- Private Equity & System-Risiken - die nächste Warnung! - dottore, 07.11.2006, 10:52
- Re: Private Equity & System-Risiken - die nächste Warnung! - LeCoquinus, 07.11.2006, 12:04
- Prognosen sind schwierig, vor allem auf die Zukunft bezogen ;-) (o.Text) - Golden Boy, 07.11.2006, 13:21
- Re: Geht mir auch so - MI, 07.11.2006, 13:34
- Re: So läuft die Chose - Alarmstufe GELB-ROT - dottore, 07.11.2006, 15:26
- Vielen Dank für deine anschauliche Antwort (o.Text) - LeCoquinus, 07.11.2006, 18:56
- Dingens-stone und Telekom mag da ein Muster sein... - LenzHannover, 08.11.2006, 01:02
- Ich darf annehmen, dass deine Meinung zu Barreserven unverändert ist? - BillyGoatGruff, 07.11.2006, 12:23
- Re: Meinung aus den USA: Zur Zeit ähnliche Periode wie zw. 1928 und 1929 - André, 07.11.2006, 13:12
- Dein Thread ist jetzt auch als Link auf Zeitwende (mL) (o.Text) - Supermario, 07.11.2006, 14:09
- Gestern Leitartikel in der FTD über PE-Markt-Bericht der FSA - SilVisconti, 09.11.2006, 20:41
- Re: Private Equity & System-Risiken - die nächste Warnung! - LeCoquinus, 07.11.2006, 12:04
Re: So läuft die Chose - Alarmstufe GELB-ROT
-->Hi LeCoquinus,
von einem Top-Experten erhalte ich zwei Hinweis:
1. Auf einen (von mir übersehenen) Beitrag der FAZ, Ende September 2006.
2. Dass eine der angesehensten Adressen in dem Geschäft (Sevin Rosen Funds, seit 25 Jahren dabei) zum ersten Mal einen Fonds nicht durchgezogen, sondern das Geld (250/300 Mio USD) an die geifernd-gierigen Anleger zurückgeschickt hat (NYT, 7. 10. 2006). Auszüge daraus:
"“If we really believe that there are fundamental structural problems in the venture industry, should we raise our fund and just hope that the problems will get better?” the firm wrote. The answer was no."
"“I think they [Sevin] are raising the right questions,” said Sandra A. Ell, treasurer and chief investment officer at the California Institute of Technology. “It’s not that there is a lack of investment opportunities,” she said, but rather “a lack of being able to pull out your money” through public offerings or large acquisitions."
Nun aber zum FAZ-Artikel (28.9.06, S. 25, Autor Bettina Schulz):
Head:
Übernahmefinanzierungen werden riskanter
Sub:
"Die wären früher nie genehmigt worden" / Banken bauen Kreditrisiken in den eigenen Büchern ab / Abverkauf am Sekundärmarkt
Auszüge:
<<Die zunehmend aggressive Finanzierung von Unternehmensakquisitionen (Leveraged Finance) bereitet Bankenvertretern Sorgen."Noch läuft die Konjunktur gut. Sollte es jedoch nur einigen Branchen schlechtergehen, ist mit einer rasant steigenden Zahl von Restrukturierungen oder gar notleidenden Krediten aus Übernahmefinanzierungen zu rechnen", warnen Banker am Finanzplatz London und in Deutschland."Viele Finanzierungen sind heute hochriskant und wären früher niemals genehmigt worden", heißt es bei Fachleuten, die seit Jahren in der strukturierten Finanzierung tätig sind, aber nicht genannt werden wollen."Wir würden uns am liebsten an vielen dieser Übernahmefinanzierungen gar nicht mehr beteiligen, so riskant sind sie. Aber wir müssen es machen, weil wir einer der Marktführer in dem Geschäft sind und sonst Marktanteile an die Konkurrenz verlieren", sagt der Vertreter einer führenden internationalen Bank in dem Geschäft.
(...)
Die extrem hohe Liquidität am Markt hat zu einer immer höheren Verschuldung geführt.
Nach Schätzung der Investmentbank Close Brothers ist das Volumen in Europa seit 1998 von 35 auf 500 Milliarden Euro gestiegen. An der riskanten Situation sind praktisch alle Marktteilnehmer gleichermaßen schuld.
