- "Deutschland gehört immer noch zu den reichsten Ländern der Welt" - MI, 26.09.2006, 21:22
- Re: vollste Zustimmung - Danke, MI! Deutschland ist sogar Papst - Baldur der Ketzer, 26.09.2006, 21:50
- Es gibt auch noch deutsche Wertarbeit - BillyGoatGruff, 26.09.2006, 21:59
- Re:"Reichtum" - niko, 26.09.2006, 22:47
- Re:"Deutschland gehört immer noch zu den reichsten Ländern der Welt" - oekognom, 27.09.2006, 02:11
- Re: Fleiß - MI, 27.09.2006, 09:26
- Die fetten Jahre sind vorbei... Schulden & Chinesen - oekognom, 27.09.2006, 17:59
- Re: Antwort - MI, 27.09.2006, 19:00
- Pöhse Kapitalisten - oekognom, 27.09.2006, 20:36
- Re: Pöhse"Globalisierung" - MI, 28.09.2006, 11:38
- Die Macht des Faktischen - oekognom, 28.09.2006, 21:27
- Re: Pöhse"Globalisierung" - MI, 28.09.2006, 11:38
- Pöhse Kapitalisten - oekognom, 27.09.2006, 20:36
- Re: Antwort - MI, 27.09.2006, 19:00
- Die fetten Jahre sind vorbei... Schulden & Chinesen - oekognom, 27.09.2006, 17:59
- Re: Fleiß - MI, 27.09.2006, 09:26
- Re:"Deutschland gehört immer noch zu den reichsten Ländern der Welt" - Inge, 27.09.2006, 08:28
Die fetten Jahre sind vorbei... Schulden & Chinesen
-->...
Und wie rar sind denn die Arbeitsplätze, in denen ein Mensch wirklich Glück und Erfüllung erfahren kann? Geht es nicht doch nur um"Proft, Profit, Profit"? Wie soll einer da Glück erfahren?
Ein Arbeitsvertrag besagt, daß jemand seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt und jemand anderes ihm im Gegenzug Geld zahlt. Da man in diesem Forum für"Tausch" die Ohren langgezogen bekommt, wollen wir von einem gegenteiligen Schuldverhältnis sprechen:
Arbeiter schuldet Arbeitgeber Arbeitskraft/-zeit
AG schuldet Arbeiter Geld
Wie der Arbeiter das Geld und der AG die Arbeitskraft dann wieder in"Glück und Erfüllung" umwandeln, haben beide selbst zu verantworten. Sind schließlich beides erwachsene Menschen. Oder hat man schon von Wirtschaftskapitänen gehört, die ihren Beschäftigten vorjammerten, diesen ginge es nur immer um"Lohn, Lohn, Lohn", und überhaupt sollten sie mehr Rücksicht auf"Glück und Erfüllung" der Aktionäre nehmen, die ihr sauer Erspartes in Unternehmensanteile investiert hätten, um damit in ein paar Jahren ihre karge Rente aufzubessern?
>Wir leben in einem großen Monopoly-Spiel, von Harald Wozniewski
>Die Zeiten, in denen die Allgemeinheit mit ihrer Hände Arbeit noch nennenswert Geld verdienen konnten, neigen sich dem Ende."Richtiges Geld" wird - in Deutschland (nach dem"Neuanfang" nach dem Zweiten Weltkrieg) wie in anderen Ländern - schon seit Jahrzehnten nicht mehr mit Arbeit, sondern mit Kapital"gemacht".
Die"Kapitalisten" können sich heutzutage aussuchen, welchen der vielen Milliarden Bewerbern sie ihr Kapital in Form von Maschinen, Fabrikhallen, LKWs usw. zur Verfügung stellen. Die Zeiten, in denen sie sich von den heimischen Gewerkschaften erpressen lassen konnten, sind vorbei. Naturgemäß kommen damit die Löhne bei den verwöhnten Arbeitern in den alten Industrieländern unter druck; besonders bei denen, deren Arbeitsqualität nicht größer ist als die der vielen ungelernten Arbeiter in China oder Indien. Schrauben reindrehen ist nun mal keine Wissenschaft, und bei zunehmendem Welthandel läßt sich nicht mehr rechtfertigen, warum dies in Europa 15mal so teuer sein muß. Die Kunden haben sich zumindest entschieden, daß ihnen die europäischen Arbeiter nicht soviel mehr Wert sind, wie sie teurer sind. Das Ergebnis sind der Tot der Textil- und Elektroindustrie in Westeuropa, Werksschließungen bei Continental oder auch ein Porsche, der zum Großteil in der Slowakei entsteht.
