- Die (German) Angst-Industrie? ARD 0 Uhr 05 - LenzHannover, 25.10.2006, 23:01
- Re: Fear Mongering - Doomsday, 25.10.2006, 23:13
- Vielen Dank, war sehr interessant - Spartakus, 26.10.2006, 01:04
- Weil das Fernsehen selbst der größte Angstmacher ist, deswegen so spät - prinz_eisenherz, 26.10.2006, 08:45
- Re: Weil das Fernsehen selbst der größte Angstmacher ist, deswegen so spät - Isis, 26.10.2006, 11:13
- Weil das Fernsehen selbst der größte Angstmacher ist, deswegen so spät - prinz_eisenherz, 26.10.2006, 08:45
- Re: Die (German) Angst-Industrie? - sensortimecom, 26.10.2006, 09:30
- Re: Die (German) Angst-Industrie? AW - Isis, 26.10.2006, 11:07
- Re: Die (German) Angst-Industrie? AW - sensortimecom, 26.10.2006, 19:42
- Re: Die (German) Angst-Industrie? - Spartakus, 26.10.2006, 12:05
- Re: Die (German) Angst-Industrie? AW - Isis, 26.10.2006, 11:07
Re: Die (German) Angst-Industrie?
-->Diese Art von Angst als schädlich oder gar als Paranoia abzutun, ist ein Verbrechen.
Hallo Erich,
Darum ging es auch nicht in der Reportage. Es ging darum, dass keine Bewertung des Risikos stattfindet. Grundtendenz: eine manchmal durchaus reale Gefahr wird medial aufgeblasen, weil sich mit der Angst gut Geld verdienen läßt. Die Wissenschaft arbeitet Hand in Hand, weil dadurch Forschungsgelder fließen. Die Politik reagiert mit Aktionismus und in der Folge werden Unsummen ausgegeben, um ein teilweise absurdes Restrisiko auszuschalten. Diese Unsummen fehlen wiederum an anderen Stellen, bei denen in der Folge durch Einsparungen viele Menschen an realen und bekannten Gefahren sterben.
Zudem ist dieses System scheinbar"Lernresistent". Ist eine Gefahr/Risiko erst einmal etabliert, ändern auch ein veränderter Wissensstand oder veränderte Bedingungen nichts mehr an dem Aufwand zur Risikominimierung. Es bildet sich eine Lobby, die gut an der Minimierung des Restrisikos verdient und deshalb diese Angst, obwohl die Gefahr extrem gering ist, am köcheln hält.
Als Beispiele wurden exemplarisch Asbest und BSE gewählt. Beim Asbest wurde die These aufgestellt, dass durch die Sanierung mehr Menschen ums Leben kamen, als wenn man nichts getan hätte. Warum? Die Zahl der Opfer, also Arbeiter die bei der Sanierung vom Dach fallen, Kinder die andere Schulwege gehen müssen und überfahren werden, etc., wäre 4x so hoch wie die geschätzte Zahl der Asbestopfer. Von der Risikoabwägung her betrachtet, sind Arbeitunfälle und Verkehrstote auf die Risikogruppe bezogen also sehr viel gefährlicher als die Gefahr durch asbestverseuchte Räume. Der Unterschied nur, die einen Gefahren sind bekannt und liegen vermeintlich in der Macht des Einzelnen, die andere Gefahr ist abstrakt und ungreifbar. Läßt sich also auch nicht beeinflussen.
Der Milliardenaufwand der für die Asbestsanierung betrieben wurde, ist also statistisch betrachtet nicht nur Geldverschwendung, sondern auch noch Kontraproduktiv. Allerdings hat diese Thesen ein Professor für Statistik aufgestellt und zumindest ich sehe solche Rechnungen sehr kritisch.
