- Krugman & Japan zum Dritten - SEHR WICHTIG! Defla-Infla usw. - dottore, 10.04.2001, 13:09
- aber keine Zinsverpflichtungen?! - El Sheik, 10.04.2001, 13:25
- Re: aber keine Zinsverpflichtungen?! - dottore, 10.04.2001, 14:03
- Wie man mit faulen Krediten... - El Sheik, 10.04.2001, 15:13
- Re: Wie man mit faulen Krediten... - I_have_a_dream, 10.04.2001, 16:13
- Re:... Hyperinflation macht? Ganz einfach so: - dottore, 10.04.2001, 18:13
- Wie man mit faulen Krediten... - El Sheik, 10.04.2001, 15:13
- Re: aber keine Zinsverpflichtungen?! - dottore, 10.04.2001, 14:03
- Und dafür kriegt man einen Nobelpreis? - Ich will auch einen, bitttteeeee ;-)) - Diogenes, 10.04.2001, 13:33
- Re: Krugman hat noch keinen Nobelpreis, soll aber bald dran sein (owT) - dottore, 10.04.2001, 13:55
- Da fällt mir DCX ein.. - Diogenes, 10.04.2001, 16:34
- Re: Krugman hat noch keinen Nobelpreis, soll aber bald dran sein (owT) - dottore, 10.04.2001, 13:55
- Re: Krugman jetzt in Princeton - Tobias, 10.04.2001, 14:34
- Re: @ d. Krugman & Japan zum Dritten - SEHR WICHTIG! Defla-Infla usw. - André, 10.04.2001, 19:20
- aber keine Zinsverpflichtungen?! - El Sheik, 10.04.2001, 13:25
Re:... Hyperinflation macht? Ganz einfach so:
>Mein Gedankengang war folgender: Faule Kredite stehen auf der linken Seite der konsolidierten Bilanz des Bankensystems. Sie repräsentieren Forderungen des Bankensystems gegen Nicht-Banken. Die ZB kauft diese faulen Kredite auf. Anstatt Tilgung plus säumige Zinsen dafür in 100%er Höhe sofort bar zu bezahlen, bezahlt sie sofort in bar x%, sagen wir mal 60 %.
Die 100 % Forderungen zu 60% - oder 60 % der gesamten Forderungen zu 100 %? Ich nehme an, Du meinst das zweite. Denn sonst müsste ja die NB von vornherein die fehlenden 40 % der 100 % Forderungen via fresh money beschaffen und verteilen, indem sie an Stelle der GBken zurückzahlt.
>Die betroffenen Banken haben in ihren Bilanzen einen Aktivtausch für 60% der faulen Kredite. Anstatt"fauler Kredite" steht dort dann"Cash" oder"Einlagen bei der ZB". Die restlichen 40% der faulen Kredite müssen abgeschrieben werden zu Lasten des Eigenkapitals, das auf der rechten Seite der Bilanz steht. Die Bilanz verkürzt sich durch dieses Tun.
Das höchste EK, das mir anhand der Durchsicht von Bankbilanzen jemals untergekommen ist, waren 35 %. Die hatte die BHG des Bankiers Fürstenberg in der 1930er Krise. Fürstenbergs Bank blieb als einziges größere Institut auch während der Bankenkrise geöffnet.
Die DB, eine der allerersten Adressen der Welt, geratet mit AA, hat heute eine Bilanzsumme von 940 Mrd. Euro bei 27,5 Mrd. bilanziellem EK. Die nach BIZ-Vorgaben (minum erforderlich: 8 %) errechnete EK-Quote liegt bei 12,6 % (1996: 9,9 %), also bestens.
Die japanischen Banken liegen vermutlich erheblich darunter, so dass die Operation dort in erheblich größerem Stil durchgeführt werden müsste als von Dir vorgeschlagen. 40 % als EK abzuschreiben würde noch nicht ein Mal bei der extrem soliden DB funktionieren.
>Hoffentlich ist dann noch etwas Eigenkapital übrig, wenn nicht, muß die ZB eben nicht nur 60%, sondern 70% der faulen Eier übernehmen.
So sieht's aus. Vermutlich noch mehr.
>Problematisch wird es allerdings, wenn die faulen Kredite nicht gleichmäßig über das Bankensystem verteilt sind, wovon ich zunächst ausging ("konsolidierte Bankenbilanz"). Sollten sich die faulen Tomaten bei einigen wenÃgen Banken konzentrieren, dann müßten die eventuell über den Jordan gehen.
