- dottore: Pilosophische Betrachtungen zum Schuldenproblem & Königsberger Klopse - Harald, 17.03.2001, 09:55
- Re: dottore: Pilosophische Betrachtungen.. und Königsberger Klopse - nereus, 17.03.2001, 11:58
- Re: Der"freie" Mann Harald macht andere leider"unfrei" - dottore, 17.03.2001, 15:27
- Warum soll denn der Hort des einen zur Schuld des anderen werden? - Harald, 17.03.2001, 19:44
Re: Der"freie" Mann Harald macht andere leider"unfrei"
Hi Harald,
schnell eine Antwort, bevor Du mich zermalmst und ich tot bin.
>Guten Morgen dottore,
>Deine Betrachtungweise ist schlichweg falsch, denn der sogenannte „Freie“ hatte die Bürde und die Pflicht der Landesverteidigung zu tragen (Ritter, Samurai, preußische Offizierskaste) --und-- man täusche sich nicht, nicht jeder Edelmann war zum Helden geboren, auch wenn uns die alten Schreiberlinge das weis machen wollen.
Die Bürde und die Pflicht der Landesverteidigung ist klarerweise als Eventualverpflichtung zu definieren, aber nicht als Schuld. Sie wird erst dann zur Schuld, wenn das Land angegriffen wird und der Ritter ausrücken muss. Was die Ritter oft genug nicht getan haben, die Geschichtsbücher sind voll davon.
Aber er blieb nach wie vor ein"freier Mann", der keine Abgaben leisten musste. Im Gegensatz dazu musste der"Gemeine Mann" Abgaben leisten - und dies jedes Jahr, egal ob Krieg war oder Frieden.
Das ist doch schnell erkannter Unterschied. Deshalb ist meine Betrachtungsweise nicht"schlichtweg falsch", sondern ganz einfach richtig: Abgaben sind bestehende Schulden in einem Feudalsystem. Wer sie nicht bezahlen muss, ist frei. Daher ja auch der Grundsatz:"Stadtluft macht frei". Denn gelang einem zur Abgaben an den Grundherrn Verpflichteten die Flucht hinter die Stadtmauern, war er seine Abgabenlast logischerweise los.
Im übrigen empfehle ich sich Mal den englischen Lollardenaufstand anzuschauen (Wat Tyler usw.). Dort kam es zu einem kriegerischen Patt zwischen Bauern und Grundherrn. Die Bauern könnten sich ihrer Abgaben (Schuld) entledigen und die Grundherren musste sie jetzt bezahlen, falls sie ihre Arbeit haben wollten.
Das war eine Revolution! Und die Entstehung des"freien Lohnarbeiters".
>Und eine Samurai-Kaste war in jeder agrarischen Gesellschaft einfach überlebensnotwendig.
Kein Feudalsystem ist notwendig. Denn es basiert auf der fixen Idee des"Obereigentums" des Feudalherren, die aber erst denkbar ist, wenn der Feudalherr über Land verfügt, das per Eroberung in das Eigentum des Obereroberers ("ius occupandi imperatoris") gekommen ist, der mit den Rechten dann seine Vasallen beleihen alias Belehnen konnte.
>Zwotens, es mußte der Ritterstand immer die Landbevölkerung auspressen.
Das ist ja mit Abgaben gemeint, die der Ritterstand selbst nicht hatte. Die Bevölkerung war zum"zinnß" verpflichtet, der sich daraus ergeben hatte, dass der Ritter u.ä. eben das Obereigentum über das Land besaß und jeder, der das Land bevölkerte, ihm zu Dienst und eben Abgaben verpflichtet war.
