- Die Geier kreisen schon - No_Fear, 30.12.2000, 16:33
Die Geier kreisen schon
Die Geier kreisen schon
By Irwin Kellner 11:30 MEZ Dez 21, 2000
NEW YORK (CBS.MW) - Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Wirtschaft
stärker schwächelt als die Statistiken einen glauben machen möchten, sind ein
erhöhtes Arbeitspensum und vermehrte Neueinstellungen bei Firmen, die auf
Konkurs, Gläubigerrechte und notleidende Kredite spezialisiert sind.
Da die Banken und Anleihenmärkte den Geldhahn für kreditfinanzierte
Wertpapiergeschäfte weitgehend zugedreht haben und die US-Wirtschaft
bedrohlich ins Stottern geraten ist, dürfte die Zahl der Firmenpleiten bald
ansteigen. Zahlreiche Unternehmen stehen vor Liquiditätsengpässen.
Immer mehr große und kleine Unternehmen sehen sich dieser Tage
außerstande, genug Betriebskapital aufzubringen - von einer Refinanzierung ihrer
Kredite ganz zu schweigen. Sie sind die ersten Opfer des Konjunkturrückgangs,
der einigermaßen plötzlich über Amerika hereingebrochen ist. Sie waren zu
schnell gewachsen, hatten sich dabei hoch verschuldet und sitzen nun auf
Überkapazitäten.
Ein weiteres Zeichen des Wandels ist die schrumpfende Zahl fremdfinanzierter
Übernahmen, seit das Interesse der Anleger an Hochzinsanleihen gesunken ist.
Unterdessen hat der Kurssturz an der Nasdaq dem IPO-Markt einen starken
Dämpfer verpasst, sodass der Gang an die Börse für viele Unternehmen keine
Möglichkeit der Kapitalbeschaffung mehr darstellt.
In den vergangenen eineinhalb bis zwei Jahren schwankte die Zahl der
Firmenpleiten zwischen 9.000 und 10.000 pro Quartal. In den letzten Wochen ist
die Zahl der Unternehmen, die ihre Anwälte davon in Kenntnis setzen, dass sie
Konkurs anmelden wollen, jedoch deutlich gestiegen.
Des einen Leid ist den anderen Freud
Das hat dazu geführt, dass auf Firmenpleiten und Gläubigerrechte spezialisierte
Anwaltskanzleien ihr Personal in Erwartung einer kräftigen Belebung des
Geschäfts so rasch aufstocken, wie es der Arbeitsmarkt zulässt.
Eine der großen Anwaltsfirmen meldete eine 30-prozentige Zunahme an neuen
Konkursmandaten seit Ende des Sommers. Und angesichts der überall zu
lesenden Prognosen über eine wachsende Zahl zahlungsunfähiger Verbraucher
dürften im kommenden Jahr noch mehr Unternehmen das Handtuch werfen.
Mit einem Beginn der Pleitewelle kann sogar schon im Januar gerechnet werden.
Dann nämlich wird Bilanz gezogen, wie das Weihnachtsgeschäft gelaufen ist. Man
kann sich vorstellen, dass diese Zeit des Jahres für den Einzelhandel ebenso wie
für Hersteller von Saisonartikeln wie Bekleidung, Spielzeug, Parfüm und Schmuck
über Sein oder Nichtsein entscheidet.
Während Anwälte auf diese Geschäftsbelebung bloß reagieren, versuchen andere
aktiv aus dem Elend anderer Profit zu ziehen.
Wie Aasgeier haben Hedgefonds, die auf von einer Pleite bedrohte Unternehmen
spezialisiert sind, begonnen, über Problemsektoren wie Einzelhandel,
Telekommunikation, Stahl, Autoindustrie und High-Tech ihre Kreise zu ziehen -
und natürlich stocken auch sie ihr Personal auf.
Ist es nicht beruhigend, dass wenigstens einige Unternehmen im Neuen Jahr
bessere Geschäfte erwarten können?
Dr. Irwin Kellner is chief economist for CBS.MarketWatch.com and is the Weller professor
of economics at Hofstra University.
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