Womit die Geldmenge sinkt, siehe Friedmans Zahlen zu 1930 ff. Warum sind damals Demand und Time Deposits gesunken?
>Übrig blieben nach der Leichenverbrennung einige dünn kapitalisierte, aber dennoch gesunde Banken.
Hoffen wir das Beste. Die BIZ-Quote könnten sie aber auf keinen Fall mehr bringen. Aber was ist schon die BIZ? Warum nicht mit 1 % EK arbeiten?
>Sorgen würde dann allerdings die ZB bereiten. Sie hätte sagen wir ein Viertel ihrer Aktivseite voll mit faulen Krediten. Sie verdoppelt aber einfach die Geldmenge, dann beträgt der faule Anteil nur noch ein Achtel. Damit kann man dann vielleicht leben.
Wie sollte sie die GM erhöhen? Indem sie noch mehr Staatsanleihen aufkauft? Also Forderungen des Publikums an sich selbst? Aber selbst wenn sie das täte - was wäre gewonnen? Dann kann sie dem Staat das frisch gedruckte Bare gleich direkt schicken.
Das Problem ist nämlich: Alle Kredite/Schulden erscheinen letztlich in irgendeiner Form als Geldmenge. Beispiel: Ich gebe meiner Bank zum Anlegen 1 Mio und die kauft dafür Staatspapiere und nimmt sie ins Nostro. Ich habe eine Forderung (time deposit) von 1 Mio. und die erscheint in M2 oder so (je nach Fristigkeit).
Und wenn die Bank die Staatsanleihe via Tender an die NB weiter reicht und diese sie lombardiert, erscheint sie noch ein Mal, als ZB-Geld, also als Teil von M1.
In M2 steckt meine Forderung (Deposit) und in M1 steckt die gleiche Forderung noch ein Mal (von der ZB lombardiert). Die Bank dazwischen spielt keine Rolle, denn die hat ja 1 Mio. Schulden und 1 Mio. Forderung.
Deshalb haut das ja mit dem"Nettogeld" M1 ("Bar") nicht hin. Unsere ganzen GM-Betrachtungen sind für die Katz. 1 Mio. Banknoten sind deutlich sichtbar unterwegs, jeder kann die Noten in der Tasche fühlen. 1 Mio. (meine Forderung gegen die Bank) erscheint auch deutlich sichtbar auf meinem Kontoauszug. Wie können aus 1 Mio. 2 Mio. werden? In der GM erscheinen zweifelsfrei 2 Mio.!
You can't eat the cake and keep it.
>Das ist, Dottore, meine Idealvorstellung des Prozesses, der nun in Japan eingeläutet wird.
Wir werden sehen, ob es funktioniert.
>Jetzt zwei Fragen:
>1) Ist der geschilderte Prozeß plausibel? [Bitte ergänzen oder modifizieren]
Dadurch dass die ZB die faulen Kredite der GBken übernimmt, verändert sich an der GM nichts. Denn in der GM sind diese faulen Kredite voll enthalten und zwar als Gegenbuchung zu den Bankforderungen (uneinbringlich), nämlich als Depositen des Publikums.
Der Prozess erscheint selbstverständlich plausibel, hilft aber bei der GM-Problematik nicht weiter. Wie sollte die GM jetzt steigen? Zumal sich ja jetzt meine Forderung direkt gegen die NB richtet? Meine Forderung bei der Bank ist verschwunden und was hat die ZB? Eine Schuld gegen mich und eine Forderung gegen den Staat. Wie wärs, wenn sich bei dieser Operation die GM bezogen zuerst auf die 2 Mio. jetzt auf ein Mal wieder auf 1 Mio. stellt?
Bisher stieg die GM durch den via Zins erfolgten Zuwachs der Depositen. Die Zinsen mussten wiederum refinanziert werden - durch weitere Verschuldungen (oder die Depositen wurden aufgelöst, in Bargeld verwandelt und zu Konsum (= als endgültig akzeptierte Leistung) verwendet, was die Schulden bzw. geschuldeten Zinsen entsprechend senkt, und das Bargeld wieder zurück in die ZB schickt, wo es verschwindet, wie oft genug geschildert).
Da die Depositen jetzt aber bei der ZB liegen (dort"deponiert" sind), kann die ZB die Zinsen letztlich nur durch frisch gedrucktes Geld"bezahlen".
