- zur Energiekrise in Kalifornien (Artikel aus dem Handelsblatt vom Freitag) - Sascha, 21.01.2001, 23:18
zur Energiekrise in Kalifornien (Artikel aus dem Handelsblatt vom Freitag)
[i] Kaliforniens Gouverneur ruft Energie-Notstand aus
Fehler bei der Deregulierung führen zu einer schweren Krise der Stromversorgung
HANDELSBLATT, 19.1.2001
ruk / Reuters PALO ALTO. Der Demokrat Gray Davis ist mit der größten Herausforderung seiner politischen Karriere konfrontiert: Am späten Mittwochabend musste der Gouverneur von Kalifornien nach Zustimmung des Senats einen staatsweiten Energie-Notstand ausrufen.
Stunden zuvor, gegen Mittag Ortszeit (21 Uhr deutscher Zeit), sah sich die für die Stromverteilung in den meisten Gebieten des Sonnenstaates an der Pazifikküste verantwortliche Energieüberwachungsorganisation ISO (Independent System Operator) gezwungen, wegen anhaltenden Strommangels in einem rotierenden Verfahren in ausgewählten Gebieten ohne Vorwarnung den Strom abzuschalten.
Zu den besonders betroffenen Regionen gehörte das gesamte Gebiet um die Bucht von San Francisco, Bay Area genannt, und damit eines der wichtigsten Wirtschaftszentren der USA, das Silicon Valley. Die Menschen in der erfolgsverwöhnten Hightech-Region waren geschockt, als in der Innenstadt von San José zur Mittagszeit die Verkehrsampeln ausgingen und in den Restaurants der Strom abgestellt wurde. Los Angeles in Südkalifornien blieb dank zusätzlicher Energiequellen bisher von den Problemen weitgehend verschont.
In Zentral- und Nordkalifornien jedoch ist das Problem noch nicht gelöst. Die ISO teilte mit, sie habe für Donnerstag lediglich 14 000 Megawatt Strom gesichert. Weitere 18 000 Megawatt müssten noch aufgetrieben werden, um neue Engpässe zu vermeiden. Ein Megawatt wird zur Versorgung von etwa 1000 Haushalten benötigt.
Hochtechnologiefirmen im Silicon Valley teilten mit, die Ausfälle hätten keine größeren Auswirkungen gehabt. Das liegt vor allem daran, das im extrem teuren Valley kaum Produktion der vielen elektronischen Produkte stattfindet. Zudem verfügen aufgrund der Erdbeben-Gefahr viele Firmen über Anlagen zur vorübergehenden unabhängigen Stromversorgung.
Am Mittwochmorgen hatten die zwei größten Stromversorger des Staates, Pacific Gas & Electric (PG&E) und Southern California Edison, mitgeteilt, sie seien nicht in der Lage, Kredite zu bezahlen und stünden kurz vor dem Konkurs. Die beiden größten Stromversorger haben etwa 12 Mrd. $ Schulden.
Der Hintergrund: Der kalifornische Strommarkt wurde 1996 liberalisiert. Den Versorgern ist es per Gesetz verboten, die seitdem stark angestiegenen Strompreise an die Verbraucher weiter zu geben. Kalifornische Abgeordnete verabschiedeten am Mittwoch ein Notgesetz, das es dem Bundesstaat erlaubt, im Krisenfall vorübergehend Strom direkt an die etwa 24 Millionen betroffenen Kunden zu verkaufen.
Die ISO macht einen Mangel an Wasserkraft durch ausbleibenden Regen- und Schneefall bei einem gleichzeitig für kalifornische Verhältnisse ungewöhnlich kalten Winter für die Probleme mit verantwortlich.
Wegen der angespannten Finanzsituation zögerten am Mittwoch die Stromerzeuger, Strom an die angeschlagenen kalifornischen Versorger zu verkaufen. In Kalifornien ist seit zehn Jahren kein neues Kraftwerk gebaut worden.
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