- Countdown läuft - Angela Merkel vor dem Abgang... - monopoly, 21.09.2005, 20:59
Countdown läuft - Angela Merkel vor dem Abgang...
-->21.09.2005
Kommentar
Rainer Balcerowiak
Angela Merkel vor dem Abgang
Countdown läuft
Trainer im Profifußball und Spitzenpolitiker haben eines gemeinsam: Je lauter die Treueschwüre, desto wahrscheinlicher die baldige Entlassung. Wer die Kanzlerkandidatin und Parteivorsitzende der CDU in den vergangenen Tagen beobachtet hat, weiß, daß sie das auch weiß. Die von langer Hand geplante Demontage der Angela Merkel befindet sich in ihrer entscheidenden Phase.
Bereits im Wahlkampf hatten Unionsgrößen wie Jörg Schönbohm und Edmund Stoiber dafür gesorgt, daß durch wüste Beschimpfungen der ostdeutschen Bevölkerung das Wählerpotential der Union verkleinert wurde. Unmittelbar darauf wurde ein Ergebnis von 45 Prozent der Wählerstimmen als Meßlatte verkündet. Anschließend trieb man die Möchtegernkanzlerin in die Kirchhof-Falle. Als prompt massive Kritik an den unvermittelbaren Plänen des Finanzwissenschaftlers und eine demoskopische Talfahrt der Union einsetzten, ließen ihre Widersacher - allen voran die CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch, Christian Wulff und Günther Oettinger - Merkel mit Kirchhof im Regen stehen und demütigten sie zusätzlich durch die Reanimation des von ihr vor einiger Zeit persönlich weggemobbten CDU-Finanzexperten Friedrich Merz.
Die Wähler reagierten wie erwartet. Die Union wurde abgestraft und die von Merkel angestrebte Koalition mit der FDP unter ihrer Führung unmöglich gemacht. Bereits am Wahlabend dürfte der Kandidatin allmählich gedämmert haben, daß sie ihre Kanzlerinträume begraben kann, nachdem Gerhard Schröder für sich und seine Partei eine große Koalition unter ihrer Führung kategorisch ausgeschlossen hatte.
Natürlich wurde Merkel daraufhin von ihren »Parteifreunden« versichert, daß man »wie ein Mann« hinter ihr stehe und ermunterte sie zu allerlei brotlosen Spielereien zur Mehrheitssuche. Doch das ist bereits die Galgenfrist der Kandidatin. Eine Mehrheit für ein von Merkel geführtes Kabinett ist nicht in Sicht und würde notfalls wohl von ihren »Parteifreunden« durch völlig unrealistische Forderungen an mögliche Koalitionspartner torpediert werden.
So wird der Ruf, aus »nationaler Verantwortung« eine schnelle Regierungsbildung zu ermöglichen, in den nächsten Tagen und Wochen stetig anschwellen. Schröder kann sich daraufhin mit theatralischer Geste in die Geschichtsbücher verabschieden, und seine Partei wird der Union signalisieren, daß einer CDU-geführten großen Koalition ohne Merkel nunmehr nichts mehr im Wege steht. Mit Wulff oder Koch an der Spitze und Peer Steinbrück als SPD-Sozius wird dann eine mit reichlich Vorschußlorbeeren ausgestattete »Reformregierung« die Arbeit aufnehmen. Wenigstens in Nebensätzen wird man Angela Merkel für ihr »uneigennütziges Handeln zum Wohl des Landes« danken.
http://www.jungewelt.de/2005/09-21/002.php

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