- Alte Denkmuster verlassen - Zeitgenosse, 12.03.2007, 21:43
- Zuerst kommt noch die Polizei, das Gerichts- und Justizwesen;-) (o.Text) - sensortimecom, 12.03.2007, 21:46
- Geht nicht mehr lange...schau mal - chiron, 12.03.2007, 21:59
- L'état c'est nous - kosh, 13.03.2007, 16:00
- Geht nicht mehr lange...schau mal - chiron, 12.03.2007, 21:59
- Re: Alte Denkmuster verlassen - Emerald, 12.03.2007, 22:05
- Re: Alte Denkmuster verlassen - apoll, 13.03.2007, 01:07
- Alte Denkmuster verlassen, und im Sauseschritt zu den alten zurück. - prinz_eisenherz, 12.03.2007, 22:43
- Re: Alte Denkmuster verlassen, und im Sauseschritt zu den alten zurück. - Zeitgenosse, 13.03.2007, 00:12
- Re: Alte Denkmuster verlassen... / Staat und Gemeinwesen - Student, 13.03.2007, 09:58
- Von wegen, das sind ALTE Denkmuster pur - Taktiker, 13.03.2007, 00:09
- Danke für interessanten Beiträge (o.Text) - Zeitgenosse, 13.03.2007, 21:56
- Zuerst kommt noch die Polizei, das Gerichts- und Justizwesen;-) (o.Text) - sensortimecom, 12.03.2007, 21:46
L'état c'est nous
-->Hallo chiron
mein Kommentar zu Deinem Link
- Seit diesem Sommer verwaltet die Bertelsmann-Tochter Arvato einen Bezirk in Großbritannien, in dem 320,000 Menschen leben. In Deutschland ist dieses Prinzip noch Zukunftsmusik.
Inwiefern handelt es sich um global kapitalistisch propagierte freie Marktwirtschaft, wenn ein Monopol en bloc an die Privatwirtschaft abgetreten wird? Wo spielt der vielbesungene Wettbewerb? Das ist der Teil, den ich von vorn bis hinten nie verstanden habe bei all der Aufregung.
- Die Arvato AG, eine hundertprozentige Tochter des Bertelsmann-Konzerns, hat einen über acht Jahre laufenden Service-Vertrag abgeschlossen, der dem Unternehmen pro Jahr rund 25 Millionen Euro einbringt.
Angenommen der Staat arbeitet effizient, dann kostet der Spass die Bürger zusätzliche 25Mio, vorausgesetzt, die Arvato AG arbeitet ebenfalls effizient. Arbeitet der Staat nicht effizient (Normalfall), darf er sich Ineffizienz bis zu 25Mio leisten, bevor sich auf der Kostenseite auch nur irgendetwas lohnen würde. Wirtschaftet die Arvato ebenfalls ineffizient, verschiebt sich der Vorteil zugunsten des Staats entsprechend.
Ein klassisches Beispiel moderner Privatisierung, gerade in britischen Landen, ist die mit viel Vorschusslorbeeren grandios gescheiterte Privatisierung der britischen Eisenbahn. Oder die britischen Atomkraftwerke die meines Wissens nach einem zweiten Blick in die Bücher (zukünftig anfallende Kosten) dann doch niemand mehr haben wollte. Public Private Partnership, britisches Vorzeigemodell, unbedingt blind übernehmen.
- Dabei ist der Phantasie, in welchen Bereichen sich die Privatwirtschaft engagieren kann, keine Grenzen gesetzt - ob es der Bau und Betrieb von Gefängnissen oder Krankenhäusern ist oder das Management der Londoner U-Bahn oder, wie in East Riding, gar die Verwaltung eines ganzen Bezirks. Ende letzten Jahres waren 780 PPP-Verträge mit einem Gesamtvolumen von über 53 Milliarden Pfund gezeichnet.
Angenommen, Arvato et al erfüllen trotz praktischer Gegenargumente kurz- bis mittelfristig die in sie gesteckten Erwartungen, werden sie dennoch langfristig an den gleichen Rahmenbedingungen scheitern wie der Staat selbst. Sobald die PPP die Staatswirtschaft nämlich weitgehend abgelöst hat, fallen direkte Vergleiche weg und an Stelle des Staats stehen private Firmen (ironischerweise entstehen dadurch im Bedarfsfall greifbare Sündenböcke, im Gegensatz zum nicht fassbaren Staat, der wir ja selber sind.) Selbst wenn PPP die Aufgaben auch dann noch billiger anbieten kann, im Vergleich zu heute, hat sich das Gesamtsystem an das tiefere Preisniveau angepasst und des Bürgers Jammerei beginnt von vorne. Statt Staat wird PPP beschissen.
PPP wird nach meiner Meinung an den gleichen Symptomen kranken wie heute der Staat, egal wie billig die PPP arbeitet, sie wird genauso an Grenzen stossen wie der Staat, und damit zur Zielscheibe frustrierter Bürger werden. Das Grundproblem ist und bleibt ungelöst, meiner Auffassung nach ist es schlicht nicht lösbar, sondern systemimmanent und noch dazu kaum definierbar, jeder hat eine andere Vorstellung, warum und wieso was nicht klappt.
- Ende letzten Jahres waren 780 PPP-Verträge mit einem Gesamtvolumen von über 53 Milliarden Pfund gezeichnet.
Aha, schon bei 53Mia Pfund Budgetumschichtung. Lassen sich diese Volumen etwa flexibler handhaben als wenn sie beim Staat verblieben wären? Wie hoch ist der Gewinnanteil? Wie hoch sind demgegenüber die britischen Steuereinnahmen?
- Wohl um das Pilotprojekt für Kommunen attraktiv zu machen, hat Bertelsmann in East Riding generöse Konditionen vereinbart.
In dem Fall gibt's noch viel Luft nach oben.
- Rund 500 Beschäftigte werden von Arvato übernommen, ohne Gehaltseinbußen oder Änderung der Arbeitsbedingungen. Die Schaffung von zusätzlichen 600 Arbeitsplätzen wurde versprochen. Und die Gemeinde ist mit 20 Prozent an dem Profit beteiligt, den Arvato erzielen kann.
Bei soviel Wahlkampfgefasel kann eigentlich nichts mehr schief gehen, oder?
Grüsse
kosh

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