- Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - moneymind, 17.07.2005, 22:39
- Auf die Antwort von dottore bin ich jetzt aber gespannt - Turon, 18.07.2005, 01:08
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 18.07.2005, 15:04
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Burning_Heart, 18.07.2005, 22:37
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 06:50
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Holmes, 19.07.2005, 09:47
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 10:54
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Holmes, 19.07.2005, 12:25
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 13:04
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Burning_Heart, 19.07.2005, 14:33
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 15:33
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Burning_Heart, 19.07.2005, 17:05
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart - nereus, 19.07.2005, 15:54
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart - Burning_Heart, 19.07.2005, 16:47
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (2) - nereus, 19.07.2005, 17:55
- Re: Mieten und Mafia - Holmes, 19.07.2005, 18:16
- Re: Mieten und Mafia - Holmes - nereus, 19.07.2005, 19:59
- @nereus - chiron, 19.07.2005, 23:16
- Re: @nereus - chiron - nereus, 20.07.2005, 09:22
- Re: @nereus - chiron - chiron, 20.07.2005, 09:56
- Re: @nereus - chiron - nereus, 20.07.2005, 17:30
- Re: @nereus - chiron - Holmes - Holmes, 20.07.2005, 19:54
- Re: @nereus - chiron - Holmes - Amstrand, 20.07.2005, 20:59
- Re: @nereus - chiron - Holmes - mae, 21.07.2005, 00:51
- Re: @nereus - chiron - Holmes - chiron, 20.07.2005, 21:05
- Re: @nereus - chiron - Holmes (2) - nereus, 21.07.2005, 09:26
- Re: @nereus - chiron - Holmes (2) - Holmes, 21.07.2005, 14:23
- Re: @nereus - chiron - Holmes (2) - Amstrand, 21.07.2005, 16:27
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - dottore, 21.07.2005, 18:24
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - Amstrand, 21.07.2005, 21:46
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - moneymind, 22.07.2005, 11:12
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - Fremdwort, 22.07.2005, 18:12
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - freeman, 22.07.2005, 20:35
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - Fremdwort, 22.07.2005, 21:12
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - freeman, 22.07.2005, 21:55
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - Fremdwort, 22.07.2005, 21:12
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - freeman, 22.07.2005, 20:35
- Re: @nereus - chiron - Holmes (2) - moneymind, 22.07.2005, 11:02
- danke, volle Zustimmung - Amstrand, 23.07.2005, 15:01
- Re: EigentĂŒmer- oder Feudalgesellschaft? - dottore, 21.07.2005, 18:24
- Re: @nereus - chiron - Holmes (3) - nereus, 21.07.2005, 18:24
- Re: @nereus - chiron - Holmes (3) - Burning_Heart, 21.07.2005, 19:57
- Re: @nereus - chiron - Holmes (3) - Holmes, 21.07.2005, 21:18
- Re: @nereus - chiron - Holmes (4) - nereus, 22.07.2005, 08:57
- Re: @nereus - chiron - Holmes (5) - chiron, 22.07.2005, 09:30
- Re: @nereus - chiron - Holmes (4) - Holmes, 22.07.2005, 11:35
- Re: @nereus - chiron - Holmes (4) - nereus, 22.07.2005, 08:57
- Re: @nereus - chiron - Holmes (2) - Amstrand, 21.07.2005, 16:27
- Re: @nereus - chiron - Holmes (2) - Holmes, 21.07.2005, 14:23
- Re: @nereus - chiron - Holmes - Amstrand, 20.07.2005, 20:59
- Re: @nereus - chiron - Holmes - Holmes, 20.07.2005, 19:54
- Re: @nereus - chiron - nereus, 20.07.2005, 17:30
- Re: @nereus - chiron - chiron, 20.07.2005, 09:56
- Re: @nereus - chiron - nereus, 20.07.2005, 09:22
- @nereus - chiron, 19.07.2005, 23:16
- Re: Mieten und Mafia - Holmes - nereus, 19.07.2005, 19:59
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (2) - Burning_Heart, 20.07.2005, 04:41
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (3) - nereus, 20.07.2005, 17:39
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (3) - Burning_Heart, 21.07.2005, 04:58
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (4) - nereus, 21.07.2005, 22:11
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (4) - Burning_Heart, 22.07.2005, 00:00
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (4) - nereus, 21.07.2005, 22:11
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (3) - Burning_Heart, 21.07.2005, 04:58
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (3) - nereus, 20.07.2005, 17:39
- Re: Mieten und Mafia - Holmes, 19.07.2005, 18:16
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (2) - nereus, 19.07.2005, 17:55
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart - Burning_Heart, 19.07.2005, 16:47
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 15:33
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Burning_Heart, 19.07.2005, 14:33
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 13:04
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Holmes, 19.07.2005, 12:25
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 10:54
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Holmes, 19.07.2005, 09:47
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Amstrand, 19.07.2005, 06:50
- Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore - Burning_Heart, 18.07.2005, 22:37
Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore
-->Hi dottore,
und besten Dank fĂŒr Deine EinwĂ€nde (==> http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/325259.htm ).
