- Krieg ist eine Geisteshaltung - Golden Boy, 23.10.2005, 18:47
- Sag mal: WAS SOLL DAS HIER??? (o.Text) - Frank, 23.10.2005, 19:07
- Re: Sag mal: Was soll deine Frage? Ich find´s interessant (o.Text) - Elli (Boardmaster)--, 23.10.2005, 19:33
- Re: Sollte man aber als außerthematisch kennzeichnen! (o.Text) - Theo Stuss, 23.10.2005, 19:52
- Ist m. E. nicht außerthematisch - siehe"pólemos pánton patér" (Heraklit) (o.Text) - bernor, 23.10.2005, 22:04
- Re: Sollte man aber als außerthematisch kennzeichnen! (o.Text) - Theo Stuss, 23.10.2005, 19:52
- Re: Sag mal: WAS SOLL DAS HIER??? (o.Text) - Aleph, 23.10.2005, 19:40
- sag mal: bestimmst du was hier zu stehen hat und was nicht??? (o.Text) - wheely, 23.10.2005, 23:52
- Nö, man wird doch aber mal fragen dürfen, oder? (o.Text) - Frank, 24.10.2005, 11:07
- Re: Sag mal: WAS SOLL DAS HIER??? (o.Text) - Aiwass7, 24.10.2005, 07:24
- Re: Sag mal: WAS SOLL DAS HIER??? - Aiwass7 - nereus, 24.10.2005, 08:56
- Re: Sag mal: WAS SOLL DAS HIER??? - Aiwass7 - Aiwass7, 24.10.2005, 11:05
- Okay, hast wohl Recht, alles halb so wild... (o.Text) - Frank, 24.10.2005, 11:07
- Re: Sag mal: WAS SOLL DAS HIER??? - Aiwass7 - nereus, 24.10.2005, 08:56
- Re: Sag mal: Was soll deine Frage? Ich find´s interessant (o.Text) - Elli (Boardmaster)--, 23.10.2005, 19:33
- Re: Krieg & Terror scheinen oft eine Folge demographischer Muster zu sein - moneymind, 24.10.2005, 02:06
- Ein Feind(Angst)bild jagd das andere, mehr nicht... - prinz_eisenherz, 24.10.2005, 12:23
- Re: Ein Feind(Angst)bild jagd das andere, mehr nicht... - Prinz - nereus, 24.10.2005, 13:09
- Dabei kann aber der eine JA und der andere NEIN sagen... - prinz_eisenherz, 24.10.2005, 14:55
- Re: G. Heinsohn zu Terror und Demographie - moneymind, 29.10.2005, 01:15
- Re: G. Heinsohn zu Terror und Demographie - bernor, 29.10.2005, 22:07
- Re: Auf die Moral von der Geschicht, ich gerne ebenfalls verzicht... - moneymind, 31.10.2005, 20:20
- Re: G. Heinsohn zu Terror und Demographie - bernor, 29.10.2005, 22:07
- Re: Ein Feind(Angst)bild jagd das andere, mehr nicht... - Prinz - nereus, 24.10.2005, 13:09
- Ein Feind(Angst)bild jagd das andere, mehr nicht... - prinz_eisenherz, 24.10.2005, 12:23
- Sag mal: WAS SOLL DAS HIER??? (o.Text) - Frank, 23.10.2005, 19:07
Re: G. Heinsohn zu Terror und Demographie
-->Hallo Eisenherz,
mein Magen hat zunächst mal ganz ähnlich auf den Heinsohn-Text reagiert wie Deiner - mir ging es auch so, als ich sein Buch"Söhne und Weltmacht" gelesen habe, in dem er seine demographische Deutung von Krieg und Terror etwas ausführlicher darstellt.
Ich hatte den Link aus verschiedenen Gründen reingestellt. Zum einen, weil ich der Meinung bin, daß die von GoldenBoy gepostete Theorie, die Krieg nur auf Pädagogik zurückführt und so die Pädagogen zu den Kriegs- und Friedensstiftern erklärt, viel zu kurz greift. Pädagogen vermitteln doch nur Ideen, die andere in einer historisch ganz spezifischen Situation zu bestimmten Zwecken ausgeheckt haben. Um die Produktion solcher Ideen zu verstehen, müssen wir, glaube ich, analytisch schon ein bißchen tiefer schürfen.