Gewinner sind dagegen die vielen Menschen in Asien, die jetzt Arbeiter, Facharbeiter, Vorarbeiter, Meister, Schichtleiter oder Lohnbuchhalter in irgendeiner Sonderwirtschaftzone werden können, statt mißmutig hinter einem Wasserbüffel durchs Reisfeld zu waten.
>Es ist wie in dem berühmten Spiel Monopoly: Die Einkünfte, die die Spieler erzielen, sind Einkünfte nicht aus Arbeit, sondern aus Kapital ("Miete!"). Zu Beginn des Spiels hat jeder noch die gleiche Chance, gewinnbringendes Kapital zu erwerben. Jeder versucht natürlich die besten Stücke (Parkstraße, Schloßallee usw.) zu ergattern. Sind die einmal vergeben, geht es für den Einen ans Kassieren und für die Anderen ans Zahlen. Wer viel Kapital angesammelt hat, gewinnt ständig Geld dazu, mit dem er immer mehr Kapital anhäufen kann und wird. Die anderen Spieler verlieren nach und nach ihr Kapital, das der Reiche aufgekauft. Die weitere Folge ist, dass den anderen Spielern auch das Geld aus geht.
Als Rockefeller Standard Oil aufbaute, waren die"Parkstraßen" der Eisenbahn und Stahlindustrie bereits vergeben. Und als Bill Gates mit Microsoft aufstieg, waren die Filetstücke der US-Industrie wie GM, Ford und General Electric auch schon in der Hand anderer Spieler. Die Weltwirtschaft ist nun einmal kein fest abgestecktes Spielbrett, sondern verändert sich ständig.
>Mir ist klar, daß das massiv angewachsene Ungleichgewicht zwischen dem Einkommen aus Arbeit (also eigenem Fleiß) und dem Einkommen aus Kapitalvermögen (das ist - letztlich - der Fleiß anderer) in gewisser Weise auch abgedroschen ist. Man hat sich daran gewöhnt.
>Es nutzt nur aber nichts, sich damit abzufinden, und Fleiß allein wird daran auch nichts ändern. Das Ungleichgewicht wird immer weiter zunehmen, und der größte Fleiß der Welt kann das nicht aufhalten. Man kann dagegen nicht anarbeiten.
Doch. Man kann selbst Kapitalist werden. Oder wie ist sonst der Aufstieg Japans, Singapurs, Taiwans oder jetzt von Teilen Chinas sonst zu erklären?
>Das ist dennoch für mich kein Grund, nicht fleißig zu sein. Ich bin froh, daß ich die Gelegenheit habe, fleißig sein zu können, das verschafft mir ein gutes Lebensgefühl. Vielleicht ist das der wahre Reichtum. Andererseits hätte ich auch nichts dagegen, wenn sich Fleiß und gute Arbeit auch in einer finanziellen Perspektive ausdrücken würde (jetzt aber bitte nicht die Tellerwäschergeschichte).
>Ich bin zwar in deinem Sinne"reich", weil ich all das"habe" (fließendes Warmwasser, Haushaltsgeräte usw.). Andererseits habe ich das Gefühl, daß sich da etwas zuschnürt, weil es von Jahr zu Jahr enger wird.
Auf meinem Nachttisch liegt gerade der neue Steingart,"Weltkrieg um Wohlstand", der hier von einigen anderen Postern auch schon angesprochen wurde und in Auszügen auch bei Spiegel-Online steht. Ich finde, daß dieses Buch - trotz kleinerer Schwächen - die Situation recht treffend beschreibt.
Früher konnten die westlichen Arbeiter fleißig Kapitalerträge schmarotzen, weil es zu ihnen keine Alternative gab. Entsprechend hoch waren Löhne und Sozialleistungen. Heute gibt es die junge, hungrige Konkurrenz aus Asien. Die auch bereit sind, für einen Bruchteil der westliche Löhne zu arbeiten, weil dies für sie immer noch eine Verbesserung darstellt. Und den Kapitalisten bleibt kaum eine Wahl, weil die Kunden gegenüber einem europäischem 55cm-Fernseher (in 35-Stunden-Woche gefertigt, mit gesetzlich geregelter Zahl der Duschen und Toileten, Mutterschaftsurlaub und strengen Umweltauflagen etc.) das gleichteure chinesische 80cm-Modell (ohne soziale Zusatzstoffe) bevorzugen.
Die fetten Jahre sind vorbei, jetzt kommen die Konkurrenz aus Fernost und die Schulden aus der Vergangenheit. Beides zusammen wird für die Europäer bedrohlich. Zumindest für diejenigen, die nicht mit Bildung von Human- und Realkapital vorgesorgt haben.
oekognom

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