- zur Diskussion über den Bio-Lebensmitteldreck vor kurzem... - Taktiker, 27.09.2007, 23:47
- markige Ãœberschrift - nix dahinter! - ingobert, 28.09.2007, 08:55
- Qualität - kosh, 28.09.2007, 14:57
- MUAH, da haste ja wieder ganz tief gehalten - rocca, 28.09.2007, 18:41
Qualität
-->Hallo Taktiker
Dass nicht immer alles besser ist, wo Bio draufsteht, dürfte Biokonsumenten bekannt sein. Bei uns heissen die Blätter K-Tip oder Saldo, die sich um den Warentest kümmern. Dabei muss ich nicht selten schmunzeln, weil meist erst auf den 2. Blick ersichtlich wird, warum das von einem selbst bevorzugte Produkt auf die Ränge verwiesen wird. Einmal hatte ich einen Vergleich über (konventionelle) dunkle Schokolade vor mir und wunderte mich, weil mein Favorit im hinteren Mittelfeld landete. Erst dachte ich, aufgepasst, wer weiss wieviel"Dreck" da drin ist. Als ich die Kriterien nachblätterte kam ich drauf, dass nur 4 subjektive Kriterien untersucht wurden. Mir persönlich geht es am Allerwertesten vorbei, wie eine Schokolade bei Zimmertemperatur bricht. Von den insgesamt 4 Kriterien war mir nur eines wichtig, nämlich der Geschmack und da war mein Favorit ganz vorne mit dabei, aber nur mit 25% Gewichtung.
- Bio-Produkte unterscheiden sich in ihrer Qualität kaum von konventionellen Lebensmitteln.
Beim Begriff Qualität werde ich immer hellhörig:-)
- Demzufolge sind Nahrungsmittel aus ökologischem Anbau meistens teurer, schmecken aber oft nicht besser.
Aha, dass sie teurer sind lässt sich mit einem einfachen Preisvergleich feststellen, das wird niemand bestreiten und ist weder neu noch überraschend. Demzufolge wäre der Preis übrigens ein quantitatives Argument. Weiter: seit wann lässt sich über Geschmack nicht mehr streiten? Vielleicht haben Brüsseler Normgaumen ihren Senf dazu beigetragen. Der Auftakt ist somit schon mal gründlich anfechtbar.
- Allerdings seien Obst und Gemüse aus biologischem Anbau in der Regel frei von Chemie.
Ah ja, und die Chemie schmeckt man nicht, also spielt sie für die Qualität keine Rolle. Ausser z.B. für mich, aber ich als Biokunde werde mich eben an den Industriekunden orientieren müssen, werde mich der Angebotsseite unterwerfen, so oder ähnlich, das ist doch Marktwirtschaft, oder? Nachfrage ist was für die Theorie.
- Fleisch und Wurst aus Bio-Produktion verderben dagegen schneller als konventionelle Lebensmittel mit Konservierungsstoffen.
Wie hoch ist die Aussagekraft dieser Binsenwahrheit wirklich? Warum bin ich nicht überrascht? Wenn, müssten doch wohl Bio und Konventionell ohne Konservierungsstoffe gegenüber gestellt werden.
- Stiftung Warentest wertete nach eigenen Angaben 54 Lebensmitteltests von 2002 bis 2007 aus. Demnach erreichten darin nur ein Prozent der konventionellen Waren und vier Prozent der Bioprodukte ein"Sehr gut".
Wär's umgekehrt gewesen, hätte die Redaktion wohl mit"400% bessere Qualität" getitelt.
- Unverarbeitet sind Bio-Produkte den konventionellen dagegen überlegen, wie aus den Untersuchungen hervorgeht. Tomaten, Äpfel, grüner Tee oder Rukola waren fast immer frei von Pestiziden. Tendenziell reichert sich zudem weniger Nitrat in Biogemüse an. Dies sei ein klarer gesundheitlicher Vorteil, den konventionelle Produkte nicht immer böten...
Ja, und da sind wir schlieslich bei dem angelangt, was ich als Qualität an erster Stelle verstehe. Wenn's auch noch schmeckt, ist das der einfachste Gradmesser für die Qualität über alles. Nur halt, dass der Körper erst nach einer gewissen Eingewöhnungsphase seine Bedürfnisse und damit die Nachfrage anpasst. Wenn Brüsseler Gaumen nur einmal kurz daran nippen, wird kein Schuh draus.
Danke an an alle, die mich mit Buchhinweisen versorgten. Ich bin zwar ein lausiger Leser, aber das Wesentliche von Schatalova oder Wandmaker habe ich inzwischen mitbekommen und auch teilweise umgesetzt, staune immer mehr, wie wenig es doch braucht, wenn die"Qualität" stimmt.
Noch was, an @ingobert anknüpfend, mir ist z.B. wichtig zu wissen, dass es möglich ist in halbfriedlicher Koexistenz mit der Biodiversität zu leben, dass z.B. Insekten in ihrer ganzen Vielfalt in Zusammenarbeit mit Menschen langfristig ebensoviel erreichen können wie jene Bauern, die den Zugewinn an Ernte am anderen Ende wieder für Chemiesäcke und -kübel ausgeben. Z.B. weiss ich aus Untersuchungen, dass sich vor ca. 10 Jahren Kühe über 6000 Litern Milchleistung nur in besonders fetten Tieflagen gelohnt haben (in der Schweiz), weil sich die Omnipräsenz des Onkel Doktors im Hochleistungskuhstall nur dort rechnete. Oder dass sich die Anschaffung eines echten, realen Stiers unter bestimmten Voraussetzungen lohnt, weil durch die Ruhe, die er in die Kuhherde bringt für den Bauern mehr gewonnen ist als verloren. Oder jene Reisbauern, die heute Genreis anpflanzen, aber Ende Jahr nicht mehr in der Tasche haben als vorher. Oder jene Obstplantagen, die durch ein raffiniertes Antagonistenmanagement ebensoviel abwerfen wie konventionelle Betriebe.
Letztlich müsste alles unter einer Gesamtrechnung präsentiert werden, z.B. auch die Häufigkeit von Arztbesuchen und somit die Krankenkassenbelastungen bei Bio- und Konventionskonsumenten. Aber die Qualität am Brüsseler Gaumen beeindruckt mich nun wirklich nicht.
Übrigens habe ich in diesem Jahr gelesen, dass ein deutscher Politiker, welcher weiss ich nicht mehr, Bioprodukte freigeben will für die chemische Keule. Wie das zusammengehen soll, erschliesst sich mir nicht, allerdings sind mir die Kräfte geläufig, die für gewöhnlich hinter solchem Quatsch stehen. Glücklicherweise haben wir in der Schweiz verschiedene Biolabels, die miteinander konkurrieren. Ich hoffe, die merken rechtzeitig, wenn irgendwelche spanische oder italienische Schlaubauern meinen, sie könnten die Ware vergiften und als Bioprodukte absetzen.
Grüsse
kosh

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