>Der Ritter mit der eisernen Hand hat dazu mustergültiges geschrieben:
> >>War doch Macht nur das Vermögen der Herrschenden, aus ihrem Bauernstand mehr herauszupressen als die Landbevölkerung selbst zum Lebensunterhalt verbrauchen wollte, Zwangssparen also. Mit diesem ”Ausgepreßten” konnte sich dann die Macht erhalten, man konnte Hof und Heer, Handwerker und Herolde ernähren... In einem statischen System galt es nun von der Landbevölkerung soviel Abgaben heraus zu pressen, wie dies ohne Bevölkerungsschwund möglich war. Schröpfte man zuwenig, dann führte das zu Übervölkerung, Auswanderung oder gar zu Faulenzerei, Müßiggang und Völlerei, je nach bestehender Ethik. Erhob man zuviel, kam es zu Säuglingssterblichkeit, besonders in harten Wintern, und damit zu Bevölkerungsschwund. Unfälle gab es hin und wieder, wenn es gelegentlich zu Aufständen oder Revolutionen kam, auch zu ganzen Auswanderungswellen.<<
Nun, die Geswchichte kenne ich allerbestens, speziell die der Bauern. Und deshalb darf ich fragen, was Du mit dieser Stelle sagen willst - außer mitzuteilen, was eh jeder weiß.
Was Du allerdings leider nicht mitteilst, ist das viel Spannendere: Worin hast Du Dein Geld angelegt, von dem Du gesprochen hast ("auf der Hohen Kante")?
Und beutest Du mit Hilfe dieser Anlage selbst jene Menschen aus, die Dir das Geld letztlich schuldig sind? Die müssen doch dafür arbeiten, dass sie Dein Geld zurückzahlen können und obendrein mit Zins.
Ich glaube, das solltest Du erst ein Mal beantworten, bevor wir hier weiter machen. Den Geld"auf der hohen Kante" ist entweder ein Problem für Oldy (Horten) oder es ist Debitismus pur, weil es nicht auf der hohen Kante liegt, sondern angelegt ist, verzinslich und so, dass - während Du uns stolz erklärst wie"frei" Du seist - Dein Schuldner sich höchst unwohl fühlt und"unfrei" ist.
>Und dann verehrter dottore,
>von wegen Erbsünde, Urschuld, Generationenvertrag etc.
Die Urschuld ist keine Erbsünde, was soll denn das? Wir sind hier nicht im Religionsunterricht, sondern in der realen Welt der Wirtschaft, die wir zu deuten versuchen.
Die Urschuld eines Menschen entsteht durch seine Geburt. Sie ist nichts anderes als die über seinen ab dann laufenden Lebenszeitraum gerechneten, abgezinsten Lebensunterhalt- und -aufenthaltskosten.
Die muss irgendwer bezahlen. Erst die Eltern, dann er selbst, dann Kinder, eigene oder fremde. Oder wer auch immer.
>Ich zitiere wieder den Ritter:
>>> Das ist nach dem Zeitalter der Aufklärung nicht nur ein Unding, sondern blanker Unsinn. Die Begriffe Erbsünde, Erbschuld entstammen der christlichen Heilslehre, vorgeblich als Gottes Strafe für die Ursünde Adams und Evas (Ungehorsam gegen Gott), und somit sei die Erbsünde ein in der Folge von allen Menschen ererbter Zustand. Er hat bei christlichen Theologen schon seit längerer Zeit ausgedient, weil einerseits der durch Zeugung und Geburt vermittelte Vorgang des Schulden-Erbens als ein unangemessenes Bild empfunden wird, andererseits die Gefahr besteht, daß durch den Begriff Erbschuld die persönliche Verantwortung auch für das Böse relativiert werden kann.<<
Wie gesagt, dies ist keine Theologieveranstaltung, sondern ein Börsen- und Wirtschaftsforum.
Eine Erbschuld könnte bestenfalls eine geerbte Schuld sein, die man - falls sie als Passivum höher ist als die Aktiva, die der Verblichene hinterlassen hat - selbstverständlich ausschlagen. Niemand ist verpflichtet, ein Erbe anzutreten.
>Und wenn du immer noch zappelst,
Dar ich Mal jetzt doch ernsthaft fragen, was solche wirklich dummerhaften Bemerkungen mit der Sache, die hier diskutiert werden soll, zu tun haben?
UND WENN DU IMMER NOCH ZAPPELST - das ganze Board soll wohl darüber lachen?
Ich darf jetzt hier abbrechen und Dich bitten, jetzt als"freier" Mann konkret zu beschreiben, wen Du durch Deine Ersparnisse ("Hohe Kante") unfrei machst. Und wie Du Dich dazu stellst.
Danke schön.
d.
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