- Spieltheorie und Börse? - puppetmaster, 04.01.2001, 20:05
- Re: Ja, hier (grundlegend, ohne Börse direkt, gibts aber auch) - dottore, 04.01.2001, 22:25
- Re: danke für den hinweis. hier der link zum - puppetmaster, 04.01.2001, 23:33
- Ohne Börse: Das Gefangenen-Dilemma (mit Kronzeugenregelung) - Tobias, 04.01.2001, 23:37
- Re: Ohne Börse: Das Gefangenen-Dilemma (mit Kronzeugenregelung) - puppetmaster, 05.01.2001, 11:24
- Re: win win - Odin1000, 05.01.2001, 11:38
- Re: win win - puppetmaster, 05.01.2001, 12:02
- Re: win win - Odin1000, 05.01.2001, 11:38
- Re: Ohne Börse: Das Gefangenen-Dilemma (mit Kronzeugenregelung) - puppetmaster, 05.01.2001, 11:24
- Re: Ja, hier (grundlegend, ohne Börse direkt, gibts aber auch) - dottore, 04.01.2001, 22:25
Re: Ja, hier (grundlegend, ohne Börse direkt, gibts aber auch)
>kennt jemand material zu diesem thema (am liebsten www)?
>ich glaub ein spieltheoretiker hat sogar mal den wirtschaftnobelpreis bekommen...?
>danke & gruss
Gleich drei, 1994, darunter der Deutsche Reinhard Selten, Bonn. Ansonsten das:
Gegenstand der Spieltheorie
Generalisierend kann gesagt werden, daß die Spieltheorie interaktive Strategien von Individuen untersucht, die entgegengesetzte oder konfligierende Interessen
haben. Das beschränkt sich keineswegs auf"Spiele" im engeren Sinne, jedoch kommen in künstlich herbeigeführten, spielähnlichen Situationen die zu untersuchenden
Merkmale besonders deutlich und unverfälscht zum Tragen.
Eine sehr einfache und beliebte Klasse von Spielen sind dabei die Zwei-Personen-Spiele: Es gibt zwei Parteien, die sich gegenüberstehen und von nichts anderem als
dem Verhalten des Gegners und ihren eigenen Zielen in ihren Entscheidungen beeinflußt werden. Ein weitere Beschränkung dazu sind
Zwei-Personen-Nullsummenspiele, bei denen der eine Gegner gewinnt, was der andere verliert. In diesem Fall ist Kooperation ausgeschlossen, da nur einer von
beiden gewinnen kann und somit der andere verlieren muß.
Die Spieltheorie untersucht Fragen der Interaktivität: Wie beeinflußt die Möglichkeit zur Kommunikation das Verhalten? Wie weit kann Kommunikation reduziert
werden? Beim Schach ist es problemlos möglich, die Stellung der Figuren auf dem Brett als einzige Kommunikationsform zuzulassen, wie es etwa radikal beim
Spielen mit einem Schachkomputer oder beim Briefschach passiert. Die einzige Form der Kommunikation beim Schach ist also das Mitteilen des nächsten Zuges.
Die dahinterliegende Strategie, die kurz- und mittelfristig verfolgten Ziele werden nicht mitgeteilt (dann wäre wohl auch der Reiz des Spiels für menschliche Spieler
verloren, obwohl es Situationen geben kann, in denen es sinnvoll ist, mit dem Gegner das laufende Spiel zu analysieren, z.B. in Lern- und Trainingssituationen, in
denen der Wille zum Sieg nicht zwangsläufig fehlen muß). Wie sieht es hingegen bei Nicht-Nullsummen-Spielen aus, bei denen also die Spieler eventuell durch
Kooperation oder sonstiges Zusammenfallen bestimmter Zugkombinationen gemeinsam Kapital schlagen, oder den Gewinn über den Verlust des Gegners hinaus
steigern können? Kommunikation erhält dann eine entscheidende Bedeutung: Je mehr ich über die Absichten des Gegners weiß, desto höher wird mein Gewinn sein.
Im vorigen Absatz war von"Absichten" und"kurz- und mittelfristigen Zielen" die Rede. Ein exakterer Begriff für diesen Zweck ist der der"Strategie". Ein Strategie
oder Entscheidungsregel ist eine exakte Spezifikation dessen, was in jeder möglichen Situtation des Spiels zu tun ist, anhand einer Strategie kann für jede
Spielsituation ein Nachfolgezug angegeben werden. Die Entscheidungsregel muß nicht deterministisch sein, sondern kann Regeln enthalten, die mit
Wahrscheinlichkeiten operieren, eine Strategie kann sogar vollständig zufallsbestimmt sein. Desweiteren basieren Entscheidungsregeln häufig auf der vorhandenen
Spielsituation (die Frage, ob es erfolgreiche Strategien geben kann, die das nicht tun, wird später geklärt) oder auf einer Analyse der vorausgegangen
Spielsituationen, entweder nur in diesem einen Spiel, oder in anderen, zu früheren Zeitpunkten durchgeführten Spielen.
Im Zusammenhang mit Strategien ist es ein Gegenstand der Spieltheorie, für bestimmte Situationen die Frage zu stellen: Welches Verhalten ist jetzt rational? Welche
Strategie liefert optimale Ergebnisse? Allgemeiner wird nach generellen Eigenschaften erfolgreicher Strategien gefragt. Die Frage nach der Rationalität ist keine
einfach zu beantwortende, insbesondere nicht, wenn nicht klar ist, ob die Spieler noch andere Ziele außerhalb des Spieles verfolgen (z.B. den Gegenüber nicht zu
verärgern), oder ob Wissen über den Gegenüber mit verwendet wird. Beim Schach (oder auch beim Ausklügeln einer Fußballtaktik) kann solches Wissen ein große
Rolle spielen. Wenn ich weiß, daß mein Gegner bestimmte Zugkombinationen bevorzugt einsetzt, kann ich davor besonders auf der Hut sein, wenn ich weiß, daß das
gegnerische Team mit schnell vorgetragenen Kontern über die rechte Seite in der Vergangenheit häufig nicht zurecht gekommen ist, kann ich meinen Angriff darauf
einstellen. Allerdings ergeben sich hier sehr schnell komplizierte Situationen der gegenseitigen Beeinflussung: Wenn der Gegner weiß (oder vermutet), daß ich über
dieses Wissen verfüge, kann er seine Strategie modifizieren, was mich wiederum veranlassen könnte... Eine hübsche Veranschaulichung dieses Problems ist das
"Paradoxon des überraschenden Besuchs": A kündigt B an, in der nächsten Woche überraschend zu Besuch zu kommen. B weiß: Wenn A bis Freitag noch nicht da
war, muß er am Samstag kommen, das wäre dann aber nicht überraschend. Also scheidet der Samstag als Besuchstag aus, dasselbe gilt dann für den Freitag, den
Donnerstag, den Mittwoch usw., bis B überzeugt ist, daß ein überraschender Besuch unmöglich ist. Schließlich kommt A völlig überraschend am Mittwoch zu
Besuch.
Um solche Probleme bei der Betrachtung von Strategien auszuschließen, werden formalere Kunstspiele entwickelt, die in sehr engem Rahmen die Untersuchung
reiner Strategien ermöglichen. Das Gefangenendilemma ist eines dieser Kunstspiele. Andererseits gibt es aber auch eine große Menge psychologischer und
philosophischer Arbeiten über spieltheoretische Ansätze zur Untersuchung menschlicher Kommunikation und Interaktion, die außerhalb des Spieles liegende
Einflüsse nicht ausschließen. In einem solchen Kontext wird dann z.B. nach den Umständen gefragt, in denen Menschen eine einmal gewählte Strategie ändern, d.h.
zu der Überzeugung gelangt sind, daß eine andere Strategie vorteilhafter wäre. Das kann aus rationaler Überlegung, Verunsicherung oder auch schlicht
Risikofreudigkeit geschehen.
In diesem Referat - und generell dem gesamten Seminar über die Behandlung von Konflikten zwischen Agenten mit Mitteln der Künstlichen Intelligenz - soll es aber
eher um"berechenbare" Strategien gehen, die psychologische Vermutungen über den Gegner wenn nicht ausschließen, so doch in den Hintergrund stellen. So wird
die Frage untersucht, ob es generelle Eigenschaften"erfolgreicher" Strategien gib, d.h. gibt es Merkmale von Entscheidungsregeln, die ein gutes Abschneiden
garantieren oder wenigstens wahrscheinlich machen, unabhängig von den verwendeten Strategien der Gegner?
Untersuchungsgegenstand ist das Verhalten von"Individuen". Dieser Begriff ist sehr weit zu fassen: Klassischerweise handelt es sich um einzelne Menschen, doch
kann auch das Verhalten von Gruppen von Menschen, bis hin zu Staaten spieltheoretisch untersucht werden. Abstraktere"Individuen" sind Firmen, die miteinander
konkurrieren, die Abläufe auf Märkten aller Art sind ebenso bestimmt durch Konkurrenz, Interaktion, Gewinn und Verlust. Ein vierter Bereich sind Roboter, oder
genauer Computerprogramme, die entweder mit realer Umwelt, oder aber eingeschränkten Spielsituationen konfrontiert werden.
Es soll mit Hilfe der Spieltheorie Verhalten, bzw. Verhaltensstrategien exakt beschrieben werden. Dazu werden Modelle aus der Mathematik, der Soziologie, den
Wirtschaftswissenschaften, der Biologie und weiterer Disziplinen herangezogen. Ich beschränke mich hier auf die Erforschung von Konfliktsituationen anhand eines
einfachen mathematischen Modells.
Es geht also immer a bisserl was...
Gruß
d.
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