zu Deinem ersten Punkt: der Staat muà nicht nur als Eigentums- und Vollstreckungsgarant, sondern auch als ökonomischer Agent ins Modell eingebaut werden (was im H/S Modell - Àhnlich wie im unfertigen Marxschen, das Heinsohns Ausgangspunkt bildete - weitgehend fehlt) --- okay.
Skizze in ein paar begrifflichen brush strokes: einerseits ermöglicht der Staat den geldwirtschaftlichen ProzeĂ ĂŒberhaupt erst, indem er die rechtlichen Rahmenbedingungen setzt. Andererseits tut er das, indem dafĂŒr auf das eigentlich systemfremde Mittel der âzwangsweisenâ Redistribution (Steuersystem) zurĂŒckgreift. Der Staat ermöglicht also einerseits ĂŒberhaupt erst Geldwirtschaft, andererseits ist er feudales Relikt in einer Gesellschaft der (formell) Freien, das diese Freien zur Sicherung ihrer Freiheit aber brauchen: die Freien zahlen nicht nur deshalb Steuern, weil sie vom Staat böswillig und gegen ihren Willen geknechtet werden, sondern auch deshalb, weil sie die Staatsleistung âFreiheitssicherung per Staatsgewaltâ wĂŒnschen (wie wohl generell in stabilen Feudalsystemen die âBeherrschtenâ einen realen, eingebildeten oder vielleicht manchmal auch nur eingeredeten Nutzen aus ihrem âBeherrschtseinâ ziehen dĂŒrften, ansonsten könnten sich Feudalsysteme ja kaum so lang halten wie sie es vielerorts getan haben).
BerĂŒcksichtigt man, daĂ vor den ersten Eigentums-/Geldwirtschaften Feudalsysteme existiert haben, könnte man den EigentĂŒmerstaat als einen zur Sicherung persönlicher Freiheit umfunktionierten und daher in seiner Reichweite erheblich reduzierten Feudalstaat betrachten; ein zentralisierter Feudalstaat bildet eine historische Voraussetzung fĂŒr den ersten EigentĂŒmerstaat, da dieser auf eine zentralisierte Verwaltung und einen Machtapparat zurĂŒckgreifen können muĂ, diesen dann aber eben zu neuen Zwecken - Freiheitssicherung - umfunktioniert. Freiheit (von unauflöslichen traditionalen Solidarpflichten) kann also nicht ohne diese sichernde Macht existieren, ist aber gleichzeitig Ergebnis einer antifeudalen Revolution, die den Staatsapparat dann fĂŒr ihre neuen Zwecke - Sicherung der Freiheit - einsetzt, wobei zwar weiterhin quasi-feudale Abgaben nötig sind, diese aber in einem ganz neuen Zusammenhang (materielle Grundlage der Freiheitssicherung) stehen und daher auch völlig anders ideologisch legitimiert werden: wĂ€hrend Feudalherrschaft meist religiös legitimiert war, fĂŒhren die antifeudalen Revolutionen auch zu einem radikalen Umbruch der sozialen Glaubenssysteme (Welt- und Geschichtsbild etc. -- von einer religiösen Herrschafts- zu einer sĂ€kularen Freiheits-Ideologie) zwecks Delegitimierung des alten Feudalstaats/Legitimierung des neuen EigentĂŒmerstaats. Trifft so jedenfalls fĂŒrs antike Griechenland und fĂŒrs moderne Europa zu.