Das andere Beispiel war BSE. Es gab bisher knapp 400 BSE-Infektionen in Deutschland, wenn ich mich recht entsinne, aber kein einziges erkranktes Tier. Was allerdings auch nur logisch ist, da die meisten Tiere gar nicht das Alter erreichen um die Krankheit"auszuleben". Ein Zusammenhang zwischen Creutzfeld-Jacob und BSE ist bisher nicht wissenschaftlich untermauert. Ebenso wie die These, dass BSE grundsätzlich auf den Menschen überspringen kann. Es ist nicht ein gesicherter Fall bekannt, bei dem der Verzehr von BSE-infiziertem Fleisch zu CFJ oder Tod geführt hätte. Die Prionenforschung steckt, salopp ausgedrückt, in den Kinderschuhen.
(Ein interessantes Detail, nicht aus der Sendung. Eine These geht ja davon aus, dass BSE eine Folge davon sei, dass die Tiere zermalmte und zerkochte Schafe zu fressen bekamen. Diese Vorstellung finde ich persönlich skandalöser als alles andere. Die Schafe wiederum waren mit Scrapie infiziert. Der mutmaßliche Artensprung dieser Krankheit ist wiederum nur deshalb gelungen, weil aus Sparmaßnahmen, der Schafsbrei nicht bei den vorgeschriebenen 70°C gekocht wurde. Wäre dies eingehalten worden, so wäre das Problem vermutlich nie entstanden. Was natürlich nichts am Gesamtekelfaktor ändert.)
Eine der Folgen dieser mutmaßlichen Gefahr war, dass sämtliches Risikofleisch, also Gehirn, Rückenmark, etc. großflächig herausgeschnitten wurde. Nach"Expertenmeinung" selbst bei infiziertem Getier ausreichend. Nichtsdestotrotz wird jede tote Kuh untersucht. Kosten im Jahr: ca. 2 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite, landet wirklich gefährliches Gammelfleisch regelmäßig im Handel, weil das Geld für einfachste Kontrollen fehlt.
Als Gegensatz zu diesen Beispielen wurde die Krankenhaushygiene präsentiert. Dort erzählte der führende Fachmann auf diesem Gebiet, dass jedes Jahr tausende Patienten durch mangelhafte Hygiene in Krankenhäusern, bzw. auf Intensivstationen sterben würden. Die Lösung wäre einfach, Hände waschen. Natürlich ist es etwas komplexer, aber die Grundaussage, etwas bessere Sorgfalt und Ausbildung und 30% der Todesfälle durch krankenhausbedingte Infektionen mit Todesfolge ließen sich vermeiden. Dazu paßt ja auch die Meldung vor einigen Tagen, dass in Krankenhäusern in denen am Intensivpersonal eingespart wurde, ca. 1/4 mehr Todesfälle zu verzeichnen waren. Geld was anderswo verbraten wird.
Es folgten noch kleinere Beispiele z.B. über die Gefahren von Giftrückständen in Nahrungsmitteln im Verhältnis zum Risiko wegen mangelhafter Hygiene bei der Zubereitung etc, aber der Tenor ist wohl klar. Soweit meine Zusammenfassung.
Ich fand die Doku durchaus interessant, wenngleich ein Problem natürlich ausgeklammert wurde. Gerade bei Asbest oder BSE war ja nicht ersichtlich wie groß die Gefährdung tatsächlich war. Theoretisch hätten Opferzahlen in sehr großen Maßstäben entstehen können. Insofern macht es natürlich Sinn vielleicht auch übertriebene Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Wo die Intension der Reportage aber meiner Meinung nach vollig korrekt ist, es findet keinerlei Überprüfung statt. Ein einmal etabliertes Risiko wird nicht wieder neu bewertet. Zu groß ist dann die Lobby der Profiteure der Angst. Es fehlt auch eine Auseinandersetzung mit dieser Problematik. Beispiele im Alltag sind doch schnell zu finden. Ich kenne einige Menschen mit großer Flugangst. Autofahren tun sie hingegen alle. Über das tatsächliche Risiko muß ich wohl nichts sagen.
Gruß

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