Ein Sozialpädagoge, der da etwas tiefer schürft, wäre der Bremer Gunnar Heinsohn, dessen Buch"Söhne und Weltmacht" ich neulich gelesen habe (das von mir gepostete paper war ein Vorläufer dieses Buchs). Meine Reaktion darauf war allerdings recht zwiespältig. Einerseits gab es einleuchtende Aspekte an seinen Thesen, andererseits hat mich Heinsohns oft zynischer, gefühlloser, letztlich unkonstruktiver und teilweise auch sensationshaschender Umgang mit dem Thema ähnliche Magenschmerzen verschafft wie Dir und hat mich ziemlich geärgert. Besonders viel Zuversicht versprüht Heinsohn auch nicht gerade, weswegen bei der Lektüre starke Nerven nicht schaden können.
Trotzdem bin ich der Meinung, daß sein in erster Linie demographischer Blickwinkel einige aufschlußreiche Einsichten beinhaltet, die in der öffentlichen Diskussion und auch in der Diskussion in diesem forum zum Thema"Terror" bisher kaum auftauchen und dieses Thema in einem anderen, ungewohnten Licht erscheinen lassen.
Um nur ein paar (in Thesenform) zu nennen:
- der Islam als solcher ist nicht gewalttätig (wie mit Hinweis auf den Begriff"Djihad" oft unterstellt wird) - aber er kann in besonderen historischen Situationen zur Rechtfertigung von Gewalt benutzt werden, wie jede andere Ideologie auch
- auch christliche Kulturen haben - siehe europäischer Kolonialismus - viele Leben auf dem Gewissen, ohne daß die Religion als solche"gewalttätig" wäre - auch hier wieder war sie es in einer besonderen historischen Situation, die man genauer anschauen muß, wenn man verstehen will worum es ging
- die Aggressivität und der Expansionismus des christlichen Europa fand in der Folge einer veritablen Bevölkerungsexplosion statt (Kinderzahlen im 18. Jhdt), die einen"youth bulge" - überzählige Söhne, für die keine gesellschaftlichen Positionen bereitstehen - produziert hat
- die heutige islamische Welt hat ebenfalls eine veritable Bevölkerungsexplosion hinter sich, mit der Folge eines"youth bulge" (junge Männer, für die keine gesellschaftlichen Positionen bereitstehen)
- Heinsohns generelle These ist nun, daß eine hohe Geburtenrate (>3 Söhne pro Frau) plus die Unfähigkeit, für die nachwachsenden Söhne auch gesellschaftliche Positionen (=Sinn- und Lebensperspektiven) zu schaffen, zu einem Gewaltpotential führt, das sich in kriegerischer Expansion ebenso entladen kann wie in inneren Konflikten (Bürgerkriegen, Genoziden etc. - etwa in Ruanda). Die jungen Männer, die keine Aufgabe haben, werden zum Rekrutierungsfeld für Armeen und Kampftruppen, die sich dann mit einer jeweils greifbaren Ideologie legitimieren (ob diese Ideologie nun Christentum, Islam, Marxismus, Liberalismus oder sonstwie heißt, ist dem Phänomen des Sohnesüberschusses gegenüber völlig sekundär). Manche entscheiden sich auch für den Weg zum Selbstmordattentäter (und werden teilweise richtiggehend dazu abgerichtet).
- in dieses Bild paßt u.a., daß viele Selbstmordattentäter zwischen 18 und 30 Jahren alt sind
- Sowohl der europäische Expansionismus und Kolonialismus des 19. Jahrhunderts als auch der heutige Islamismus und viele Bürgerkriege in Ländern mit Sohnesüberschuß infolge hoher Kinderzahlen hätten insofern dieselbe (jeweils historisch spezifische) Ursache, die von Religion/Ideologie unabhängig und diesen vorgeordnet ist (extrem hohe Geburtenraten, die selber zu erklären wären)
- diese These liegt völlig quer zu gängigen gut/böse-Schemata (US-Schema: Westen = die Guten, Rest = die Bösen; Iran-Schema: genau umgekehrt) und bietet neue Ansatzpunkte für Diskussion und fürs Weiterfragen.
etc. etc.
Der Text, den ich hier auf die Schnelle gepostet habe, war aber wahrscheinlich wegen der Beschränkung seines Inhalts und seiner auf den Magen schlagenden Sprache wenig als Einführung in dieses demographischen Blickwinkels brauchbar und wegen seiner Einseitigeit eher mißverständlich.