Auch in einer Demokratie bleibt also der âöffentliche Sektorâ ökonomisch gesehen ein redistributives Herrschafts-/Feudalsystem. Selbst direkte Demokratie wĂŒrde daran nichts Ă€ndern: ob das Volk sich nun von selbsternannten oder selbstgewĂ€hlten Regierenden beherrschen lĂ€Ăt oder qua direkter Demokratie selbst beherrscht, ist unter rein ökonomischen Gesichtspunkten beides Herrschaft (mit den bekannten Charakteristika wie relativer Ineffizienz etc.) und nicht âMarktâ. Da von Anfang an sowohl freiheitliche wie feudale Elemente vorhanden sind und in der politischen SphĂ€re auch miteinander streiten, bleibt die Sicherung der Freiheit ein stĂ€ndiger Kampf, der immer in Gefahr ist, von feudalen Handlungsmustern ĂŒberlagert und verdrĂ€ngt zu werden. Allerdings unterscheidet sich diese Volksherrschaft auch recht deutlich von der ĂŒberkommenen, religiös legitimierten Königsherrschaft --- nicht nur ideologisch (neues Welt-, Geschichts-, Gesellschafts- und Herrschaftsbild), sondern auch ökonomisch:
Die Tatsache, daĂ der Staat seine Abgaben nun nicht in Form von GĂŒtern, sondern in Form von âGeldâ (vollstreckbaren Leistungsversprechen privater Wi-Subjekte) abfordert, unterscheidet den geldwirtschaftlichen Staat von traditionellen Feudalstaaten. Er kann damit auf neue Weise auf den gesellschaftlichen Produktionsprozess einwirken, indem er ĂŒber Steuern/Abgaben und Subventionen etc. Geldknappheiten mitsteuert (ob nun pro- oder antizyklisch). Drittens jedoch hat er im geldwirtschaftlichen Umfeld auch die Möglichkeit, Schulden zu machen (und damit âGeldâ zu schaffen) - und zwar nicht vollstreckbare Schulden; und v.a. Schulden ohne Termin: es gibt keine bindende Instanz, die einen Termin fĂŒr einen ausgeglichenen Staatshaushalt setzen und sagen könnte, wann denn den BĂŒrgern nun die Rechnung prĂ€sentiert wird. Klar, daĂ hier die Grundprinzipien einer âreinenâ EigentĂŒmergesellschaft eklatant verletzt werden, was dem Gesamtprozess (im Vergleich zum einfachen bankingtheoretischen Modell mit NachwĂ€chterstaat) eine neue QualitĂ€t gibt.
