- @Rainer Deutsch: Privatgeld funktioniert im Wirtschaftschaos!(S. auch deSoto) - boso, 22.02.2001, 19:56
- Underground-Banking - boso, 22.02.2001, 20:21
- Re: Underground-Banking - Diogenes, 22.02.2001, 20:44
- Re: Danke boso - für den tollen FAZ Artikel!! - R.Deutsch, 22.02.2001, 22:20
- De Soto: nach dottore ein"must read"! - boso, 22.02.2001, 22:50
- Underground-Banking - boso, 22.02.2001, 20:21
Underground-Banking
FAZ vom 3.11.2000 S.25
Das illegale Überweisungsgeschäft wächst drastisch
Aufsichtsamt: 500 neue Fälle / Namhafte Firmen / Volumen übersteigt offizielle
Auslandszahlungen
jja. FRANKFURT, 2. November. Das illegale"Underground Banking" hat nach
Erkenntnissen des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BAKred) deutlich
zugenommen: Hatten die Berliner Kontrolleure im vergangenen Jahr noch 284
Ermittlungsverfahren gegen Nichtbanken eröffnet, die für ihre Kunden ohne Erlaubnis Geld
an Empfänger im Ausland weiterleiteten, erwartet die Behörde für dieses Jahr bereits 500
neue Fälle. Regierungsdirektor Michael Findeisen rechnet zusätzlich mit einem großen
Dunkelfeld, wie er in dem Fachblatt Wertpapier-Mitteilungen schreibt. Denn dieses
"Schattenbankensystem" finde sich meist verborgen innerhalb bestimmter Einwanderer- und
Volksgruppen. Zudem hinterlasse das von Interpol als"Hawala Banking" bezeichnete
Vorgehen keinerlei Papierspur.
Wer Überweisungsdienstleistungen ohne Erlaubnis anbietet, macht sich nach dem
Kreditwesengesetz strafbar. Der Hintergrund der damit verbundenen Staatsaufsicht ist nicht
nur der Schutz der Auftraggeber vor dem Verlust ihres Geldes, sondern auch die Tatsache,
daß durch Einschaltung von Schattenbanken die Kontrollvorschriften des
Geldwäschegesetzes umgangen werden können. Besonders häufig werden deshalb Profite
aus illegalen Geschäften wie dem Drogenhandel überwiesen sowie Schwarzgelder, die vor
dem Finanzamt versteckt werden sollen. Die internationale Überwachung der Geldwäsche
habe"einen Teil der Kundschaft der Banken in die Untergrund-Finanzwirtschaft" getrieben,
stellt Findeisen fest. Auch das Motiv der Steuerhinterziehung führe in besonderem Maße zur
Expansion dieser Geldsammelstellen.
Vielfach bedienen sich nach Feststellung des BAKred Einwanderer dieser
Überweisungskanäle, indem sie unauffällig Banknoten in bestimmten Importläden,
Reisebüros, Lebensmittelgeschäften oder Telefonshops abgeben. Aber:"Auch namhafte
deutsche Industriefirmen nutzen diese Zahlungssysteme, um den Kaufpreis für Exportgüter
schnell und ohne Kursverlust zu erhalten." Dies gelte für Länder mit einer
Devisenbewirtschaftung wie Iran, Pakistan und Vietnam.
Die Buchführung sei"rudimentär", erläutert Findeisen, und finde in einem Notizbuch Platz:
"Im Prinzip genügt ein Telefon, Fax oder Internetanschluß." Dennoch arbeitet das
"Underground-Banking" hochprofessionell: Wie im legalen Geldgewerbe verrechnen die
einzelnen Zahlstellen im In- und Ausland die jeweiligen Beträge in einem"Clearingverfahren"
miteinander ("System der zwei Töpfe"); nur die Salden werden überwiesen oder per Kurier
mit einem"Koffergeschäft" über die Grenze geschleust. Handels- und steuerrechtliche
Buchführungspflichten werden kaum eingehalten, so der Bericht. Sofern es überhaupt
schriftliche Aufzeichnungen gebe, seien diese chiffriert, so daß für Außenstehende die
einzelnen Transaktionen nicht ersichtlich seien. Für die Dienstleistungen werde in Westeuropa
sogar öffentlich - etwa in fremdsprachigen Zeitungen - geworben.
Die Verwendung dieser Netzwerke sei in Deutschland unter anderem für Zahlungen nach
Iran, Indien, Rußland, in die Türkei, nach Albanien und in den Kosovo gebräuchlich,
bemerkt Findeisen. Deren Umfänge überstiegen die der über offizielle Wege abgewickelten
Transfers. Für die Kunden bietet dieses Vorgehen viele Vorteile: Weil der"Remittance
Service" einfach organisiert sei und bei Ländern mit Devisenkontrollen auch Kursdifferenzen
nutze, sei er kostengünstig.
Fortsetzung auf Seite 26
Schnell sind diese Übermittlungswege außerdem:"Nach den Feststellungen des BAKred
erreicht die absolute Mehrzahl der Transfers die Empfänger innerhalb von 24 Stunden."
Obwohl der Kunde nicht einmal eine Quittung erhalte, seien die Untergrundzahlungen
verläßlicher als die Einschaltung lizenzierter Auslandsbanken etwa in Rußland oder Südasien.
Denn dort blieben Zahlungsaufträge oft"stecken", weil kriminelle Mitarbeiter sich an den
Geldern bereicherten. Ein weiterer Vorzug für die Kunden liege in der Anonymität. Und die
Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen sei unkompliziert, weil Auftraggeber und
Empfänger nicht einmal ein Konto benötigten.
Das Aufsichtsamt warnt vor dem Eindruck, in Zeiten globaler Finanzmärkte und gesteigerter
Leistungsfähigkeit des internationalen Zahlungsverkehrs sei das"Underground Banking"
weltweit im Absterben begriffen. Im Gegenteil: Es expandiere auch in Regionen mit
modernsten und flächendeckenden Gironetzen. Das BAKred macht zudem auf"Schnittstellen
zum legalen Finanzsektor" aufmerksam. Die Untergrund-Banker nutzten nämlich normale
Girokonten bei Kreditinstituten; bei den betroffenen Banken bleibe jedoch die Etablierung
von"Strukturen einer Bank in der Bank" weitgehend unbemerkt. Die Kontrolleure ziehen aus
ihren Überprüfungen das bemerkenswerte Fazit:"In 93 Prozent der Fälle, in denen die
Banken insbesondere für Poolzwecke genutzte Konten führten, sind diese Transaktionen
nicht weiter aufgefallen, obwohl in fast allen Fällen die Kontoführung in eklatantem
Widerspruch zum ökonomischen und persönlichen Hintergrund des Kunden gestanden
hatte."
Bildunterschrift:
Underground-Banking: Geld in dunklen Kanälen Foto AP
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