Habe deshalb nochmals gesucht und poste hier für die, die es interessiert, einige weitere Links, mit dem Zusatz, daß Heinsohn seine Sicht der Dinge in dem Buch"Söhne und Weltmacht" ausführlicher darstellt. Außerdem habe ich ein paar Links zu Kommentaren (teilweise zustimmend, teilweise kritisch) und zu einer (zu anderen Ergebnissen kommenden) Folgestudie des Berlin Instituts ergänzt.
Ich finde bedauernswert, daß Heinsohn insgesamt eher unkonstruktiv und wenig lösungsorientiert an sein Thema herangeht - da bliebe wohl noch viel zu tun. Wofür seine Analyse aber meiner Meinung nach unter anderem nützlich sein kann, wäre ein nüchternerer, auch historisch/demographisch informierter Blick auf die gegenwärtigen Auseinandersetzungen um das Thema"islamistischer Terror".
Ich finde, er bietet mit seiner zugegebenermaßen sehr vereinfachenden, aber eben neuartigen Perspektive jedenfalls neue Gesichtspunkte, Ansatzpunkte und Fragestellungen fürs Weiterdenken in der Debatte um Terrorismus, Islamismus usw.
Da Heinsohn aber seine Theorie nicht nur auf die europäische Kolonisation und die gegenwärtige demographische Situation bezieht, sondern mit vielfältigen weiteren Beispielen aus der Geschichte belegt (sogar die 68er"Revolution" interpretiert er als Folge des Nachkriegsbabybooms, und tatsächlich sind viele 68er Studenten ja Jahrgänge ab 1944) ist vielleicht auch Denkfutter für für die eher"großtheoretisch" und historisch Interessierten hier im Forum dabei. Heinsohn zielt wohl eben nicht nur auf eine Interpretation der gegenwärtigen Situation, sondern auf einen allgemeiner gültigen Zusammenhang von demographischen Mustern (Sohnesüberschuß) und Gewalt, daher der Untertitel seines Buchs"Söhne und Weltmacht" ("Terror im Aufstieg und Fall der Nationen"), vermutlich geht es ihm sogar um (materialistische) Zivilisations- und Geschichtstheorie.
Und vielleicht interessieren sich hier ja auch einige dafür, was einer der Urväter von dottores Debitismus (siehe die Würdigung in"Der Kapitalismus"), der Bremer Sozialpädagogik-Professor Heinsohn, sonst so treibt. Eine kontroverse Diskussion wären seine Thesen allemal wert.
Hier also noch ein paar Links zum Reinlesen (um die Lektüre des Buchs wird man aber wohl letzlich kaum herumkommen, um die Implikationen der Heinsohnschen Thesen insgesamt einschätzen zu können):
Heinsohns Thesen zum Zusammenhang von Demographie, Krieg und Terror:
http://www.taz.de/pt/2002/04/06/a0230.nf/text --- Heinsohn in der taz
http://www.welt.de/data/2003/04/05/65429.html - Gunnar Heinsohn in der"Welt":"A Fight for Love and Glory"
http://www.zeit.de/archiv/2002/16/200216_g-heinsohn_youth.xml?page=all --- Interview mit Heinsohn in der Zeit
http://www.kirchliche-dienste.de/upload/4.2heinsohn.pdf - Gunnar Heinsohn"Warum werden sie zu Kriegern?" (nur der Vollständigkeit halber nochmal)
http://www.amazon.de/exec/obidos/AS...xs_ap_i1_xgl/302-3983018-2664061 - Buch"Söhne und Weltmacht" bei amazon
Kommentare anderer Autoren:
http://www.welt.de/data/2004/01/10/220939.html --- Sylke Tempel bespricht"Söhne und Weltmacht"
http://www.zeit.de/2004/10/SM-HeinsohnKURZ --- kritischer Kommentar zu Heinsohn, von Rainer Klingholz
http://www.zeitpunkt.ch/schwerpunkt_aktuell_01.htm --- Kommentare eines Schweizer Autoren
http://www.inet-p.de/soehne2web.htm --- Anmerkungen + Kommentar zu"Söhne und Weltmacht", von Richard Beiderbeck
Studie des Berlin Instituts zu Heinsohns Thesen:"Jugend und Kriegsgefahr"
http://www.berlin-institut.org/pages/buehne/buehne_studie_kroehnert_jugend_kap1.html
Gruß

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