- offtopic: Menschenopfer - Zandow - nereus, 18.10.2006, 20:20
- Azteken und Tsunami - Zandow, 19.10.2006, 16:36
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- Deutscher Alltag in Afghanistan... - bernor, 24.10.2006, 00:50
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- Re: Azteken: Religion & Tribut - bernor, 23.10.2006, 00:28
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- Re: Azteken und Tsunami - Zandow - nereus, 19.10.2006, 22:04
- Azteken und Tsunami - Zandow, 19.10.2006, 16:36
Re: Azteken und Tribut - dottore
-->Hi nereus,
vielen Dank vorweg!
>Demnach gehörten religiöse Einrichtungen AUCH zu den EmpfÀngern, so wie heute die Kirche als Institution vom Staat Steuermittel/Zuwendungen erhÀlt.
Ja, das ist auch im Duo Palast / Tempel in Mesopotamien so. Ich hatte schon mal - im Zusammenhang mit der Caral-Debatte und einem Hinweis im"Spiegel" - die These gewagt, ob die seltsame"Drittelung", die sich auch in dem Mesopot-Satz von 33,3 % findet, nicht ein Hinweis darauf sein könnte: ein Drittel dem Herrscher, ein Drittel dem Tempel (fĂŒr Witwen und Waisen), ein Drittel der Bevölkerung in toto. Die Tempel konnten sich mit ihrem Drittel (falls Thesaurierung und Ausleihe, vgl."Tempelbanksystem") groĂe Latifundien beschaffen. Sie stiegen damit zu einer eigenen ökonomischen Macht auf. Ăhnelt dem System der"toten Hand" im europĂ€ischen Feudalismus, wo die Kirche kein Lehen erhielt, sondern definitive EigentumsĂŒbertragungen, spĂ€ter in den gefĂ€lschten Urkunden als"donatio" oder"largitio" (ex Karolinger-Kaiser - denn"gutes Recht muss alt sein") bezeichnet, um den Vorgang rechtsfest zu dokumentieren. SchlieĂlich konnten sie selber Lehen vergeben - bis hinauf zum Papst, der ganze Königreiche"verlieh".
>Ich kann hier noch keinen Zusammenhang zur der Erfindung der Religionen zum Zwecke des Tributs erkennen.
Mit den Religionen ist es in der Tat ein Kreuz, selbst wenn wir die Glaubens- und Offenbarungstheorien beiseite lassen. Mir fÀllt auf:
- Es gibt Religionen mit Elementen, die Familiengeschichten darstellen. Also Gott A nimmt sich Göttin B, daraus Kinder X,Y,Z, usw.
- Dann welche, in denen gekÀmpft wird (guter Gott vs. bösen, als Unterform sogar noch die gefallenen Erzengel).
- Dann solche, wo die Götter in groĂer Zahl - ziemlich beziehungslos - nebeneinander existieren und fĂŒr alle möglichen guten oder schlimmen Sachen stehen.
Diese Gottheiten werden verehrt (Talisman, Amulett-Charakter, HausaltĂ€re), sie haben KultstĂ€tten. Diese aber sind eher bescheiden (Haine, Seen, usw.) und schaffen es nicht, zu mit groĂkalibrigen Bauten"Mega-Gottheiten" zu werden.
In diesen 3 FĂ€llen, die sich ĂŒberdies auch vermischen, kann nichts Gescheites zum Thema"Tribut" abgeleitet werden. Das Ă€ndert sich aber, sobald wir Unikate (Monotheismus) erkennen, also Stammesgottheiten (AT) oder Stadtgottheiten. Mit diesen wird paktiert, sie werden zum"Patron", sie erhalten Monopolstatus (man denke an Echnaton), sie werden in immer kolossaleren"Sitzen" (Tempeln)"verehrt".
Das dabei verknallte BIP wird nicht von der Priesterschaft gestemmt, sondern es muss entweder per Direkt-Abgaben herbeigezwungen werden oder auf dem Weg ĂŒber die besagten Latifundien, auf denen GrundabhĂ€ngige werkeln. Haben wir dann die bekannten"GroĂanlagen" (Karnak, Jerusalem, die Mesopot-StĂ€dte [Stadtgottheit"Assur"!], das, was wir im prĂ€kolumbianischen Amerika sehen, aber auch schon viel frĂŒher in den Megalith-Beritten) mĂŒssen die"Interns" (Priesterschaft) Zugang zu gewaltigen Ressourcen gehabt haben, die weit ĂŒber das hinausreichen, was gern als"Opfer" oder"FreizeitbeschĂ€ftigung" (weil gerade keine Ernte anstand) bezeichnet wird.