Einerseits ergibt sich fĂŒr den Staat also die Möglichkeit, unerwĂŒnschten geldwirtschaftlichen Paradoxien (wie sich selbst verstĂ€rkende Krisen und ihren Folgen, der Tendenz zum Ignorieren von Kranken und Schwachen, die sich im Wettbewerb nicht behaupten können etc.) entgegenzusteuern und in die rein betriebswirtschaftliche EigentĂŒmer-RationalitĂ€t wieder traditionale Elemente von âSolidaritĂ€tâ und âLoyalitĂ€tâ einzubringen; die Möglichkeit zu antizyklischem Handeln wird wichtig zur KrisenbekĂ€mpfung (denn die Privaten verhalten sich aufgrund ihres VermögenssicherungskalkĂŒls eher prozyklisch, beschleunigen also Boom- und Krisentendenzen). Andererseits entsteht so die Gefahr, daĂ dabei der geldwirtschaftliche Prozess grundsĂ€tzlich unterminiert wird --- besonders deshalb, weil die staatlichen Kreditnehmer im Gegensatz zu Privaten nicht mit persönlichem Vermögen fĂŒr die aufgenommenen Schulden haften und daher dazu tendieren, âGeldâ mit beiden HĂ€nden direkt zum Fenster hinauszuwerfen (sprich: endlos Schulden zu machen). Das einen verantwortlichen, effizienten Umgang mit Geld und Ressourcen sichernde Element ist nun mal die Vermögenshaftung in Verbindung mit Zahlungstermin und Geldknappheit; und dieses âPrinzip Verantwortungâ ist fĂŒr den Staat leider ausgeschaltet. Werden dann die Staatstitel von der Zentralbank als Sicherheit akzeptiert, beginnt ein Prozess der Unterminierung der Eigentumssicherung des Geldes, etc. etc. Daraus lĂ€Ăt sich dann ein schönes, fast schon (wie bei Marx) âdialektischesâ rise&fall-Modell fĂŒr Geldwirtschaften zimmern (besonders dann, wenn man wie H/S die demographische und familientheoretische Seite des ganzen Prozesses hinzunimmt).
Soweit Ăbereinstimmung.
Zu Deinem zweiten Punkt (Fremd-Staat): ein Fremd-Staat kann Forderungen prĂ€sentieren, die zusĂ€tzliche Knappheiten erzeugen, okay; âvollstreckenâ kann er sie natĂŒrlich nur per direkter Gewalt, mangels ĂŒbergeordneten Gewaltmonopols auf zwischenstaatlicher Ebene. Wer an einem Modell der Weltwirtschaft interessiert ist, muĂ dort zwischenstaatliche Beziehungen (basierend auf Macht statt Recht) einbauen --- ebenfalls Zustimmung. Mein wi-theoretisches Ziel war zunĂ€chst in erster Linie entwicklungstheoretisch: geldwirtschaftliche Entwicklungs- und Modernisierungsdynamik zu erklĂ€ren (um sie da, wo gewĂŒnscht, an- oder abstellen zu können). Das funktioniert zunĂ€chst auch mit mit bankingtheoretischem Modell + NachtwĂ€chterstaat ganz gut. DaĂ in rechtsfreien RĂ€umen wie zwischenstaatlichen Beziehungen Formen der Regelung wechselseitiger Beziehungen dominieren, die sich sowohl von zivilen Vertragsbeziehungen wie von verwandtschaftlicher SolidaritĂ€t und feudalen Schutz-/Abgabenpflichten unterscheiden und wiederum eine eigene Betrachtung benötigen, die im H/S Modell fehlt und in der sicherlich verschiedene Formen von âMachtâ eine groĂe Rolle spielen werden - ebenfalls Zustimmung.
DaĂ dies das, was wir heute Wirtschaften nennen und durch das bankingtheoretische Modell (plus die erwĂ€hnte frĂŒher/spĂ€ter-Unterscheidung) beschrieben wird, als âprima causaâ ANGESTOSSEN haben soll, kann ich aber nicht nachvollziehen.
Nein, hier finde ich nach wie vor Heinsohns 84er Modell (âPrivateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaftâ) ĂŒberzeugend, wenn auch in einer mit Bezug auf Geld und Knappheit modifizierten Form: Naturkatastrophen zerstören traditionale Sicherungssysteme, freie MĂ€nner wollen ihre UnabhĂ€ngigkeit auf Dauer stellen und âerfindenâ im Zuge einer antifeudalen Revolution zunĂ€chst Freiheit, Eigentum und Vertrag (als zwar unbedingt bindende, aber nur temporĂ€re Verpflichtung, nach dessen ErfĂŒllung die V-Partner wieder in Freiheit und UnabhĂ€ngkeit voneinander entlassen sind). Damit individualisiertes Existenzrisiko, individueller Sicherheitsvorrat etc. (siehe Heinsohn 1984) --- zunĂ€chst VertrĂ€ge nur ĂŒber GĂŒter, damit aber Möglichkeit, âSicherheitâ nicht mehr in Form von GĂŒtern, sondern in Form eines âTitelsâ, eines spĂ€ter fĂ€lligen Anspruchs auf GĂŒter zu halten, der dann wiederum bei Bedarf als âTauschmittelâ eingesetzt werden kann; dies liefert eine Vorbedingung fĂŒr âGeldâ, ist aber noch kein âGeldâ.
