- Fuer Diogenes von Plato - Oldy, 20.03.2001, 01:49
- Re: Fuer Diogenes von Plato - Diogenes, 20.03.2001, 14:00
Fuer Diogenes von Plato
Da hat doch schon wieder jemand dem faulen Oldy Arbeit
ersparen wollen und hat ihm eine Brief fuer Diogenes zur
Weiterleitung geschickt(klick,klick):
Der Ansatz hat gleich mehrere Denkfehler:
1) Die Waren haben alle unterschiedlicher Verfallskurven. die Flasche
Wein in meinem Keller hält z.B langer, als die Tomaten im Kühlschrank.
An welche Verfallskurve soll also angepasst werden?
Nichts einfacher als das: da die Geldmenge (bei stetiger
Umlaufgeschwindigkeit) an den Lebenshaltungsindex angepasst wird (also
dem Preisdurchschnitt eines repräsentativen Warenkorbs) entspricht
auch die Verfallskurve dem Durchschnitt von eben demselben Warenkorb.
2) Würde eine Verfallskurve für Geld festgelegt, dann hätten wir
immer noch Waren, die schneller als Geld verfallen - hier bliebe nach
(Gesells Logik) der Liquiditätsvorteil des Geldes bestehen und daher
auch der"Urzins" - er wäre bestenfalls etwas geringer.
Andererseits hätten wir dann auch Waren, die langsamer als das Geld
verfallen. Damit wären diese Waren dann dem Geld überlegen. Damit
könnte für diese Waren (nach Gesells Logik) ein"Urzins""erpreßt"
werden, oder?
Das ist richtig. Innerhalb des Warenkorbs befinden sich dann Waren
denen das Geld überlegen, andere, denen das Geld unterlegen ist. Da
aber jeder mindestens für seinen Lebensunterhalt mehrere Güter aus dem
Warenkorb benötigt, könnte er bei einigen erpressen, bei anderen
müsste er draufzahlen. Im Durchschnitt kommt er dann bei Null an.
3) Geld ist der Ware nicht überlegen, Bedürfnisse müssen befriedigt
werden, jedes Geschäft muß Vorprodukte einkaufen,... Allzulange kann
da keiner warten. Woher soll also der Liquiditätsvorteil kommen? Kein
Wunder, daß noch niemand den"Urzins" berechnen konnte, es gibt ihn
nicht.
Ich will mal mit einem Beispiel aus einem anderen Bereich beginnen,
der Astronomie.
Anfang des 17. Jahrhundert fand Johannes Kepler die Gesetze für die
Planetenbewegungen und konnte die Erkenntnisse von Kopernikus und
Galilei auch mathematisch bestätigen. Er fand eine wunderbare
Gleichung zur Berechnung der elliptischen Planetenbahnen, die auch
heute noch von den Astronomen als Grundlage benutzt wird. Es ist eine
Iterationsgleichung, die, je häufiger man die Berechnung eines Teils
der Gleichung wiederholt, zu beliebig genauen Annäherungslösungen
führt. Im Lauf der Jahrhunderte konnte durch immer genauere
Beobachtungsinstrumente festgestellt werden, dass die Planetenbahnen
mitunter ganz erheblich von der Keplerschen Gleichung abwichen. Man
kam dann darauf, dass Keplers Gleichung eben nur die Bewegung zweier
Himmelskörper zueinander berechnet, da aber das Sonnensystem aus 10
Planeten besteht, die sich gegenseitig beeinflussen, kommt es zu
diesen Perturbationen. Auch die Sonne im Zentrum des System bewegt
sich auf einer ziemlich bizarren Kurve um den Mittelpunkt (so in etwa
stelle ich mir vor, müsste der Zins um Null pendeln ;-)). Es gibt bis
heute keine schlüssige Theorie und davon abgeleitete mathematische
Gleichung, die die Bewegungen in diesem"Zehner-System" genau erfassen
könnte. Aber es gibt die empirischen Beobachtungen von Abweichungen,
die sich in bestimmten Zeitabständen wiederholen. Diese relativ
ungenauen Abweichungsbestimmungen aufgrund empirischer Beobachtung
werden bei der Planetenberechnungen als Perturbations-Korrekturen zur
Keplerschen Gleichung angefügt. Die Astronomie gehört mit zu den
mathematisch exaktesten Wissenschaften, aber auch sie kommt nicht zu
absolut genauen Berechnungen. Insgesamt ist dies ein sehr gutes
Beispiel für Einsteins Behauptung:"Soweit sich die Gesetze der
Mathematik auf die Realität beziehen, sind sie nicht gesichert; und
soweit sie gesichert sind, beziehen sie sich nicht auf die Realität."
Zurück zum"Urzins". Er ist eine eindeutig empirisch feststellbare
Tatsache. Aus dem Mangel einer mathematischen Gleichung, mit dem man
den"Urzins" berechnen könne, zu folgern, dass es ihn nicht gäbe,
ist - mit Verlaub - ein etwas ignorantes Argument.
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