- Entwicklung und Rechtsstaat - moneymind, 11.12.2005, 17:55
- Re: Entwicklung und Rechtsstaat - Popeye, 11.12.2005, 19:42
- Re: Entwicklung und Rechtsstaat - bernor, 14.12.2005, 01:40
- Re: Entwicklung und Rechtsstaat - Literatur - Popeye, 12.12.2005, 09:47
- Re: Entwicklung und Rechtsstaat - Literatur - moneymind, 12.12.2005, 12:49
- Re: Privateigentum=Chimäre? - Anbindung - moneymind, 12.12.2005, 12:14
- @moneymind: Dein Posting ueber die Negativitaet des Debitismus - Josef, 13.12.2005, 21:45
- Re: @moneymind: Dein Posting / Link - - Elli -, 13.12.2005, 22:11
- Re: Entwicklung und Rechtsstaat - Popeye, 11.12.2005, 19:42
Re: Entwicklung und Rechtsstaat
-->Hallo, @mm,
leider kann ich Dir mit vielen Fragen nicht helfen. Von de Soto habe ich nur einen Aufsatz gelesen, den er auf diesem Symposium gehalten hat.
Aus meiner eher praktischen Erfahrung (Süd/Ost-Europa) kann ich Dir folgende Erfahrungen vermitteln.
Die Menschen haben/hatten Angst vor dem Markt. Diese Angst wurde/wird von alten Netzwerken gezielt geschürt. Diese Netzwerke hatten alle Charakteristika mafiöser Strukturen - wohlwollend und verbindlich nach außen (häufig mit tatsächlichen Hilfeleistungen verbunden), aber in der Verfolgung ihrer Interessen brutal, weil rechtliche Sanktionen nicht befürchtet werden müssen. (An einem Wochenende brannte das Gebäude in dem unser Büro untergebracht war, leider war auch der einzige Feuerwehrwagen der Region gerade „kaputt“ - am Montag war er dann wieder in Ordnung. Die Brandursache wurde nie „geklärt“).
Fremde müssen lange „um Vertrauen werben“, nicht zuletzt, weil die (gefühlten) Abhängigkeiten zu diesen Netzwerken sehr groß ist und die Konsequenzen des „Ausscherens“ gefürchtet werden. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist ein ehemaliges Ostblockland (heute EU-Mitglied und hoch gerühmt im Westen), dessen Grundbesitz fast vollständig in der Hand solcher privater Netzwerke ist. Die Preise für Bauland sind höher als in praktisch jedem anderen EU-Land, aber selbst Zahlungswilligen sind noch lange nicht am Ziel. In diesem Land läuft nichts, buchstäblich nichts, ohne dass diese Netzwerke es vorher abgesegnet haben. Mittlerweile verlassen viele westliche Firmen das Land wieder - schweigend, weil der Rechtsweg gelähmt ist.
Den größten Erfolg bezüglich des Mikrokredit-Projektes hatten wir in einer Region wo sich die Frau des Bürgermeisters bereit erklärt hatte, die Leitung zu übernehmen. Leider wurde der Bürgermeister nach zwei Jahren abgewählt.
Je weiter man nach Osten kommt, um so ausgeprägter werden die geschilderten Phänomene - manchmal in anderen Formen (Ausnahme Ungarn). Moldawien ist ein ganz besonders trauriger Fall.
Es ist sehr schwierig diese Strukturen aufzubrechen, weil die Verbindung zur lokalen politischen Ebene fast immer stillschweigend („wie geschmiert“) funktioniert. Auch internationale Organisation erkennen allmählich, dass gegen diese „stillschweigende“ Allianz zwischen Politik und „Netzwerken“ die üblichen Drohgebärden versagen.
Eigentlich glaube ich, dass diese Systeme nur von innen „geknackt“ werden können. Dazu bedarf es jedoch eines Anreizes, den wir nicht gefunden haben.
Grüße

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