Den Zugang zu diesen Ressourcen verschafft die"spirituelle" Macht in allen möglichen Varianten. Selbst die waffenmĂ€chtigen Herrscher mussten sich dem beugen (vgl. noch Canossa) oder sie"stifteten" aus ihren, diesmal aber eindeutig ex Abgaben resultierend *), Mitteln entsprechende Teile davon. Kroisus hatte einen Haufen Gold in den Tempeln von Ephesos, Dydima und Delphi deponiert; die MĂŒnzfunde sind bekannt.
*) Vgl. dazu das GemÀlde (1629), das"die Tributzahlung eines lydischen Bauern an Kroisos" zeigt:
[img][/img]
> Wie hÀtten die Tributforderungen auch tatsÀchlich sichergestellt werden können? Durch Bettelbriefe gewiss nicht. Da lag es nahe, Geiseln zu schlachten oder Hochrangige aus dem sÀumigen Tributgebiet.
>Moment!
>Was heiĂt hier sĂ€umig?
>Waren die unterjochten StÀmme denn unwillig Tributzahlungen zu leisten?
Das Geiseln gestellt werden mussten, weist darauf hin, jedenfalls in"unserer" Antike (Polybios fĂŒr Griechenland, britannische Prinzen fĂŒr England, usw. - warum hielten sich Herodes und Kleopatra in Rom auf?). Der Titel des gezeigten Codex bildet Tributgebiete ab und darunter nicht etwa Gemetzel, sondern Gefangennahmen.
>Wenn ich es recht verstanden hatte, wurden z.B. die âBlumenkriegeâ nur deshalb gefĂŒhrt, um ĂŒberhaupt Opfer zu finden/erlangen.
So wird es interpretiert. Ich kann aber wirklich keinen (ökonomischen) Sinn darin entdecken, Gefangene zu machen, nur um sie dann im Machtzentrum abzuschlachten. Kriege sind immer riskant und wie stark der Gegner wirklich ist, erfĂ€hrt man zu eigenen Leidwesen oft zu spĂ€t. Atahualpa war zunĂ€chst Geisel, und wurde erst, nachdem die Spanier doch nicht so viel Gold erhielten, wie sie erwartet hatten, erwĂŒrgt. Es ist wie mit der Gans: Warum sie sofort schlachten, wo sie doch noch lange schöne Eier legen kann?
Wenn es schon ums Killen geht, im"Götter" mittels eines"Opfers" zu"besÀnftigen" oder gnÀdig zu stimmen, tut's eigentlich jedes Opfer, wobei man risikoloser solche aus Tributgebieten nehmen könnte.
> Dann haben wir die Zurschaustellung von SchÀdeln (wieder anderer Codex):
>Was hatte es denn mit dieser âSchĂ€del-Ausstellungâ konkret auf sich.
>Kann man das dem Codex entnehmen?
Ja, leider kann ich das Bild nicht reinstellen. Linkes neben den SchÀdeln sind zwei grimmig dreinschauende Herren (Priester? Herrscher? - Moctezuma war auch zuerst Oberpriester, dann Herrscher, Julius Caesar war Pontifex Maximus, bevor er dann Diktator wurde) auf der Spitze zweier Pyramiden zu sehen. Vielleicht kann jemand mit besseren technischen Möglichkeiten das ganze Blatt des Codex zeigen. Den Text dazu kenne ich leider nicht.
> Waren es Opfer an die Götter? Der Sinn des Opfers liegt in der Opferung selbst und nicht im Zurschaustellen irgendwelcher Ăberreste. Diese sind zur Schau gestellt, nicht um die Götter"gnĂ€dig" zu stimmen, sondern zur Abschreckung fĂŒr unbotmĂ€Ăige Zeitgenossen.
>Oder auch als TrophĂ€en, so wie sich heute die versammelte JĂ€gerschar vor dem Ertrag ihrer Treibjagd ablichten lĂ€Ăt.
Einwand: Kein JĂ€ger lieĂe sich vor einem Hirsch ablichten, den er in seinem Gehege aufgezogen und dann auf 5 m Entfernung abgeballert hat.
>Die Abschreckung könnte auch im Sinne von âkommt uns bloĂ nicht zu naheâ zu verstehen sein.
Der Abzuschreckende ist sehr weit weg. Einen Blick auf die Abschreck-SchÀdel im als Inselstadt bestens gesicherten Tenotchtitlan, das selbst den Spaniern fast zum VerhÀngnis geworden wÀre ("noche triste"), zu werfen, um dann Hunderte von Kilometern weiter"daheim" Bericht zu erstatten. Zudem was sollten die Weit-Weg-Chiefs daraus lernen? Dass ein Angriff auf Tenotchtitlan mit Todesgefahr verbunden ist?
>Die Tributthese wÀre allerdings auch eine Möglichkeit.