Die Private-Equity-Gesellschaften stehen unter Druck, hochrentierliche Übernahmen zu finden. Das ist schwer, denn immer mehr Gesellschaften suchen mit immer mehr Anlagekapital nach Übernahmen, die jedoch immer seltener eine auf Dauer extrem hohe Rendite versprechen. Das Interesse der Private-Equity-Gesellschaften ist es daher, auf einem immer höheren Verschuldungsgrad bei der Finanzierung zu bestehen, denn so kann ihre Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital maximiert werden. [Siehe auch frühere Postings].
Dies erklärt, warum immer öfter Finanzierungsstrukturen gewählt werden, bei denen sich die Unternehmen, um deren Übernahme es geht und die die Übernahmefinanzierung tragen müssen, bis zur Halskrause verschulden.
Noch vor drei Jahren galt, daß die erstrangigen Schulden (Senior Debt) nicht mehr als das Vierfache des Betriebsergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ausmachen durften - heute wird bis zum Sechsfachen akzeptiert.
Noch vor wenigen Jahren kalkulierten Banker, daß die Gesamtverschuldung von Unternehmen nicht über das Fünf- bis Sechsfache des Ebitda hinausgehen sollte - heute macht die Gesamtverschuldung mitunter das Achtfache aus, und manche Fachleute erwarten, daß bald auch das Neunfache akzeptiert wird.
Unternehmen wird heute bei Übernahmefinanzierungen zugemutet, fast den gesamten Überschuß für Zinsen und Tilgung ihrer Finanzierungen aufzubrauchen. Früher mußte der Überschuß (Cash-flow) um 25 Prozent über der Zins- und Tilgungsleistung liegen - heute liegt er oft nur um 5 Prozent darüber. Dieser Zinsdeckungsgrad sinkt weiter. Mitunter wird sogar der gesamte Überschuß [!] für Zins- und Tilgungszahlungen eingerechnet.
"Das ist natürlich viel zu riskant", räumt ein Kreditfachmann einer Großbank ein.
Dennoch finden die Private-Equity-Gesellschaften, die sogenannten Finanzinvestoren, genügend Banken, die als Kreditgeber entsprechende Akquisitionsfinanzierungen arrangieren und zeichnen. Schließlich sind Finanzinvestoren Kunden, die den arrangierenden Banken hohe Provisionen einspielen.
Investmentbanken und Geschäftsbanken, die in der Übernahmeberatung (Corporate Finance) tätig sind, verdienen gleich zweierlei Provision: Zum einen streichen sie die Provision für die Beratung bei der Übernahme (M&A) ein, und zum anderen verbuchen sie die Provision, die bei der Finanzierung der Transaktion anfällt.
"Die Einnahmen, die Investmentbanken aus dem Geschäft mit diesen Finanzinvestoren erzielen, haben sich in den letzten drei Jahren verdreifacht", räumt der Vertreter einer Investmentbank ein.
Auf den Büchern halten die Investmentbanken die hochriskanten Kredite freilich nicht. Sie interessieren sich nicht für Zinseinnahmen, sondern nur für die Provision. [Provisionsüberschuss der deutschen Kreditinstitute 2005 so hoch wie 2000, vgl. Buba-MB Sep/06, was nicht nur aus höheren Aktienumsätzen und mehr IPOs resultieren dürfte].
Je länger jedoch Kredite in den Büchern der Banken stehen, desto mehr Eigenkapital muß für die Unterlegung der Kreditrisiken eingerechnet werden, und um so mehr reduziert sich die Kapazität der Bank, neue Transaktionen zu arrangieren und zu zeichnen. Die meisten Investmentbanken verkaufen ihre Kreditengagements daher schnell weiter.
In der Zwickmühle sind Geschäftsbanken, die wie die Royal Bank of Scotland, ABN Amro, die deutschen Großbanken oder viele Landesbanken nicht nur auf das Gebühreneinkommen des Investmentbanking schauen, sondern traditionellerweise höhere Tranchen behalten, um auch von der Zinsmarge zu profitieren.
