet ;-) (o.Text) - Student, 10.01.2005, 10:53
- Richtig erkannt, Fiat Money ist kein Geld sondern nur fehlgeleitetes Vertrauen (o.Text) - Diogenes, 09.01.2005, 21:16
- leider falsch! - mario, 09.01.2005, 15:50
- Wie wäre es mit Watt? - Stephan, 09.01.2005, 16:44
- Möglich, aber warum so kompliziert? - mario, 09.01.2005, 17:08
- Re: und welche Grössen sollen als Tauschgrundlage gelten? - kingsolomon, 09.01.2005, 17:48
- Re: und welche Grössen sollen als Tauschgrundlage gelten? - mario, 09.01.2005, 18:04
- Wenn du Geld richtig definierst, ist es eine physikalische Größe - Diogenes, 09.01.2005, 14:46
Warum rechnet die Wirtschaft in Geld und nicht in physikalischen Größen?
-->Hallo Leute!
Angenommen wir leben auf einer kleinen Insel mit mehreren Leuten zusammen, welche Wirtschaftlichkeitsrechnung sollte den Vorrang haben:
Die mit irgendeinem abstrakten Geld, dessen Wert sich auf anonymen Märkten bildet, oder die mit physikalischen Größen wie Landfläche, Baumbestand, Niederschlagsmenge, Energiebedarf etc.?
Also ich wäre klar für die mit physikalischen Größen. Eine vorrangige Rechnung in Geld kann meiner Meinung nach langfristig nur zu einer vollständigen Vernebelung der wirtschaftlichen Realität führen.
Trotzdem behaupten die liberalen, marktwirtschaftlichen Vordenker allen Ernstes, dass eine Wirtschaftlichkeitsrechnung durch die tolle „Erfindung“ des Geldes überhaupt erst möglich wurde und dank dem Geld erst wahrer Fortschritt entstand (von der Erfindung des Ackerbaus, der Viehzucht, des Rades, der Schrift, der Malerei etc. mal abgesehen; die wurden ja alle ohne Geld erfunden, sind damit nicht in Geld ausdrückbar, somit wertlos und deshalb unwahrer Fortschritt!).
Das liberale Märchen geht auch ungefähr so:
Es waren einmal Menschen, die schmachteten im Elend. Doch dann erfand einer das Geld. Märkte und Handel entstanden und alles war gut!
In Wirklichkeit war bzw. ist es wohl eher so:
Es waren einmal Menschen, denen ging es relativ gut. Doch dann zwang sie einer dazu, ihm Geld abzuliefern, weshalb sie Handel treiben mussten, um es zu bekommen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann schuften sie noch heute.
Die einstigen Abgabenerpresser sind mittlerweile verschwunden und nur noch die leeren Hüllen (Staaten) übrig. Jetzt ist es das Geld selbst, das die Abgaben (mehr Geld) abpresst.
An die „Zeugen des Zinses“: Das hat nichts mit irgendeiner ersponnenen „Zinsknechtschaft“ zu tun. Das Geld selbst, einmal losgelassen, entwickelt diese Eigenschaft, egal ob „umlaufgesichert“ oder nicht. Dabei ist der innere Widerspruch der Geld- bzw. Marktwirtschaft der, dass sie zwar einerseits mehr Geld machen will (Profit), andererseits aber gerade deswegen permanent versucht, den Träger der Marktwirtschaft, den Menschen, als Kostenfaktor zu eliminieren. Sie schaufelt also nicht nur Gräber für alle unrentablen Menschen, sondern letztendlich auch ihr eigenes. Dieser Widerspruch kommt umso stärker zur Geltung, je totaler und „freier“ die Marktwirtschaft ist.
Dass es auch ohne Geld gut geht, bzw. überhaupt erst wirklich funktioniert, zeigt insbesondere das Beispiel des Inkareichs. Nicht nur, dass die Menschen dort kein Geld benutzten, sie kannten es nicht einmal! Und das war nicht eine Handvoll Leute, sondern ein relativ großes Reich! Ohne Geld! (Und nicht nur Geld war unbekannt, sonder weitgehend auch Armut und Verbrechen. Als der spanische Eroberer Pizarro, als er vom Inkaherrscher freundlich empfangen wurde, diese Gelegenheit nutzte, dessen Streitmacht niederzumetzeln, waren die Inkas zutiefst schockiert. Denn sie kannten auch die Taktik des Hinterhalts nicht! Wenn das nicht Bände spricht!)
Um das Zusammenleben und die Wirtschaft zu organisieren, hielten sie einen Beamtenstaat, der alle Leistungen, Aufwendungen, Ressourcen, Bedürfnisse etc. genau aufzeichnete und aufeinander abstimmte, logischerweise in physikalischen Größen, da sie ja kein Geld kannten. Die Grundstruktur der Aufgabenteilung war so simpel wie genial: Jeder Inka hatte zu einem Drittel für den Herrscher tätig zu sein (Militärdienst, Infrastruktur und ähnliches, also im Grunde für das Gemeinwesen), zu einem Drittel für Alte, Kranke und sonstige Hilfebedürftige und das letzte Drittel durfte er für sich und seine Familie nutzen (hier könnte so etwas wie Marktwirtschaft entstehen; allerdings kontrolliert dabei die Politik die Marktwirtschaft und nicht wie bei uns die Marktwirtschaft die Politik). Da die Stammesführer der Stämme, die das Inkareich annektierte, in den politischen Entscheidungsprozess mit einbezogen wurden, gab es auch über lange Zeiten keine eskalierenden inneren Konflikte.
Die Zerstörung durch die westliche Geldgier-Zivilisation hat dem ein Ende gemacht, so wie sie fast sämtliche vergleichsweise friedlichen Zivilisationen in Amerika, Afrika, Asien und Australien zerstört hat und ursprünglich auch ihre eigene relativ friedliche Vor-Geldgier-Zivilisation. Jetzt bleibt ihr nur noch übrig, sich selbst zu zerstören, worin sie ja auch jeden Tag gute Fortschritte erzielt.
Permanente und völlig ausufernde Kriege, genauso wie permanente und völlig ausufernde Armut, und das mittlerweile weltweit, sind definitiv charakteristisch für die Zeit des Aufstiegs des Kapitalismus und der allgemeinen Geldwirtschaft. In vorkapitalistischen Zeiten waren Krieg und Armut im Regelfall Randerscheinungen. Da in den frühen Geschichtsbüchern jedoch hauptsächlich die Kriegsgeschichte aufgezeichnet wurde (das waren eben die „großen Ereignisse“), erscheint es für viele heute so, als ob früher die Menschen ständig in totalem Elend lebten, was aber absoluter Quatsch ist. Diejenigen, die unablässig Loblieder auf die angeblich so freie Marktwirtschaft singen, nutzen das natürlich schamlos aus (oder wissen es, verblendet wie sie sind, selbst nicht).
Praktikable Ansätze für die Lösung unserer heutigen Probleme kann man also durchaus in der angeblich so rückständigen Vergangenheit finden.
Schöne Grüße
mario

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