- Grundsteuer (teilweise) verfassungswidrig? - bernor, 08.09.2005, 13:54
- Re: Grundsteuer (teilweise) verfassungswidrig? - bonjour, 08.09.2005, 21:19
- Re: Grundsteuer (teilweise) verfassungswidrig? - bernor, 09.09.2005, 01:28
- Grundsteuer (teilweise) verfassungswidrig! - LenzHannover, 13.09.2005, 00:42
- Re: Grundsteuer (teilweise) verfassungswidrig? - bonjour, 08.09.2005, 21:19
Grundsteuer (teilweise) verfassungswidrig?
-->Hi,
aktuell zum Thema Grundsteuern, hier offenbar noch nicht gepostet) - zunächst ein Auszug (mit Hervorhebungen von mir):
<font color=#0000FF>Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer auf dem Prüfstand
Seit dem 01. August 2005 ist am Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer anhängig (Az.: 1 BvR 1644/05)
Die Beschwerdeführer, zwei Hauseigentümer aus einer badischen Kleinstadt, wenden sich gegen die Festsetzung von Grundsteuer auf die von ihnen selbst und ihren Familien bewohnten Grundstücke. Sie sind der Ansicht, die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verbiete es dem Gesetzgeber, auf die Wirtschaftsgüter des persönlichen Gebrauchsvermögens zuzugreifen und berufen sich auf den 1995 ergangenen Vermögenssteuerbeschluß. Dort hatte das Bundesverfassungsgericht die Vermögenssteuer als verfassungswidrig verworfen und sich grundsätzlich zur Zulässigkeit sogenannter"Sollertragssteuern" geäußert.
Sollertragssteuern sind solche Steuern, die nicht den tatsächlichen Ertrag (wie etwa die Einkommensteuer), sondern nur einen erwarteten, theoretisch erzielbaren Ertrag aus einem oder mehreren Wirtschaftsgütern unterstellen und diesen Sollertrag besteuern. Reine Substanzsteuern, also solche, die das bloße Eigentum besteuern, sind nur in staatlichen Ausnahmelagen (etwa Reparationszahlungen nach Kriegsende) zulässig und ansonsten verfassungswidrig.
Wenn aber der Sollertrag die Grundlage des Besteuerungsrechtes darstellt, dann können solche Gegenstände, die dem Steuerpflichtigen nicht zur Ertragserzielung zur Verfügung stehen, nicht besteuert werden - andernfalls handelte es sich um eine verfassungswidrige,"echte" Substanzbesteuerung. Die wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung genießt insofern einen besonderen Schutz, da sie letztendlich die persönliche Freiheit des Bürgers sichert. Das individuelle Gebrauchsvermögen ist daher gegen eine Sollertragsteuer abzuschirmen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes erging zwar zur Vermögenssteuer, die Grundsteuer steht der Vermögenssteuer jedoch systematisch gleich.
Der Verfassungsbeschwerde werden von Fachleuten gute Chancen eingeräumt."Es ist verfassungswidrig, ein Hausgrundstück zu besteuern, das vom Eigentümer selbst bewohnt wird", so der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer, Rechtsanwalt und Steuerberater Jan Weber aus Heidelberg."Denn ein Hauseigentümer hat ja, selbst wenn er es wollte, keine Möglichkeit, das Grundstück gewinnbringend zu nutzen. Ihm wird jedes Jahr gewissermaßen ein Teil seines Eigentumes vom Fiskus weggesteuert." </font>
... weiter geht‘s hier: http://www.grundsteuer.com/
Interessant ist zunächst einmal die Auffassung, daß die quasi persönliche Grundsteuer (für eigengenutze Wohngrundstücke) als unvereinbar mit der „Freiheit des Bürgers“ angesehen wird - das kommt dem, was wir hier zur Grundsteuer als SOLL-Abgabe bereits erkannt haben (daß sie allein für sich die o.a. „Freiheit“ ad absurdum führt), schon sehr nahe.
Übersehen wird bei der Klagebegründung allerdings, daß hier auch die Grundsteuer, soweit sie auf Mietwohngrund entfällt, miteinbezogen werden müßte, da ja auch Mieter die Grundsteuer, hier des Vermieters, zahlen - ob nun über „Umlage“ lt. Mietvertrag oder (höhere) Miete, ist hier irrelevant, da hier allein die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend sein sollte (der Mieter kann jedoch nicht klagen, da er nicht der Adressat der jeweiligen Grundsteuerbescheides ist - eventuell erst später wegen „Ungleichbehandlung“, wenn das BverfG im Sinne des Klägers entschieden haben sollte).
Die mögliche Brisanz einer positiven BverfG-Entscheidung liegt (abgesehen mal von der Frage, wie dann die „Kompensation“ für die Steuerausfälle der Kommunen aussehen könnte) darin, daß die Grundsteuer künftig eben nur für Grundstücke erhoben werden darf, wenn mit diesen auch entsprechende Einnahmen getätigt werden können, um damit - und zwar ohne grundsätzliche Beeinträchtigung des jeweiligen Erwerbsgeschäftes! - auch die Grundsteuer bezahlen zu können.
Zu „normalen“ Zeiten kein Problem - was aber in einer Rezession, bei drohender Pleite?
Vielleicht öffnet sich dann, wenn auch andere SOLL-Abgaben wie IHK- und vor allem LWK-Beiträge analog „relativiert“ und schließlich (fallbezogen) annulliert werden, hier und da ein Türchen für die Subsistenzwirtschaft?
Gruß bernor

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