Erst spĂ€ter entsteht dann aus dem BedĂŒrfnis starker GlĂ€ubiger, âSicherheitâ bzw. âLeistungsansprĂŒcheâ unabhĂ€ngig von AnsprĂŒchen auf GĂŒtern halten zu können (sie wollen eben zum FĂ€lligkeitstermin nicht âGĂŒterâ als ErfĂŒllung, sondern weiterhin abstrakte AnsprĂŒche auf Leistung), âGeldâ als abstraktes, von GĂŒtermengen entkoppeltes WertmaĂ, in dem vollstreckbare Schulden ausgedrĂŒckt werden, die ab dann nicht mehr auf GĂŒter, sondern auf spĂ€ter fĂ€llige, in einer abstrakten, von GĂŒtermengen entkoppelten Bewertungs- und Recheneinheit denominierte Schulden / Leistungsversprechen lauten (hier - beim Geldbegriff - unterscheidet sich meine Sicht vom H/S-Modell). Diese sind zwar noch mit âGĂŒtereigentumâ gesichert, aber eigentlich AnsprĂŒche auf spĂ€ter fĂ€llige ebensolche Leistungsversprechen in Form von Zahlungsversprechen, bei denen nur im âNotfallâ auf das Sicherungseigentum zugegriffen wird.
Es gibt und braucht also keine âEinlösung mit Eigentumâ wie H/S das suggerieren, wohl aber eine Eigentumssicherung, die sich aus dem schuldrechtlichen Prinzip der Vermögenshaftung fĂŒr vertraglich eingegangene Verpflichtungen ergibt.
Wobei dieses Geld dann zwar die gewĂŒnschten Vorteile der der relativen UnabhĂ€ngigkeit, aber auch unvorhergesehene Paradoxien (Möglichkeit der Knappheit) und neue AbhĂ€ngigkeiten mit sich bringt: derartiges âGeldâ kann vom Schuldner A eben nicht mehr - wie ein geschuldetes Gut - selbst produziert werden. Sondern er ist darauf angewiesen, daĂ ein anderer, von ihm unabhĂ€ngiger freier EigentĂŒmer B âSchulden machtâ und damit eine spĂ€ter fĂ€llige Forderung schafft, die es Schuldner A erlaubt, seine Forderung zu erfĂŒllen, womit (unabhĂ€ngig von irgendwelchen Zinsen) die Möglichkeit der Geldknappheit âzum Terminâ (inclusive der daraus folgenden Zeitknappheit sowie Boom/Bust-Zyklen) in der Welt ist, die zum Wettbewerb um knappes Geld fĂŒhrt, der wiederum die Wirtschaft dynamisiert und KĂ€ufermĂ€rkte erzeugt, die Innovationen und der Ausdifferenzierung arbeitsteiliger Strukturen Vorschub leisten, wobei letztere neue AbhĂ€ngigkeiten der weiterhin formell Freien mit sich bringen, etc. etc. --- damit ist betriebswirtschaftliche RationalitĂ€t / EigentĂŒmerkalkĂŒl in der Welt etc. etc. (eigentliche Dynamisierung also erst, wenn Schulden in abstraktem WertmaĂstab ausgedrĂŒckt werden und nicht mehr durch Lieferung von GĂŒtern oder âEinlösungâ irgendwelchen âEigentumsâ, sondern durch Lieferung spĂ€ter fĂ€lliger, ebenfalls in dieser abstrakten Wert- und Recheneinheit denominierte Schuldtitel erfĂŒllt werden mĂŒssen).
