- Ich bin begeistert... - certina, 20.05.2006, 12:03
- NĂ€chste Woche gehtÂŽs los nach... - Laui, 20.05.2006, 12:46
- Re: du lebst inner falschen Ecke:o) - Fremdwort, 20.05.2006, 13:21
- Re: Ich bin begeistert... - Cujo, 20.05.2006, 13:35
- Re: Ich bin begeistert... - certina, 20.05.2006, 14:35
- Re: Ich bin begeistert... - Cujo, 20.05.2006, 15:03
- Re: Ich bin begeistert... - certina, 20.05.2006, 14:35
- Re: Ich bin begeistert... / Ick ooch:-) - Student, 20.05.2006, 14:40
- Re: Ich bin begeistert... und ich war nass! - Elmarion, 20.05.2006, 16:22
- Du hast den Eisheiligen-Koller... aber keine Angst: ist bald vorbei... - bernor, 20.05.2006, 17:00
- Ist eine gute Gelengenheit die"Goldbachsche Vermutung" zu lösen:)) - prinz_eisenherz, 20.05.2006, 19:48
Re: Ich bin begeistert...
-->>hi,
>eben, aus diesem Grunde reagiere ich manchmal watt unwirsch,
>wenn mich jemand auf das Wetter hier in unserem wunderschoenen
>Deutschland Mitte Mai/nahe Juni anspricht:
>Ich brauch nur mal
>raus zu gucken...
>10 Grad, steif-boeiger 4,5er Wind aus Westen,
>schraeg einfallender Dauerschnueregen,
>und vor allem
>mit so tollen Aussichten hier zum abgewöhnen...bin ich dann richtig so begeistert,
>und fuehle mich im Grunde genommen verarscht, von wem auch immer.
>Alles inne Tonne: Radtour, Biergarten, Garten,
>Tennisturnier,Troedelmarkt, Grillparty, Reittour.
>Ja, ja ich weiss, es gibt kein schlechtes Wetter. Toller Spruch!
>Ja, ja ich weiss, auf Sylt, da haelts man jetzt prima aus.
>Das bisschen Regen und Wind, das gehoert einfach dazu...Toll!
>Die paar Tage Sonne unlaengst, zugegebenermassen, die waren toll,
>aber war wohl mal wieder der Sommer, diesmnal anno 2006...
>tschuess
>G.C.
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Moin,
tja, und trotzdem lese ich bei fast jedem posting von Dir Deine Liebe zu Deiner Heimat(-stadt). Offensichtlich funktioniert das bei vielen nur dialektisch bzw. brauchen ein geografisches"alter ego". Heimat ist eben viel mehr als nur das Wetter.
GruĂ
Cujo
Heimat - dieser Begriff benennt eines der meistdiskutierten und am heftigsten umstrittenen Probleme unserer Zeit. Steht die Betonung von Heimat nicht im Widerspruch zu einer Haltung, die der Mensch im Zeitalter von Globalisierung und weltweiter Vernetzung einnehmen muss? Oder ist sie noch immer der Mittelpunkt der individuellen Existenz des Menschen, Ort seiner Kindheit, der Geborgenheit und Sicherheit? Philosophisch fundierte Untersuchungen indes, die das PhĂ€nomen Heimat unvoreingenommen in den Blick nehmen, sind gegenwĂ€rtig rar. Karen Joisten wendet sich diesem Problemkreis zu, indem sie das Konzept entwirft, der Mensch zeichne sich durch eine Doppelstruktur aus, die sprachlich in der Wendung Heim-weg zum Ausdruck gebracht wird. WĂ€hrend der Bestandteil Heim- auf die heimische Seite des Menschen verweist, die es ihm ermöglicht, Bindungen einzugehen und in sich zu wohnen, verweist der Bestandteil -weg auf die weghafte Seite des Menschen, die dazu fĂŒhrt, dass er permanent unterwegs sein muss, also bei keiner eingenommenen Haltung und Einsicht stehenbleiben kann.
Fremd bin ich ausgegangen
Karen Joisten philosophiert ĂŒber die Heimat
âHeimatâ als eine besondere Form der Bindung an einen nahe stehenden Menschen, eine bestimmte Region oder ein Land ist ein universales PhĂ€nomen. Das Wort dafĂŒr aber ist so unĂŒbersetzbar deutsch, dass sich daran ganze Kulturgeschichten anknĂŒpfen lassen auf der Suche nach dem âGerman Sense of Belongingâ oder mit klingenden Titeln wieâA Nation of Provincials - The German Idea of Heimatâ.
Zwischen RĂŒckstĂ€ndigkeit, dem stillen GlĂŒck im Winkel oder der utopischen Ăberformung einer Welt ohne Entfremdung klingt uns âHeimatâ immer vertraut und nostalgisch, nie aber frei von Nebentönen.
Was könnte also eine âPhilosophie der Heimatâ an diesem Begriff fĂŒr sich fruchtbar machen, wenn sie Heimat als das Grundproblem der Philosophie schlechthin verstehen will? âIns Leben hineinversetzt ist der Mensch zur Heimat verurteiltâ heiĂt der Kernsatz von Karen Joistens Mainzer Habilitationsschrift. Das PhĂ€nomen, das Joisten in den Blick nimmt, teilt mit dem traditionellen Heimatbegriff allerdings recht wenig.
