- o.T. Fundsache:"Das Hohelied der Demokratie" - Mat72, 17.01.2005, 14:59
- Applaus!! (o.Text) - SchlauFuchs, 17.01.2005, 16:28
- Der Grund weshalb auch Kaiserreiche immer scheitern werden. - Burning_Heart, 17.01.2005, 16:39
- Re: Die ironische Absicht ist ein Rohrkrepierer - Tempranillo, 17.01.2005, 17:25
- ... ja ja... - Mat72, 17.01.2005, 17:59
- Re: @Mat72... Textsuche - Uwe, 17.01.2005, 18:22
- Ja. Dankeschön.:) (o.Text) - Mat72, 17.01.2005, 18:51
- Re: @Mat72... Textsuche - Uwe, 17.01.2005, 18:22
- ... ja ja... - Mat72, 17.01.2005, 17:59
Re: Die ironische Absicht ist ein Rohrkrepierer
-->Hallo Mat72 und Schlaufuchs,
dem Autor stimme ich zu, wenn er darstellt, daß wir wenig Grund haben, uns über die Zeit von 1900 und sonstwas überheblich zu mokieren. Ich finde auch, daß der Text sehr gut geschrieben ist und beim Leser spontanen Applaus provoziert.
Ich will mich jetzt nicht damit aufhalten, daß die einzelnen Vergleiche zu Früher eine etwas arg konservativ getönte Laudatio Temporis Acti, ein Lob vergangener Zeiten sind, bürgerlich gesetzt wie eine Brahms-Sinfonie.
Ich will auf etwas anders hinaus. Die ironische Ankündigung, ein"Hohelied auf die Demokratie" singen zu wollen, indem man die Vorzüge der damaligen, vermeintlich durch und durch autoritären Regierungsform herausstreicht, wird bei genauerem Hinsehen zu einem Rohrkrepierer.
Im Vergleich zu anderen Staaten und Imperien war das Deutsche Kaisrreich geradezu ein Vorbild an parlamentarischer/konstitutioneller Demokrati/Monarchie.
Die Abgeordneten zum Reichstag wurden seit 1867 in freier, gleicher und geheimer (Männer-) Wahl bestimmt. Auch gab es keine Rassendiskriminierung, wie z.B. in den USA, wo die Schwarzen erst Mitte der 1960er-Jahre die vollen Bürgerrechte erhalten haben.
Wenn der Autor meint, er könne im Rückblick auf das Deutsche Kaiserreich von 1870 die Demokratie verhohnepiepeln, so hat er sich damit gründlich ins eigene Bein geschossen.
In Wahrheit ist der Text von Michael P. Winkler, ganz gegen die erklärten Absichten seines Autors, ein sehr überzeugendes Plädoyer FÜR demokratische Prinzipien, und nicht etwa dagegen. Sein etwas eigenartiges Faible für Körperstrafen schreibe ich mal der Absicht zu, seine Aussagen polemisch zuzuspitzen, und weniger dem Versuch, der Steinzeit-Pädagogik eine Lanze zu brechen.
Hätte M.P. Winkler erfaßt, daß Demokratie etwas mit Selbstbestimmung zu tun hat, vielleicht nicht nur im Innern, sondern auch außenpolitisch, wäre ihm vielleicht selbst aufgefallen, wie unpassend, geradezu dümmlich, der ganze Ansatz seines Textes ist.
Oder hat er allen Ernstes beabsichtigt, uns den nach dem Rücktritt Bismarcks in den"Absolutismus" (Originalton OvB) abdriftenden deutschen Staat als Vorbild entgegenzuhalten?
Dann könnte er - nicht wir! - sich damit trösten, daß eben dieser autoritäre Absolutismus, ganz zu wie damals zur Jahrhundertwende, wieder einschleicht, als das Parlament vor dem Kaiserlichen Machtanspruch regelmäßig kapitulierte.
Wie es der Zufall will, habe ich erst gestern Abend einen Brief OvBs gelesen, in dem er exakt diesen Sachverhalt beklagt und meint, so würden wir wieder in einem neuen Abolutismus landen, einer Form der Politik der"Chambre introuvable", wo das Parlament royalistischer ist als selbst der König.
Royalistisch bitte ich durch europäisch zu ersetzen.
Tempranillo

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