Gelddefinition hier also: spĂ€ter fĂ€lliges, vollstreckbares und in einer abstrakten Recheneinheit Zahlungsversprechen eines privaten Schuldners; solange noch nicht fĂ€llig, kann dieses Zahlungsversprechen als Geld (Wertspeicher und Zahlungsmittel) dienen und jetzt fĂ€llige Geldforderungen erfĂŒllen/vernichten, was sich allerdings zum FĂ€lligkeitstermin schlagartig Ă€ndert: dann wird aus dem âGeldâ nĂ€mlich plötzlich eine âForderung auf Geldâ, die - soll sie erfĂŒllt werden - voraussetzt, daĂ wiederum (noch) spĂ€ter fĂ€llige Forderungen entstanden sind, mit denen sich die jetzt fĂ€lligen erfĂŒllen lassen. (Solches âGeldâ entsteht schon beim âKauf auf Kreditâ nach dem Motto: jetzt haben, spĂ€ter bezahlen).
Dieser Geldbegriff unterscheidet sich sowohl von H/SÂŽ Geldbegriff als auch vom monetĂ€rkeynesianischen und vom bankingtheoretischen (bei diesen fehlt die BegrĂŒndung der Möglichkeit von Geldknappheit durch die Differenzierung jetzt vs. spĂ€ter fĂ€llige Forderungen).
Die Unterscheidung zwischen âGeldâ und âForderungen auf Geldâ anhand der Unterscheidung âjetzt vs. spĂ€ter fĂ€lligâ ist dermaĂen einfach, daĂ sie fast schon lĂ€cherlich erscheint. Dennoch ermöglicht sie, ZEIT auf der allerelementarsten Modellebene in ein bankingtheoretisch angelegtes Modell einer Geldwirtschaft einzubauen: auf der Ebene der âForderungâ nĂ€mlich, die als âsaldenmechanische Grundbeziehungâ damit die âKeimzelle der bĂŒrgerlichen Ă-konomieâ oder die âökonomische Zellenformâ darstellt.
Also nicht Warenform des Arbeitsprodukts sondern Geldform der Forderung = ökonomische Zellenform (schönen Dank an K. Marx fĂŒr die Analogie âZellenformâ)!!!!
Die so resultierende Möglichkeit der Geldknappheit liefert den Kern der ErklĂ€rung nicht nur geldwirtschaftlicher Konjunkturzyklen mit den bekannten PhĂ€nomenen, sondern auch geldwirtschaftlicher Entwicklungs- und Modernisierungsdynamik (Innovation, Ausdifferenzierung arbeitsteiliger Strukturen, âKundenorientierungâ etc. ).
Aus dieser Perspektive wĂ€re also die Kernfrage an die Historie die nach der Entstehung des abstrakten Geldstandards aus den BedĂŒrfnissen der EigentĂŒmer heraus (wĂ€re noch im Detail auszuarbeiten); irgendwelche Formen von âGĂŒtergeldâ interessieren aus dieser Perspektive nicht. Was interessiert, sind Titel - also VertrĂ€ge - und der abstrakte Geldstandard. Und, wichtiger noch, die Ăbertragung des Gewaltmonopols der Vollstreckung der (formell, nicht unbedingt real) freiwillig eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen an die (anonyme) Staatsmacht. Diese ist ĂŒberhaupt erst Vorbedingung dafĂŒr, daĂ Forderungen aus VertrĂ€gen - obwohl erst spĂ€ter fĂ€llig - bereits als gegenwĂ€rtige Vermögenswerte verbucht werden können. Hierin liegt die Kernfrage, die an die historische Forschung zu stellen wĂ€re. Nicht âEigentumâ, sondern Freiheit/UnabhĂ€ngigkeit von unauflöslichen sozialen Verpflichtungen und Vollstreckbarkeit vertraglicher Forderungen aus VertrĂ€gen zwischen Privaten durch die allgemeine (=fĂŒr alle gleichermaĂen maĂgebliche/zwingende) Instanz des Staates ist es, nach deren historischem Ursprung sinnvollerweise zunĂ€chst gesucht werden muĂ.
