- Wer über Gnade spricht, sollte auch an Reue denken - Cujo, 22.01.2007, 22:28
Wer über Gnade spricht, sollte auch an Reue denken
-->Von Anna Reimann und Carsten Volkery
Begnadigen oder weiter wegsperren? 1985 wurden die RAF-Anführer Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar zu lebenslanger Haft verurteilt - sie fünffach, er sechsfach. Jetzt steht die Freilassung der beiden Terroristen im Raum. In SPIEGEL ONLINE debattieren Angehörige der Opfer und Politiker das Pro und Contra.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,461277,00.html
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Wenn ich die Überschrift des ehemaligen Nachrichtenmagazins lese, wird mir (K)klar, wohin in Zukunft die Reise mit den"Politischen" gehen wird.
Hier ein Kommentar der Berliner Zeitung 2001:
2001 besuchte Günter Gaus Klar in der Besuchszelle in Bruchsal und machte mit ihm ein denkwürdiges Interview. Der feinsinnige Widmer aus der"Berliner Zeitung" sah es und konnte nur Ich-Verfangenheit und Verstocktheit wahrnehmen. Wie Klar immer erst die Lippen bewegte und den Satz offenbar mental vorformulierte,vor er ihn aussprach- das war für Widmer Flucht in den geistigen Unterstand, weg vom Offenen, Freien, wie es- nicht wahr!-uns alle umwebt und belebt. Gaus sah nach dem Zeugnis seiner Tochter vor allem mit Grausen eines: die Schädigung, ja Zerstörung, die Isolationshaft mit sich bringt. Gaus bemühte sich darauf hin, um Begnadigung von Klar. die bei uns nur der Bundespräsident aussprechen kann. Er soll noch in den letzten Stunden vor seinem Krebstod nach dem Stand der Angelegenheit gefragt haben.Die Angehörigen beschwichtigten,es sei alles noch unentschieden. Das ist es nach Jahren immer noch. Rolf Becker, selbst Mitglied einer gewerkschaftlichen Gruppe mit dem Bemühen um Freilassung der letzten vier Gefangenen der RAF endet seinen Aufsatz in OSSIETZKY 23/2004 über die letzten und vergeblichen Bemühungen von Gaus und seine eigenen Überlegungen zu Klar" »Wir können nicht sagen:unterwirf Dich, weil wir den bestehenden gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnissen unterworfen sind wie Du und sie vorerst nicht verändern können (am allerwenigsten durch Wünsche und Agitation); wir sagen: wenn bei einigen von denen, die politische Macht und Einfluß haben, noch Solidarität und Menschlichkeit lebendig sind: Entlasst Christian Klar in die Freiheit, er ist keine Gefahr mehr.« Deutlicher und treffender kann man es nicht sagen.
PS: Selbst wer mit den neuzeitlichsten Denkern verbohrterweise Klar und die ganze RAF für faschistisch hielte- in all seinen Verirrungen dürfte er sich dem Verlangen nach Klars Freilassung nicht widersetzen.Es mag in Zeiten der Revolution unerlässlich sein, gewisse Gegner durch den Tod endgültig zu beseitigen. So etwa Ludwig XVI, um den Truppen der Konterrevolution die Hoffnung auf Wiederherstellung zu nehmen. Was niemals recht sein kann, es auch gegen einen Rudolf Hess nie war, ist: einen Menschen bei lebendigem Leib zu begraben. Als etwas anderes kann man langdauernde Isolationshaft nicht begreifen. Hegel meinte, selbst im Todesurteil erkenne der Richter den Verurteilten als vernünftiges Wesen an. Wer den andern vermodern lassen will zu Lebzeiten, der leistet selbst diese Anerkennung nicht mehr. Ihm wird der Mitmensch zum Material, an dem er seine Unerbittlichkeit vorführt.
Quelle: swr; Berliner Zeitung 2001; Ossietzky/rolf Becker
AutorIn: fg
<ul> ~ http://www.stattweb.de/baseportal/NewsDetail&db=News&Id=1296</ul>

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