Halte ich fĂŒr die plausibelste. Immer ist von Tributen die Rede, aber um konkrete Details (was, wenn nicht geleistet wird?) mogeln sich die Interpreten grundsĂ€tzlich vorbei. Die Wörter"Zoll-" und"Steuerfahndung" erscheinen in keiner Monographie der deutschen Geschichte der letzten 100 Jahre. Dass sie sehr real existieren und ein immenses Droh-Potential enthalten, wissen vermutlich mehr Menschen als sie wissen, wer Kurt-Georg Kiesinger war.
> Remakes von katastrophistischen Erinnerungen machen in diesem Kontext auch keinen Sinn.
>Da wĂŒrde ich zunĂ€chst die Mythen zu Rate ziehen.
>Mögen Sie auch durch zeitlich lang dauernde EinflĂŒsse âverfĂ€lschtâ worden sein, einen rationalen Kern haben sie allemal.
Zustimmung. Aber eine, viele Generationen umfassende kollektive Traumatisierung halte ich auch fĂŒr einen Mythos. Warum ist in den MĂ€rchen der BrĂŒder Grimm nirgends von Flutkatatrophen, KometeneinschlĂ€gen, Mega-Erdbeben, VulkanausbrĂŒchen usw. zu lesen? Auch Dramatiker und Dichter haben da nichts thematisiert, jedenfalls kommt mir da nichts in Erinnerung.
>Das Zurschaustellen von Köpfen (Person schlechthin) finden wir auch bei den Bauernkriegen, wo Bauern, die dem Abgabendruck entkommen wollten und von ihren Herren erschlagen wurden, als SchÀdel zur Schau gestellt wurden.
>Hierbei handelte es sich aber um kein kultisches Relikt, sondern einfach um eiskalte Rache und Abschreckung vor Nachahmung.
Sehe ich genauso, zumal ich diese SchĂ€delstĂ€tten kenne. Weshalb sollten die SchĂ€delstĂ€tten, gibt's in Chichen Itza auch in Stein (wie schon mal gezeigt), ĂŒberhaupt etwas mit"Kult" zu tun haben?
> Der geopferte Christus erscheint nicht solo am Kreuz, sondern mit Krone / Dornenkrone oder INRI.
>Das stimmt. Nur was lesen wir dazu bei Markus 15.17?
> Die Soldaten aber fĂŒhrten ihn in den Hof hinein, das ist das PrĂ€torium; und sie rufen die ganze Schar zusammen.
>Und sie legen ihm ein Purpurgewand an und flechten eine Dornenkrone und setzten sie ihm auf; und sie fingen an, ihn zu grĂŒĂen: Sei gegrĂŒĂt, König der Juden!
>Das klingt wie Abu Ghraib vor knapp 2.000 Jahren.
>Aufgescheuchte Soldaten die ihr böses Spiel trieben und dies auch heute noch tun.
Ja, hört (und sieht) man sogar von den tapferen deutschen Truppen in Afghanistan. Was hatten die sich vorn auf ihren Jeep geschnallt und was mit bloĂem GemĂ€cht dazu gemacht? (Ich kenne die Antwort, darf sie aber fĂŒr mich behalten).
> Die prĂ€kolumbianischen Opferungen waren Schau-Spiel, die PlĂ€tze vor den Tempeln sind sĂ€mtlich ziemlich groĂ.
>Sicherlich, nur sagt die Gewaltigkeit einer Zeremonie noch nicht viel ĂŒber ihren tatsĂ€chlichen Inhalt aus, auĂer das sie eben viel beachtet war.
> Nachweise etwaigen Wassermangels (no rain usw., ergo Flehen um...) konnten bisher nicht erbracht werden. Das Tal von Oaxaca war - Àhnlich Tenotchtitlan, der Azteken-Stadt, heute Mexico City - zudem von einem See bedeckt.
>Wasser an sich bedeutet zunÀchst noch gar nichts.
>Vielleicht regnete es auch unaufhörlich und dann konnte die Ernte auch nicht eingefahren werden.
>Wie gesagt, die Erfindung der Religionen als maskierte Tribut-Strafe konnte meiner Ansicht nach noch nicht stichhaltig belegt werden.
Es ging, siehe oben, um den Monotheismus ex Stammesmonopolgottheit, Stadtgott usw.
>Wie erklĂ€rt sich denn auĂerdem die Götteranbetung bei StĂ€mmen die gar keine Tributpflicht kannten?
Die beten nicht an (Mega-KultstÀtten fehlen, siehe oben), sie sind eher animistisch drauf und freuen sich, wenn ihre MedizinmÀnner (Schamanen) mal wieder jemand heilen.
>Dann hĂ€tten ja alle Völker des Planeten Erde auf die gleiche Idee kommen mĂŒssen ihr Steuerproblem zu lösen.
Falls sie eins hatten. Der Stamm hat es intern bestimmt nicht. Der sich aus dem Stamm entwickelnde Staat (Oberstamm / Unterling, letzterer extern) dagegen sehr wohl.
GruĂ!

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