FĂŒr die Erstenstehung der âPrivatindividuenâ mĂŒssen dabei also zunĂ€chst einmal traditionale, auf unauflöslichen Hilfs- und Solidar- bzw. Abgabenpflichten beruhende Sicherungssysteme zerstört worden sein. Sobald dann die geldwirtschaftliche Form sozialer Reproduktion einmal etabliert ist, kann sie exportiert und anderswo installiert werden, sei es nun durch Eroberung (zwangsweise Installation von oben) oder âfreiwilligesâ Kopieren (heute: nachholende Modernisierung, etwa SĂŒdkorea etc.).
Man kann nun natĂŒrlich sagen, daĂ fĂŒr die Idee eines âEigentĂŒmerstaatsâ mit zentraler Verwaltung etc. die vorgĂ€ngige Existenz eines Feudalstaats mit Ă€hnlich zentralisierter Verwaltungsstruktur nötig war, der dann sozusagen freiheitlich umfunktioniert wurde. Aber diese Vermutung scheint durch die Geschichte ja gedeckt und bringt (soweit ich sehe) keine zusĂ€tzlichen ErklĂ€rungsleistungen in punkto Dynamik der Geldwirtschaft.
Daher wĂŒrde mich interessieren: welche zusĂ€tzlichen ErklĂ€rungsleistungen in Bezug auf geldwirtschaftliche Dynamik bringt Deine neue Machttheorie, die ĂŒber die (fĂŒr Dich ja absolut schlĂŒssige) Bankingtheorie hinausgehen? Ist sie fĂŒr die ErklĂ€rung geldwirtschaftlicher Dynamik nicht ĂŒberflĂŒssig? Der Punkt meiner BegrĂŒndung von Geldknappheit mit der Unterscheidung jetzt fĂ€lliger vs. spĂ€ter fĂ€llige (Geld)forderungen war eben, daĂ sich dieses Problem so ganz ohne AutoritĂ€t (fĂŒr die MonetĂ€rkeynesianer: Zentralbank) lösen lĂ€Ăt --- in other words, daĂ eine AutoritĂ€t dafĂŒr nicht notwendig ist, sondern das auch bankingtheoretisch funktioniert, wobei Du mir sogar zugestimmt hast, daĂ qua Staat lediglich zusĂ€tzliche (aber eben nicht primĂ€re) Geldknappheit ins Spiel kommt.
Was ja unter anderem bedeutet: radikalliberale Thesen, man mĂŒsse nur den Staat aus der Wirtschaft heraushalten oder gar ganz eliminieren, dann werde der freie Markt schon alles zum besten regeln, gehören ins Reich der ideologischen Fiktion: die Möglichkeit der Geldknappheit und dazugehörige Krisentendenz ist nicht vom Staat produziert (obwohl dieser sie, wie Du sagst, verstĂ€rken kann, ihr aber umgekehrt auch entgegenwirken kann). Sondern sie ist marktintern hausgemacht und kann vom Staat pro- oder antizyklisch mitgesteuert werden. Inwieweit dabei steigende Staatsverschuldung saldenmechanisch ânotwendigâ ist oder nur Ergebnis unverantwortlicher Kreditexzesse nicht persönlich haftender Politiker darstellt, könnte wohl nur in einer prĂ€ziseren saldenmechanischen Modellsimulation (Ă€hnlich der von C. Bruun vorgeschlagenen) geklĂ€rt werden. Klar ist jedenfalls, daĂ durch die mangelnde persönliche Haftung der staatlichen Kreditnehmer verantwortungsloses Handeln sehr naheliegt.
Jedenfalls kommt diese BegrĂŒndung von Geldknappheit ohne Zins aus und deshalb auch ohne die Notwendigkeit permanent steigender Schuldensummen (stellt in diesem Modell lediglich eine Möglichkeit dar).
Was die âprima causaâ angeht: solche Fragen interessieren mich nicht âals solcheâ, sondern nur insoweit, als sie mich in Bezug auf mein Erkenntnisziel weiterbringen, das nicht in der Historie als solcher, sondern im Verstehen heutiger AblĂ€ufe (zwecks zielgerichteter VerĂ€nderung) besteht. Wo die Historie dazu beitrĂ€gt, great; wo nicht, why bother?