ACHTUNG: Eine ZB refinanziert sich nicht! Eine Geschäftsbank muss die bei ihr abgeforderten Zinsen laufend refinanzieren, aber eine Notenbank kann das gar nicht. Es sei denn, sie würde Anleihen, Pfandbriefe, Sparbücher usw. ausgeben.
>2) Wo in diesem idealen Prozeß (wenn er unter Mitwirkung möglichst vieler Boardteilnehmer gefunden und formuliert wurde) können"Störungen" auftreten?
Du kannst selbstverständlich alle Banken auf die Notenbank fusionieren. Aber dann muss sich die NB selbst immer wieder refinanzieren (zumindest in Höhe der Zinsen, der auf die bei ihr deponierten Summen fällig werden) oder sie erledigt das ganze mit frisch gedrucktem Geld.
Das kann selbstverständlich ohne jegliche"Störungen" ablaufen, aber der Unterschied zwischen GBken und ZB liegt ja gerade im unterschiedlichen Konkursrisiko. Da die ZB kein solches zu haben scheint (solange ihre Noten vom Publikum akzeptiert werden), kommt es über kurz oder lang unweigerlich zur Kurzschließung der Depositen plus Zins mit der Banknotendruckerei.
>Welche"Störungen" sind historisch bekannt?
Wenn wir die bekannten Hyperinflationen nehmen: keine! Jedenfalls nicht, solange die Inflation vorangetrieben werden konnte. Das Ganze läuft also auf die Frage hinaus: Wie lange kann ich eine Inflation, die sich bei dem Modell GBken = ZB automatisch ergeben muss, durchziehen, bis das Publikum die Annahme der Noten der ZB verweigert (sog."Repudiation").
Dies ließ sich in der Antike z.B. viel länger durchziehen (ab Gordianus) bis dann das Preisedikt des Diokletian erschien, was aber nichts brachte, logisch, um sich dann weiter fortzusetzen. Der Trick damals: Die umlaufenden, immer wertloser werdenden Münzen (sog."Folles" zum Schluss) mussten vom Publikum angenommen werden, da auf Nichtannahme die Todesstrafe stand (wg."laesa majestas" - Beleidigung des auf den Münzen geprägten Herrschers).
Heute lassen sich Hyperinflationen nicht mehr so lange strecken. Ich wüßte nicht wie. Aber vielleicht geht es ja im Weltmassstab auch ziemlich lange (bei Einzelvolkswirtschaften definitiv nicht, da zu Ersatzwährungen - kommend aus anderen Ländern - gegriffen würde).
Eine weltweite Hyperinflation würde jedoch, sobald sie deutlich sichtbar würde, in allen Ländern, zu unvorstellbaren realwirtschaftlichen Verwerfungen führen, Gläubiger, Rentner, Sparer - alle permanent enteignet, usw. Aber vielleicht ist es diesmal anders?
>Wie kann man ihnen entgegenwirken?
Da der Prozess störungsfrei ablaufen kann (wie jede Inflation bekanntlich nicht nur störungsfrei beginnt, sondern zumeist mehrheitlich begrüßt wird -"endlich wieder Geld!" - und dann sich störungsfrei fortsetzen kann - die Störungen kommen ja erst, wenn die Inflation abgebrochen wird oder wenn die Währung in der Hyperinflation ausläuft), muss dem nicht entgegen gewirkt werden.
Entweder man löst das Problem mit den Uneinbringlichkeiten ("faule Kredite") sofort - eben durch Crashs und Pleiten - oder man lässt sie mit Ende der Hyperinflation (Repudiation) wertlos auslaufen.
Dann haben sehr viele Menschen ein Leben lang umsonst gearbeitet. Und noch Mal Japan: Die Bevölkerung ist überaltert, Klartext: Die Rentner sitzen fest im Sattel. Wer wird 50 (oder so) Mio. Japaner ins Nichts schicken können, indem ihre gesamten Ersparnisse, Renten- und Pensionsansprüche per Inflation verdampfen?
Wie das funktionieren soll, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Das soll aber nichts heißen. Nehmen wir also Deine Lösung (Umbuchen in die BoJ) und warten wir ab, wie's dann weiter geht.
Quidquis agis, prudenter agas, et respice finem!
Gruß
d.
>Iam labor in fine erit
>(frei nach Ovid)
>Gruß
>El Sheik
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: