- Serono's Bertarelli fühlt nur noch Wind in den Segeln der Alinghi! - Emerald, 13.11.2005, 07:45
Serono's Bertarelli fühlt nur noch Wind in den Segeln der Alinghi!
-->»Bertarellis Firma leidet unter leerer Pipeline, schwachem US-Geschäft und Bussen
Von Marc Badertscher
Genf - Ernesto Bertarelli, Chef und Besitzer des weltweit drittgrössten Biotechunternehmens Serono, muss einstecken. An seinem Wohnort Gla nd am Genfersee wirft man ihm vor, er zahle zu wenig Steuern. Damit nicht genug. Aus seinem Segel-Dreamteam Alinghi sprang vor kurzem erneut ein wichtiger Stratege ab. Und diese Woche sickerte über das «Wall Street Journal» durch, Serono sei auf der Suche nach «strategischen Alternativen».
Seit Monaten sondiert Bertarelli bei der Big Pharma, welche Kooperationen zu welchem Preis möglich wären. Vor einigen Wochen sind am Hauptsitz von Pfizer in New York Serono-Top-Shots aus Europa gesichtet worden. Unter Mitarbeitern kursierte das Gerücht, Supermulti Pfizer wolle eine grosse Schweizer Biotechfirma kaufen.
Novartis greift 2008 Serono direkt an
Nun hat Bertarelli das Sondieren der «strategischen Alternativen» der Investmentbank Goldman Sachs übertragen. Kein gutes Omen. Erfolgreiche Deals in der Big Pharma, wo neben Novartis und Pfizer nur wenige als Käufer in Frage kommen, werden zwischen den Managern zweier Konzerne selber angebahnt, nicht über Investmentbanken.
Ein Pharmaanalyst sagt: «Du greifst zum Telefon und fragst: Sollten wir zusammensitzen?» Seronos Umweg über die Bank hiesse nichts anderes, als dass man selber niemanden gefunden hat. In der neusten Ausgabe der «Finanz und Wirtschaft» sagt etwa Hauptkonkurrent Biogen klar: Wir sind nicht interessiert.
Dem erfolgsgewohnten Bertarelli läuft die Zeit davon. Der Grund ist Rebif. Das Multiple-Sklerose-Medikament ist Sero- nos Milliarden-Dollar-Blockbuster und Gewinn-Versicherung. Das Geschäft damit macht mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes aus. Man könnte Serono auch Rebif nennen. Das Problem ist nur: Der Patentschutz für Rebif läuft 2011 aus, Novartis will 2008 mit einem Konkurrenzprodukt auf den Plan treten, und bereits nächstes Jahr lanciert Biogen eine verbesserte Version der Rebif-Konkurrenz Tysabri. Für Serono wird es langsam eng, man braucht neue Produkte.
Damit kommt Alternativstrategie Nummer zwei zum Tragen: Goldman Sachs soll für Serono Produkte, die sich in Entwicklung befinden, zusammenkaufen. Eine Strategie, die Bertarelli schon seit längerem selber verfolgt. In den letzten zwölf Monaten hat Serono acht Medikamente in frühen Entwicklungsphasen einlizenziert. Das ist teuer und kommerziell riskant. Man setzt auf Krebsmedikamente, bisher bleiben grosse Erfolgsmeldungen aus.
Dieses Jahr wird der Konzern Verluste schreiben
Auf diese aber ist Bertarelli dringend angewiesen. Denn neben der Rebif-Abhängigkeit gibts weitere Probleme:
- Die anderen Medikamente von Serono verkaufen sich mässig. Von den 14 umsatzstärksten stagnieren sechs, weitere sechs haben den Umsatzzenit bereits überschritten. Jenes mit der grössten Wachstumsrate stammt nicht aus dem eigenen Hause, sondern wurde von Genentech entwickelt und eingekauft.
- Die Zahlen zum dritten Quartal sind ernüchternd. Auf dem wichtigen amerikanischen Markt stagniert der Absatz generell. Gonalf, ein Fruchtbarkeitsmittel und Seronos zweitwichtigste Stütze, verkaufte sich sechs Prozent weniger. Das Produkt der Konkurrenz legte zu.
- Dieses Jahr wird der Konzern Verluste schreiben: Serono muss 704 Millionen Dollar an Strafen und Schadenersatz bezahlen. Man hatte Ärzten ein schönes Weekend in Cannes bezahlt. Sie sollten dafür ein Medikament gegen Gewichtsverlust bei Aidspatienten etwas häufiger verschreiben.
- Die Medikamenten-Pipeline ist mager, und zuletzt gab es vor allem Rückschläge: Experten rieten Serono, die Forschung an zwei Medikamenten zu stoppen. In einem Fall war eine Versuchsperson gestorben. Zwei weitere Projekte trug man selber zu Grabe. Studien in einem frühen Forschungsstadium zeigten, dass zwei Wirkstoffe gegen Diabetes und Entzündungen der Gebärmutterschleimhaut nichts taugten.
- Der Aktienkurs von Serono tritt seit Jahren an Ort, obschon das Management milliardenschwere Aktienrückkaufprogramme lanciert hatte, was den Titel eigentlich stützte.
Ohne Rebif wäre Serono ein Scherbenhaufen und mit Rebif mit jedem weiteren Monat ein Konzern mit sinkendem Wert.
Letzte Woche stieg Seronos Aktienkurs in Erwartung einer Übernahme um satte zehn Prozent. Der Familie Bertarelli brachte das eine Milliarde Franken. Ein Buchgewinn zwar, aber immerhin etwas zum Versteuern.
PS: Der Aktienkurs legte letzte Woche zirka 10% zu, nachdem die Firma sich öffentlich outete einen Käufer zu suchen. Serono braucht Stürme um die Firma
weiterzutragen, nun hatte sie eine letzte schwache Böe?

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