Heinsohns Rekonstruktion ist dabei fĂŒr mich Paradebeispiel fĂŒr dafĂŒr, wie eine historische âprima causaâ der theoretischen Modellkonstruktion entscheidende Ansatzpunkte liefern kann -- wenn man die Historie aus der Perspektive expliziter theoretischer Fragestellungen/Erkenntnisziele angeht (Lösung der Frage: woher kommen plötzlich die âunabhĂ€ngigen Privatindividuenâ, Antwort: dafĂŒr mĂŒssen vorgĂ€ngige kollektive Sicherungssysteme zerstört worden sein - Evidenz zeigt, daĂ dies durch Naturkatastrophen passierte). DaĂ H/S dabei neben dem Staat auch das Geldknappheitsproblem -- MiĂverhĂ€ltnis jetzt vs. spĂ€ter fĂ€llige Forderungen -- nicht sehen, geschweige denn lösen, und hier z.B. auch berechtigte Kritik der Berliner MonetĂ€rkeynesianer ignorieren, steht auf einem anderen Blatt, (ist aber wie gezeigt im Prinzip bankingtheoretisch behebbar - mĂŒĂte allerdings erst noch im Detail ausgearbeitet werden); es gibt weitere Unstimmigkeiten im H/S-Modell (wie die unbeantwortete Frage nach der Entstehung eines abstrakten, von GĂŒtermengen entkoppelten Geldstandards und ihr Geldbegriff ĂŒberhaupt, weswegen ich ja den allgemeineren bankingtheoretischen verwende), die neu beleuchtet werden mĂŒĂten. Ich sehe aber nicht, daĂ es dafĂŒr den RĂŒckgriff auf den Staat als primĂ€ren Beweger brĂ€uchte.
Was eine mögliche logische âprima causaâ angeht: die scheint mir weniger Ergebnis von Forschung als mehr Ergebnis einer theoretischen Vorentscheidung zu sein, worauf man bei der Modellbildung ĂŒberhaupt schauen will --- also z.B. bei MarxÂŽ âmaterialistischemâ Ansatz auf die VerhĂ€ltnisse, in denen die Menschen die Produktion und Reproduktion ihres materiellen (Ăber)lebens organisieren (was H/S von Marx ĂŒbernehmen). Um es mal ĂŒberspitzt auszudrĂŒcken: man kann eine solche âprima causaâ im Prinzip auswĂ€hlen, wie man will und bekommt dann im Prozess der âempirischen Konkretisierungâ das entsprechende (qua prima causa vorgewĂ€hlte) theoretische Ergebnis. Frage wĂ€re also demnach: von welcher logischen âprima causaâ gehe ich sinnvollerweise aus (und aus welchen GrĂŒnden/mit welchem Ziel). Die abstrakte prima causa selbst ist mehr oder weniger trivial - interessant wird sie erst da, wo man spezifische Formen ihres Funktionierens in konkreten Gesellschaftsformationen untersucht.
Fazit: Eine Theorie des Staats als ökonomischer Agent sollte man, eine allgemeine Machttheorie kann man durchaus ans bankingtheoretische Modell anbauen. Sie ist aber fĂŒr die ErklĂ€rung des KernphĂ€nomens einer Geldwirtschaft - deren Modernisierungsdynamik - ĂŒberflĂŒssig. DaĂ âMachtâ und âGewaltâ auch in einer âfreienâ Wirtschaft (qua Vollstreckbarkeit durchs staatliche Gewaltmonopol zum FĂ€lligkeitstermin) eine zentrale Rolle spielen, ohne die die Modernisierungsdynamik nicht denkbar ist, ist dabei unstrittig.
Schönen Dank fĂŒr die EinwĂ€nde und DenkanstöĂe. Ich werde mir dazu bei Gelegenheit online von Dir verfĂŒgbare Texte anschauen.
GruĂ
moneymind

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