Der Mensch als âheimatliches Wesenâ wird so allgemein wie unspezifisch gekennzeichnet als âvon vornherein in einer wesentlichen Beziehung zum Raum, zur Zeit und zum Mitmenschenâ stehend, in der er die Pole der heimatlichen Gebundenheit und des Unterwegsseins in ein Gleichgewicht bringen muss. Darin besteht seine âanthropo-ontologische GrundverfaĂtheitâ, der Joisten das von allen historischen Bedeutungsschichten sĂ€uberlich gereinigte Etikett âHeimatâ verleiht, von dem sie schlieĂlich glaubt, es könne âideologiefrei und undogmatischâ verwendet werden.
Auf dem Heimweg
So wird âHeimatâ bei Joisten zu einer in erster Linie rĂ€umlichen Bestimmung verallgemeinert: âdie mit dem Einzelnen und seiner Leiblichkeit gegebene NahsphĂ€re, die er unmittelbar erfahren und erleben kannâ. Hieran schlieĂt ihre Zeitdiagnose an. Zeichnet sich die Moderne allgemein durch Beschleunigung und die Beseitigung von zeitlicher und rĂ€umlicher Ferne aus, so wird schlieĂlich alles gleich fern und gleich nah, mit der Dimension der Ferne geht auch die der NĂ€he verloren. Der Mensch in der âTotalitĂ€t des Abstandlosenâ blickt ĂŒber das NĂ€chste hinweg âauf das Allgemeine, Unspezifische, Weite und Ăberallâ.
Das ist zwar auch ein âFaktum der Heimatlosigkeitâ, dem sich Joisten gegenĂŒbersieht, doch es hat eine andere Signatur als die Formen der Heimatlosigkeit, mit denen sich die existenzphilosophischen Autoren der fĂŒnfziger Jahre auseinander setzen, auf die sich Joisten ausfĂŒhrlich bezieht. Nicht, dass der Mensch heimatlos wĂ€re, ist so schlimm, sondern dass er durch den Verlust der Ferne jeden Ort unterschiedslos zur Heimat erklĂ€ren könnte und damit eigentlich keine mehr hat.
Joistens philosophische Anthropologie lieĂe sich beschreiben als Versuch, die Dimension der Erfahrung wieder zu erschlieĂen. Heimat wĂ€re nichts anderes als die RĂŒckgewinnung der Lebenswelt. Allerdings gerĂ€t âHeimatâ hier zu einem wenig welthaltigen PhĂ€nomen. ZunĂ€chst nĂ€mlich ist der Mensch in seinem âHeimâ, von dort erst macht er sich auf seine Wege.
Dabei ist er letztlich, sobald er beim Weggehen die TĂŒr hinter sich schlieĂt, schon wieder auf dem âHeim-wegâ, ein Grundbegriff, der anzeigen soll, dass nur das Beheimatetsein dem Menschen das Aufbrechen ermöglicht. Das postulierte Wechselspiel zwischen Heimat und Aufbruch, Eigenem und Fremdem fĂ€llt letztlich immer zugunsten des Daheimseins in sich zusammen, insofern das Heim das âPrimĂ€rphĂ€nomenâ ist, der âOrt, wo eine ursprĂŒngliche Einung geschiehtâ.
Was kein GemĂŒt bewĂ€ltigt
Auch die gelingende Begegnung mit dem anderen findet nur daheim statt. Die StraĂe ermöglicht es zwar, sich zum anderen âHeim-zum-Mitheimâ aufzumachen - doch selbst ist sie lediglich Ort des âStreifensâ: âBeim Gehen auf der StraĂe setzt sich der Mensch nicht auf dem BĂŒrgersteig nieder und vertieft sich mit einem VorĂŒbergehenden in ein GesprĂ€ch, sondern er unterbricht höchstens seinen Gang, wechselt einige Worte und lĂ€uft danach nur noch schneller weiter.â
Die Ă-ffentlichkeit der StraĂe ist ethisch genauso suspekt wie das anonyme Chatten im Internet, weil sie kein vertieftes Sich-Einlassen auf den anderen ermöglicht. Die ethisch wertvolle Begegnung mit einem anderen findet nur statt, wo ihm geöffnet und er eingelassen wird.
âDie Begegnung kann gelingen, wenn der Mensch nicht zu weit geht und darĂŒber unbefugt die Grenze des Mitmenschen ĂŒberschreitet, wenn er also nicht in anderen Eigenraum vordringt und verletzt, wo er öffnen und vertiefen könnte.â Die Dimension des Anderen, wie sie das ethische Denken Emmanuel LĂ©vinasâ bestimmt, bleibt drauĂen. âDaĂ die Gegenwart des Anderen in unser Leben einmal hereinbrichtâ, heiĂt es in einem Brief Heideggers an Hannah Arendt, âist das, was kein GemĂŒt bewĂ€ltigt.â
Der Einbruch des Anderen wĂŒrde Joistens in seinem Heim aufgeschreckten Menschen vermutlich allenfalls veranlassen, die Polizei zu rufen.
SONJA ASAL
KAREN JOISTEN: Philosophie der Heimat - Heimat der Philosophie. Akademie Verlag, Berlin 2003. 372 Seiten, 49,80 Euro.

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