- Seuchenverdacht: Ausnahmezustand in Hessen - JüKü, 04.04.2001, 14:57
- erste Tests haben den Verdacht auf MKS nicht bestätigt!! - Bill, 04.04.2001, 16:01
- Re: erste Tests haben den Verdacht auf MKS nicht bestätigt!! - Optimus, 04.04.2001, 16:06
- hab ich jetzt Besuchsverbot bei Dir? (owT) - Bill, 04.04.2001, 16:10
- Nein, denn wir haben sowieso den gleichen Virus!! (owT) - Optimus, 04.04.2001, 16:39
- hab ich jetzt Besuchsverbot bei Dir? (owT) - Bill, 04.04.2001, 16:10
- Re: erste Tests haben den Verdacht auf MKS nicht bestätigt!! - Optimus, 04.04.2001, 16:06
- erste Tests haben den Verdacht auf MKS nicht bestätigt!! - Bill, 04.04.2001, 16:01
Seuchenverdacht: Ausnahmezustand in Hessen
Die gelben Müllsäcke stapeln sich auf den Straßen, die Zeitung ist nicht gekommen und der Bus fährt schon seit Dienstagabend nicht mehr: Das 5000-Einwohner-Dorf Krofdorf-Gleiberg gleicht am Mittwoch einer Insel, es herrscht der Ausnahmezustand. Wer mit seinem Auto hinaus aus dem Seuchensperrbezirk zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Arzt oder Friseur will, muss sich in die kilometerlange Schlange vor der Desinfektionsstraße einreihen, die das Technische Hilfswerk zusammengezimmert hat. Mehr als fünf Stunden dauert es am frühen Nachmittag, um zu den Männern in den gelben Schutzanzügen mit der Atemmaske vorzudringen, die Autos, Motorräder und sogar Fahrräder mit Natronlauge und Ameisensäure abspritzen.
Aber die meisten Autofahrer reagieren selbst nach stundenlangem Warten noch gelassen. In Grüppchen versammeln sie sich um ihre in der Schlange angestellten Autos, diskutieren über die Seuche und hören gemeinsam die Rundfunknachrichten."Solange es diese Woche passiert, ist es in Ordnung. Nächste Woche wär' blöd, da hab' ich Urlaub", sagt einer der Wartenden, der seiner Kleidung nach auf dem Weg ins Büro ist. Der Stau hat sich herumgesprochen, die meisten Krofdorfer sind mittlerweile aufs Fahrrad umgestiegen oder marschieren gelassen zu Fuß an den wartetenden Autos vorbei.
Weniger ruhig ist Jürgen Kissner ["i", nicht"ü"], der mit seinem Möbeltransporter bis zum Abend noch ein Schlafzimmer und ein Kinderzimmer ausliefern muss."Viereinhalb Stunden dauert's - wenn nicht gerade mal wieder die Pumpen zwei Stunden lang kaputt sind", lästert auch ein Zuschauer am Straßenrand und drückt damit ziemlich genau die Stimmung von Kissner aus, der sich darüber aufregt, dass jetzt auch noch die Latten zur Stabilisierung des Desinfektionsbassins augestauscht werden müssen, weil sie unter einem schweren Wagen zerbröselt sind. Fünf Minuten dauert im Idealfall die Desinfektionsdusche pro Fahrzeug, das sind 30 Wagen pro Stunde und keine Aussicht auf einen frühen Feierabend für Kissner. Er ist allerdings auch erleichtert."Bis vor sechs Jahren haben wir selbst Schweine gehalten. Heute zum Glück nicht mehr", sagt er.
Im Neubaugebiet von Krofdorf liegt die Weide, auf der die erkrankten Schafe bis Dienstagabend grasten. Seit der Errichtung des Sperrbezirks darf niemand näher als auf etwa 100 Meter an die Wiese mit dem offenen Schuppen heran, neben der sich bereits die Entwässerungsrohre für die dort geplante neue Umgehungsstraße türmen. Totenstille herrscht bei den Rohbauten unmittelbar neben der Wiese: Selbst die Handwerker mussten hier die Arbeit einstellen. Nur ein paar Kinder fahren missgelaunt auf ihren Rollern in der Nähe herum. Schulfrei habe sie wegen des Seuchenverdachts, erzählt die elfjährige Dana wenig begeistert. Aber was soll man anfangen, wenn rund um das eigene Dorf Absperrungen gezogen werden und die Freunde vielleicht außerhalb wohnen?
"Das kam völlig überraschend. Wir hatten gar keine Chance, in irgendeinen geregelten Ausnahmezustand zu kommen", kommentiert es der 21-jährige Peter. An den Grenzen habe man vielleicht mit der Seuche gerechnet, aber mitten in Hessen? Wie viele andere jugendliche Krofdorfer betrachtet er das Ganze als Event, beobachtet das Spektakel von einer Tankstelle etwa 50 Meter hinter der Sperrlinie. Dort wird zwar kaum noch Benzin verkauft, aber dafür um so mehr Erfrischungsgetränke und Snacks. Und an der Haltestelle davor steht der Linienbus, der seit Dienstagabend den Sperrbezirk nicht mehr verlassen darf.
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