- Selenz` Kommentar, 24. August 2004: Peter Hartz - Vordenker auf Abwegen - off-shore-trader, 08.07.2005, 22:21
Selenz` Kommentar, 24. August 2004: Peter Hartz - Vordenker auf Abwegen
-->Der Mann hat sich einen Namen gemacht. Hartz steht fĂĽr das Wunder bei VW
und in Wolfsburg. Dort wurde die Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau ge- senkt. Mit Ansage, aber zu Lasten anderer Gemeinden. Das ist allerdings
auĂźerhalb der Region nicht bekannt. Betroffene BĂĽrgermeister beschwerten
sich ob des Druckes, mit dem man heimische Betriebe „motivierte“, in
Wolfsburg zu siedeln. Die geballte Faust blieb aber in der Tasche.
Wer wollte sich schon ernsthaft mit der Volkswagen AG anlegen?
In deren spezieller Sphäre wurde sogar die 28-h-Woche geboren.
Die von Hartz geprägten und nach ihm benannten Reformen unserer Sozial- systeme drohen indes die Nation zu spalten. Außerhalb des VW-Dunstkreises
schrumpft der Wundermann auf NormalmaĂź. Da bleibt die Faust nicht in der
Tasche. Es geht nicht allein um Kriterien der Zumutbarkeit. Die Zumutbar- keit z. B. dringend notwendiger Anpassungen, ebenso wie die von Arbeits- plätzen. In der Diskussion um Ansprüche und Möglichkeiten vermisst man
allenthalben Vorbilder. Und gerade in dieser Situation geht der Namens- geber selbst mit schlechtem Beispiel voran.
Dr. Peter Hartz verweigert als Vorstand der Volkswagen AG die Auskunft
ĂĽber seine EinkĂĽnfte. Er und seine Kollegen in Wolfsburg sind nicht
bereit, die Vorgaben des gerade verabschiedeten Unternehmens-Kodex zu
erfüllen. Nach diesen Vorgaben sollen die Einkommen der Vorstände von
Aktiengesellschaften einzeln ausgewiesen werden. Das ist bei uns zwar
noch nicht Gesetz. In anderen Ländern, wie z. B. den USA, ist dies eine
Selbstverständlichkeit. Wer das Geld anderer Leute verwaltet, muss dort
seine BezĂĽge offenlegen, und zwar bis auf den letzten Cent.
Von einem Arbeitslosen fordert Hartz, sein Vermögen aufzudecken. Detail- liert und lückenlos. Ansonsten macht er sich sogar strafbar. Einen antiken
Schrank aus Familienbesitz - wenn vorhanden - muss er schätzen und sich
ggf. anrechnen lassen. Auf eigene Kosten, versteht sich. Erst dann erhält
er Geld von der Gemeinschaft. Die Vorstände von AGs verwalten das Geld der
Aktionäre. Die sind Besitzer der Unternehmen. Sie haben ein Recht darauf,
dass ihre Angestellten aufzeigen, wieviel sie sich selbst aus Aktionärs- vermögen auf ihre Privatkonten überweisen.
In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine sehr interessante Ent- wicklung abgespielt. Die Vorstandsgehälter haben sich oft vervielfacht, rechnet man allein die „klassischen“ Vergütungen wie Dienstwagen bzw. - flugzeug, Fahrer, Piloten, Pensionszusagen und Aktienoptionen. Berück- sichtigt man ferner kosten-günstige bzw. -lose Firmenvillen, sonstiges
Personal, andere Leistungen fĂĽr den privaten Nutzen, etc., so sind die
Aufwendungen geradezu explodiert. Eine Offenlegung der Gesamtvergütung, der sogenannte „Bezügebericht“, würde dies aufdecken. Vielen Beteiligten ist
dies - verständlicherweise - peinlich. Daraus resultiert die Weigerung,
individuelle Zahlen auszuweisen. Ganz und gar inakzeptabel ist diese
Weigerung, wenn es sich um ein Unternehmen handelt, dessen Hauptaktionär
das Land Niedersachsen ist - wie bei VW. Unternehmen unter staatlicher
Kontrolle mĂĽssen mit gutem Beispiel vorangehen. Warum verlangt der VW- Aufsichtsrat nicht ultimativ die strikte Einhaltung der Vorgaben des
Corporate-Governance-Kodex?
Noch peinlicher wäre allerdings die Offenlegung der Vermögensverhältnisse
der Organe einiger anderer deutscher AGs. Dabei käme nämlich heraus, dass
viele Vorstände und Aufsichtsräte sich am Vermögen der Aktionäre ver- griffen haben. In trauter Eintracht, heimlich und hemmungslos. Aus manchem
Bettel-Studenten wurde so im Laufe einer Vorstands- und Aufsichtsrats- karriere ein reicher „Unternehmer“. Im Nebenerwerb sozusagen!
Oft sogar mit Familien-Beteiligung. Gespeist aus ehemals unternehmensnahen
Betrieben, versteht sich. Selbstverständlich zusätzlich zu den angespro- chenen, nicht gerade geringen Vergütungen, und selbstverständlich rein
zufällig.
Fazit: Wer anderer Leute Geld verwaltet, muss gesetzlich verpflichtet
werden, sein Einkommen lĂĽckenlos aufzudecken. Das hat nichts mit Neid zu
tun, sondern schlicht mit Hygiene.
Zudem ist es angesichts der Wild-West-Manieren auf deutschen Chefetagen
dringend geboten, auch das Vermögen aufzudecken. Was Arbeitslosen gesetz- lich vorgeschrieben ist, kann für integere Verwalter fremden Vermögens keine unbillige Zumutung sein. Auch nicht für den Vordenker Hartz.
Peine, den 23. August 2004
Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz
<ul> ~ www.hans-joachim-selenz.de</ul>

gesamter Thread: