- OT: 31 Jahre darnach - da lag vieles brach........................... - Emerald, 02.03.2006, 07:01
- Re: OT: Lebensluegen und Rebellentum - Tassie Devil, 02.03.2006, 15:23
- @ Tassie: Re: OT: Lebensluegen und Rebellentum - albert, 03.03.2006, 00:17
- Re: @Albert: Re: OT: Lebensluegen und Rebellentum - Tassie Devil, 05.03.2006, 01:02
- @ Tassie: Re: OT: Lebensluegen und Rebellentum - albert, 03.03.2006, 00:17
- Re: OT: Lebensluegen und Rebellentum - Tassie Devil, 02.03.2006, 15:23
OT: 31 Jahre darnach - da lag vieles brach...........................
-->Entschuldigung, Frau Springer!
VON JACQUES PILET, PUBLIZIST
02.03.2006 | 00:51:04
Vor 31 Jahren setzte der Schweizer Schriftsteller Daniel de Roulet Axel Springers Chalet in Gstaad in Brand: Das erzählt er jetzt in seinem neuen Roman «Ein Sonntag in den Bergen».
Am 7. Januar 1975 verbrannte ein luxuriöses Chalet auf dem Berg über dem waadtländischen Dorf Rougemont, in der Nähe von Gstaad. Es gehörte dem Pressemagnaten Axel Springer.
Der Verdacht fiel auf «Elitekommandos, die aus der Kälte kamen», wie eine Zeitung schrieb. Wahrscheinlich ein Coup der Rote-Armee-Fraktion. Die Brandstifter wurden nie gefunden. Seither lebte der mächtigste Verleger Deutschlands in Angst: Sogar in der Schweiz fühlte er sich nicht mehr sicher.
Heute erscheint gleichzeitig in Paris und in Zürich (Limmat Verlag) ein Buch, das die ganze Geschichte erzählt. Bis in die pikantesten Details. Der Täter hat es geschrieben. Er heisst Daniel de Roulet (62). Einer der besten Schriftsteller der Westschweiz!
Warum dieses plötzliche Geständnis? «Ich wollte mich von diesem Gewicht im Bauch befreien», erklärt de Roulet. Der Autor traf vor zwei Jahren Gerhard Schröder in Locarno und war beeindruckt von einer spontanen Äusserung des Bundeskanzlers: «Ich weiss nicht, ob es Ihnen so geht wie mir, Tag für Tag bekämpfe ich das, wofür ich mich als junger Mensch engagiert habe.» Und ich?, fragte sich de Roulet. Für was und für wen habe ich gekämpft in meiner Jugend? Wie lebe ich heute damit?
Der damalige Architekt war ein unabhängiger Linker. Er bewunderte Sartre, der Andreas Baader in seiner Stammheim-Zelle besuchte und den Springer-Verlag als verantwortlich für die Gewalt gegen die deutsche Jugendrebellion bezeichnete. Er war überzeugt, dass Springer ein Nazi gewesen war. Ein grober Irrtum. Der naive Welsche erfuhr die Wahrheit erst drei Jahrzehnte später und beschloss, sich mit diesem Buch bei Springers Witwe zu entschuldigen.
Dieses glänzende literarische Stück klärt auf, wie ein junger Mann eine so dumme Tat begehen konnte. Durch politische Leidenschaft: «Ich konnte nicht ertragen, dass ein Nazi eine Art Berchtesgaden in den reinen Schweizer Alpen besass.» Aber auch durch die Liebe!
De Roulet schwärmte für eine schöne Frau, die ihn manchmal verspottete: «Du sprichst viel, aber machst wenig.» Ah ja? De Roulet wollte zeigen, was er konnte. Mit seiner Freundin verbracht er eine Nacht im Gstaader Palace, bevor er mit ihr den Brandanschlag beging. Nach einem mehrstündigen Marsch im Schnee.
Die Freundin, später erfolgreiche Geschäftsfrau geworden, ist an Krebs gestorben. Kurz vor ihrem Tod versprach Daniel de Roulet seiner ehemalige Geliebten, ihre gemeinsame verrückte Geschichte öffentlich zu erzählen. Er fühlt sich heute besser. Nur mit einer Sorge: «Ich will nicht als Wichtigtuer erscheinen.»
Das Gebirge, wo das Chalet war, heisst «Rodomont». Das Wort aus dem alten Französisch bedeutet: der Angeber. De Roulet ist kein Angeber. Er schreibt für sich und für uns. Damit wir besser verstehen, wie die Suche nach dem Guten manchmal zum Bösen führen kann. Heute wie gestern.

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