Die Situation ist... so kritisch geworden, daß immer mehr Banken Finanzierungen ablehnen."Wir haben noch nie eine so hohe Absagequote gehabt wie derzeit", sagt der Vertreter einer deutschen Landesbank. Johnny Cameron, Chief Executive des Corporate Markets von der Royal Bank of Scotland, die am Markt dafür bekannt ist, daß sie aggressiv Transaktionen arrangiert und zeichnet, räumt ein:"Wir müssen in letzter Zeit selektiver vorgehen und lehnen derzeit mehr Finanzierungen ab als vergangenes Jahr."
Einige Banken reagieren zudem vorsichtiger, selbst wenn sie sich an Übernahmefinanzierungen beteiligen.... Viele Finanzierungen seien schlicht zu riskant, um sie auf den Büchern zu halten.
Manche Banker sind beunruhigt:"Die Private-Equity-Gesellschaften mögen einige Fälle verlustreicher Restrukturierungen durch andere erfolgreiche Transaktionen auffangen. Wir können uns aber keine Kreditausfälle von 10 bis 30 Prozent leisten", sagt ein Bankenvertreter, der zunehmend Kreditrisiken am Sekundärmarkt verkauft. Dabei fällt es den Banken derzeit sogar immer leichter, immer riskantere Kredittranchen am Sekundärmarkt zu veräußern. Hedge-Fonds und auf Schuldtitel spezialisierte Fonds wie CLO-Fonds (Collateralised Loan Obligations) suchen nach höher rentierlichen, nachrangigen Schuldtiteln, in der Regel den endfälligen B- und C-Tranchen arrangierter Kredite."Die CLO-Fonds und Hedge-Fonds reißen uns diese Tranchen geradezu aus den Händen", heißt es bei einem Vertreter einer großen Geschäftsbank.
"Einige Fonds wählen ihre Kreditrisiken aus. Aber es gibt Hedge-Fonds, die kaufen einfach alles, was auf dem Markt ist", kritisiert ein Bankenvertreter, der bezweifelt, daß manche Hedge-Fonds einschätzen könnten, welche Risiken sie sich aufhalsten....
"Würden die Hedge-Fonds nicht den Großteil der Kredittranchen aufkaufen, könnten wir die riskanten Finanzierungen für die Private-Equity-Gesellschaften gar nicht darstellen", sagt ein anderer Bankenvertreter.
Für skeptische Bankenvertreter ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Kartenhaus dieser Überhitzung am Kreditmarkt zusammenbricht.
"Sobald sich der Kreditzyklus dreht - und das tut er normalerweise alle drei bis vier Jahre *) -, werden wir mit einer Welle von Restrukturierungen aus den Akquisitionsfinanzierungen konfrontiert, und dann ziehen sich auch die Hedge-Fonds aus dem Geschäft zurück", warnt ein Vertreter einer internationalen Geschäftsbank in London."Es müssen nur die ersten herben Verluste kommen.">>
*) Damit wäre der Zeitrahmen möglicherweise abgesteckt: In den USA hat sich der Zyklus (consumer credits) zuletzt 2003 gedreht (Zinssätze, Ausleihungen), damit wäre 2006/2007 mit dem nächsten Dreher zu rechnen. In UK hat er Q2/Q3 2004 gedreht, next wäre demnach 2007/08. In D hat er 2003/04 gedreht (Ertragslage der Kreditbanken Mitte 2003), wenn auch nur ganz schwach (Ertragslage deutlich!). Wäre demnach 2007/2008. In J hat er 2005 gedreht, auch eher schwächlich, wäre 2008/2009.
Nehmen wir die USA als Centerpoint, siehe auch die seit Frühjahr/Sommer 2006 inverse Zinskurve (= Rezessions- und Baissevorlauf max. 1 Jahr), könnte es - so gerechnet - in der ersten Jahreshälfte 2007 zu den besagten Problemen kommen. Da sich dieses aber rasch rumspricht (man beachte die aktuelle Häufung der einschlägigen Artikel und"Warnungen") und die Angst noch immer die Gier besiegt hat, sollte uns auch ein alsbaldiger Schlag ins Kontor nicht überraschen.
Gruß!

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