- Muslimische Anleihen mit Renditen auf Renditen - nächster Schwindel - dottore, 12.09.2005, 18:55
- Bingo... - bernor, 12.09.2005, 23:54
- Kleine Korrektur - bernor, 13.09.2005, 00:01
- Re: Bingo... - dottore, 13.09.2005, 17:48
- Re: Muslimische Anleihen und Zinsen dazu auch muslim-markt.de - monopoly, 13.09.2005, 07:19
- Bingo... - bernor, 12.09.2005, 23:54
Re: Bingo...
-->Hi bernor,
besten Dank vorweg.
>daĂź der Islam irgendwann im Westen ankommt, hatte ich hier schon vermutet:
>5) Ist es daher so völlig aus der Luft gegriffen, anzunehmen, daß eher der (zumindest europäische) Westen"islamische" Wirtschaftsformen (einschließlich der Hawala-Geldtransfersystems) übernehmen wird als der Irak oder andere islamische Länder den"Kapitalismus"? Wird sich das scheinbar Weichere als das in Wahrheit Härtere erweisen?
Sehr feine Beobachtung. Der Sturmlauf des Islam, der zunächst Nordafrika den Byzantinern ("ar-Ruum", vgl. Sure 30) entriss, dann nach Mantzikert 1071 Kleinasien und schließlich 1453 den Rest, kann gut mit den unterschiedlichen Steuersystemen erklärt werden (Byzanz: übliche maximale Steuerlast plus Steuerpacht, dann vom Themen- zum Pronoia-System der übliche Abstieg; Islam: Zakat, was wie ein Befreiunggsschlag wirken musste).
Da liegt noch jede Menge Zukunft. Spätestens wenn die vertagten Steuern wirklich über den Tisch gehen müssen. Als (gedachte) Poll Tax (pro Kopf) für D immerhin fast 19.000 Euro!
>Wobei der Begriff"Schwindel" hier m.E. nicht angebracht ist, weil infolge der Gleichsetzung von Zins = Rendite...
Es ging mir um den im Voraus festgelegten Miet-, usw. -Zinssatz, wie fĂĽr Kapitalismen typisch. Zur Rendite gleich.
>Sukuk ist eine Art Beteiligung von Anlegern am Besitz des Schuldners, die Einkünfte abwirft, die dann an den Sukuk-Halter (Gläubiger) ausgeschüttet werden. Der sie seinerseits in weiteren Sukuks anlegen kann, was selbstredend einen Zinseszins-Effekt beinhaltet.
>... suggeriert wird, daß der Islam auch den Gewinn (= Ertrag über Kosten) an sich verboten hätte, was aber tatsächlich nicht der Fall ist - ein wichtiger Unterschied wird dabei übersehen:
>Der „Zins“ ist (wie auch z.B. die klassische Ur-Abgabe „Grundsteuer“) ein SOLL, während die „Rendite“ das IST darstellt.
Da sind wir im Kern des Problems. Da als Nachfrage nur die Kosten zur Verfügung stehen können, müsste der Islam das Phänomen"Gewinn" erklären. Er ist kalkulatorisch und nicht pagatorisch.
>Und <b<das[/b] ist das eigentlich „Revolutionäre“ an der islamischen Wirtschaft: daß dort der bisherige Gläubiger, der wegen seiner „starren“ Zinsforderung mitunter als „hartleibig“ und sogar, wenn der Laden des Schuldners gar nicht mehr so gut läuft, als „Vernichter von Existenzen“ gilt, in einen Mitunternehmer verwandelt wird, der über seinen Anteil eben nur Anspruch auf das hat, was hereinkommt, demnach also „flexibel“ - man könnte auch sagen: „sozial“ - mitverdient.
Einverstanden. Sofern wir es mit atomistischer Konkurrenz zu tun haben, wobei aber gilt: Kosten = Ertrag. Gewinn = Zero. Es läuft also im Islam darauf hinaus, die bei einem Teil der Marktteilnehmer entstehenden Gewinne (Teil der von allen ausgekehrten Kosten) an jene zurückzugeben, die diese nicht erzielen konnten/können. Der Islam stellt im Modell also eine atomistische Konkurrenz ex post her, die es ex ante nicht gegeben hat.
>Mohammed (oder wer auch immer) hat also nur die SOLL- durch die IST-orientierte Forderung ersetzt - als Kaufmann wird ihm die Wirkung des Abgabendrucks auf den Handel geläufig gewesen sein (zumal die Margen damals sicher nicht allzu groß gewesen sind - hätte er sich sonst als „Religionsstifter“ betätigt?).
Das Problem schaut noch etwas anders aus: Wie kann Rendite erwartet werden, wenn sie nicht zuvor pagatorisch an jene ausgekehrt wurde, die sie als Abgabe schuldig sind. Das unlösbare Kernproblem jeder Abgabenwirtschaft.
>Am Abgabendruck konnte (und wollte?) er nichts ändern - da blieb nur die Möglichkeit, sein Derivat, den Zinsdruck, zu „sozialisieren“.
Den monetären Zinsdruck kann er verbieten. Den monetären Renditedruck kann er nur nach pagatorischem Anfallen der Renditen (ex diverser nicht-monetärer Zinsen) denen wieder zurückgeben, die Rendite zahlen mussten. Das geschieht aber in den ganzen Sukuk-Konstruktionen nicht, die auf Renditesrenditen hinauslaufen. Deshalb ist dies islamischer (Etiketten-)Schwindel.
>Wenn der Islam ein „Einfallstor“ im Westen hat, dann hier - und nicht in der albernen Kopftuch-Debatte.
Ja. Vor allem, sobald der Steuerzins in die Debatte kommt.
Nochmals Dank + GruĂź!

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