- Mittelalter - Mittelalter? ja, natürlich - Anmerkungen zum Prozess gegen Irving - rocca, 06.03.2006, 23:56
- Re: Mittelalter - Mittelalter? ja, natürlich - rocca - nereus, 07.03.2006, 08:23
- Re: Mittelalter - Mittelalter? ja, natürlich - Anmerkungen zum Prozess gegen Irving - albert, 07.03.2006, 09:18
- Wenn Wahrheitsfindung durch Glauben ersetzt wird, dann folgt die Inquisition - prinz_eisenherz, 07.03.2006, 09:45
- Re: Wenn Wahrheitsfindung durch Glauben ersetzt wird, dann folgt die Inquisition - albert, 07.03.2006, 11:14
Mittelalter - Mittelalter? ja, natürlich - Anmerkungen zum Prozess gegen Irving
-->Ob die Ã-sterreicher die besseren Preussen sind?
"Tatsachensinn und Mutterwitz" verlangte Ernst Fuchs (1929) von den Juristen und setzte hinzu:"Anders ist gegen das Unrecht, das von juristischen Handwerkern gutgläubig verübt wird, kein Kraut gewachsen". Nicht archivierte, begriffsjuristische interessante Rechtsfragen seien zum Stoff des Rechtsstudiums zu machen, sondern die"viel reizvolleren, fesselnden Tat- und Beweisfragen, die zugleich viel schwieriger und wichtiger sind"
Im Jahre 1271 (oder ’72; die Gelehrten sind sich nicht einig) gab es an der Universität von Paris ein großes concilium, eine Mischung aus Wissenschaftskongreß und Kriminalprozeß, bei dem auch der berühmte Thomas von Aquin anwesend war. Angeklagt war ein Kollege und Mitbruder des Thomas, Siger von Brabant, der seinen Studenten - so die verbreitete Ansicht - schlimme Irrlehren beibrachte und sogar ein höchst anstößiges Buch mit dem Titel De aeternitate mundi (Von der Ewigkeit der Welt) geschrieben hatte. Eine Abrechnung mit ihm schien überfällig. Der Andrang zum Verhandlungssaal war gewaltig.
Siger hatte den arabischen Philosophen und Aristoteles-Übersetzer Averroes, damals absolutes Wissenschaftlervorbild im Abend- wie im Morgenland, völlig falsch, nämlich unchristlich und kirchenwidrig, ausgelegt, hatte u.a. behauptet, es gäbe keine göttliche Schöpfung, die Welt sei unerschaffen und immer schon dagewesen. Die Wellen der Empörung gingen hoch. Schließlich ergriff
auch der große Thomas das Wort und wies in machtvoller Rede nach, daß Bruder Siger weder von Averroes noch von Aristoteles einen ordentlichen Begriff habe. Das Auditorium lachte und klatschte beifällig.
Der Mann aus Brabant wurde unter der Macht der öffentlichen Unmutsbekundungen
gegen ihn ganz klein, sagte, er habe sich in seinem Buch tatsächlich schwer geirrt, die neueren Forschungen, insbesondere die von Bruder Thomas, hätten
ihn inzwischen von seinem Irrtum vollständig überzeugt, es tue ihm leid, er sei beschämt. Daraufhin beruhigten sich Publikum, Kollegen- und Pfaffenschaft. Es wurde beschlossen, das Buch des Siger auf dem Hof der Universität öffentlich zu verbrennen. Dem Buchautor selbst freilich passierte nichts. Er verlor nicht einmal seine Lehrbefugnis...

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